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Schulen steht ein heißer Herbst bevor

Der Schulbeginn 2010 bringt einiges an Arbeitsbedarf mit. Nicht nur für Schüler und Lehrer, sondern gerade auch für die Politik. In der Ausbildung und der Zuordnung von Lehrern ortet man an vielen Seiten Handlungsbedarf. Umstritten ist wieder einmal, ob die Unterscheidung zwischen Bundes- und Landeslehrern bestehen bleiben soll.

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Seit 1948 gibt es in Österreich die Unterscheidung zwischen Bundes- und Landeslehrern. Ursprünglich als Provisorium bis zu einer endgültigen Regelung gedacht, ist die Unterteilung bis heute ein Quell ewigen Streits zwischen Bund und Ländern. Im Sommer sorgte Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) mit seinem Vorschlag, die Länder sollten gleich alle Lehrer in ihre Kompetenz nehmen und der Bund nur noch für Grundrichtlinien in Schulfragen zuständig sein, für Diskussionsstoff. Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ) pocht aber vor Schulstart auf den Erhalt der bisherigen Bundeskompetenz.

Ablöse von Schmied gefordert

Am Sonntag goss Pröll erneut Öl ins Feuer. In einem Interview mit der Tageszeitung „Österreich“ (Sonntag-Ausgabe) zeigte er deutliche Sympathien für eine Ablöse von Schmied. „Sie ist durchdrungen von Machtgelüsten. Mir geht es um die Sache: Was ist gut für die Kinder?“, erklärte Pröll. „Es ist nicht verwunderlich, dass immer mehr Menschen aus allen Lagern fragen: Wann wird diese Ministerin abgelöst?“

Volle Unterstützung erhielt Pröll für seine Attacken in der ÖVP-Bundespartei. Schmied versteige sich in Einzelmaßnahmen und provoziere die Landeshauptleute, meinte VP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger. Kritik kam von SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter, der eine sachliche Diskussion forderte, und vom BZÖ, das solche „herablassenden Äußerungen als völlig inakzeptabel“ bezeichnete.

Grafik über Statistik zu Landeslehrern und Bundeslehrern

APA Grafik

Schmied pocht auf Bildungskompetenz

„Reformpolitik braucht Bundeskompetenz“, betonte Schmied im Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten wenige Tage vor Schulstart. Und: „Der Bund darf keinesfalls die Bundeslehrer hergeben.“ Sie könne sich auch nicht vorstellen, Reformmaßnahmen „neunmal über den Konsultationsmechanismus abzustimmen“.

Pröll sagte, nur die Grundsatzkompetenzen für Schulfragen sollten beim Bund liegen, um einheitliche Bildungsstandards zu gewährleisten. „Organisatorische Fragen inklusive Anstellung der Lehrer“ sollten dagegen in die Kompetenz der Länder fallen. Sowohl Kanzler als auch Vizekanzler hatten daraufhin zwar Gespräche bestätigt, eine Einigung aber in Abrede gestellt.

Schmied: „Nicht mein Zukunftsbild“

Schmied kann sich ein solches System für ein Land von der Größe Österreichs „schwer vorstellen“: „Das ist nicht mein Zukunftsbild.“ Dann hätte Niederösterreich ein Modell mit einer zweijährigen Orientierungsphase nach der Volksschule, Wien eine gemeinsame Schule und Tirol parallel Gymnasien, Hauptschulen und Neue Mittelschulen.

Für das aktuelle Modell der Landeslehrer kann sich Schmied ebenfalls nicht erwärmen: Derzeit habe das Ministerium keinen Zugriff auf die Lehrfächerverteilung, auch über das Gehalt der einzelnen Lehrer gebe es keine Auskunft. Die Länder benützten für die Verwaltung unterschiedliche Software, es gebe keinen Datenverbund. Trotz Überziehung der Planstellen (derzeit rund 2.000 Stellen pro Jahr) zahle das Ministerium stets die Gehälter der Lehrer aus und erhalte diese zum Teil erst ein Jahr später im Rahmen einer Abrechnung zurück. In diesem System gebe es nur eine schwache Kontroll-, jedoch keine Steuerungsmöglichkeit.

Landeshauptleute tagen am Montag

Die Landeshauptleute kommen am Montag zu einer außerordentlichen Tagung im Palais Niederösterreich in Wien zusammen. Unter dem Vorsitz von Pröll werden bei der Landeshauptleutekonferenz Themen wie die Verwaltungsvereinfachung, eine Strukturreform des Bundes und die Verfolgung ausländischer Verkehrssünder behandelt. Die Gegenstände Schule und Lehrer finden sich nicht auf der offiziellen Tagesordnung. Dass die Länderchefs angesichts der Diskussionen und Unstimmigkeiten in den vergangenen Wochen nicht über dieses Thema sprechen werden, dürfte aber auszuschließen sein.

FPÖ will „Verländerung“ unterstützen

Vor der Landeshauptleutekonferenz am Montag hat die FPÖ Unterstützung für die „Verländerung“ der Lehrerkompetenzen signalisiert. Prinzipiell hätten die Freiheitlichen zwar keine Präferenz dafür, ob Bund oder Länder für alle Lehrer zuständig sein sollen, so Bildungssprecher Walter Rosenkranz am Freitag bei einer Pressekonferenz. Nachdem künftig die Kompetenzen näher am Standort angesiedelt sein sollen, „ist die Verwaltung unter Umständen bei den Ländern besser aufgehoben“. Voraussetzung sei jedoch, dass der Bund weiter einheitliche Lehrpläne, Schultypen, Bildungsstandards und die Grundsätze bei der Schulaufsicht vorgibt.

Die FPÖ wolle „allen die Angst vor einer Verländerung nehmen; es geht dabei nur darum, wer die Lehrer anstellt“, sagte der FPÖ-Bildungssprecher. „Wir bevorzugen eine gute Landeslösung vor einer schlechten Bundeslösung.“ Einer verstärkten Parteipolitisierung könne man entgegenwirken, indem bei der Bestellung von Direktoren durch die Schulabteilungen der Länder Objektivierungskriterien gelten.

Kopfquote ein „Danaergeschenk“?

Auch im Detail hat Schmied Probleme mit den Vorschlägen Prölls. Die von diesem angeregte „Kopfquote“, also die Zuteilung eines bestimmten Betrags pro Schüler, sei die „schlechteste Variante“ und könne sich als „Danaergeschenk“ herausstellen. Das führe zu unterschiedlichen Voraussetzungen: „Was macht ein Bundesland, in dem es viele ältere (und damit teurere, Anm.) Lehrer gibt?“ Gleiches gelte für Länder mit vielen Ballungszentren und damit Schülern mit nicht deutscher Muttersprache.

Als Nächstes will Schmied abwarten, ob die Landeshauptleute eine gemeinsame Position der Länder erarbeiten. Von Bundesseite werde sie bei den Verhandlungen darauf achten, „dass Bereiche, die gut funktionieren, nicht überlagert werden durch Bereiche, die nicht so gut funktionieren“. Da und dort lasse sich dann vielleicht einiges verbessern. Hier fallen Schmied vor allem im Bereich der Verwaltung und Personalverrechnung Vereinheitlichungen, etwa im Softwarebereich, ein.

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