Plünderungen und Zerstörungen
Wegen geplanter Preiserhöhungen für Grundnahrungsmittel und Strom sind in Mosambik schwere Unruhen ausgebrochen. In der Hauptstadt Maputo herrscht Chaos. Augenzeugen zufolge liefern sich Polizisten und Demonstranten heftige Straßenschlachten. Es gibt Tote und zahlreiche Verletzte. Die Unruhen sollen unterdessen auch auf andere Landesteile übergegriffen haben.
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Die Ausschreitungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften in den Armenvierteln Maputos dauerten am Freitag den dritten Tag in Folge an. Demonstranten setzten Reifen in Brand, warfen Steine auf Polizisten und zerstörten Plakate mit dem Abbild von Staatschef Armando Guebuza. Ein Augenzeuge aus Österreich, der sich zurzeit in Mosambik aufhält, beschreibt die dramatische Situation: „Wenn man aus den Fenstern sieht, brennt es an jeder Straßenecke, und es sind im Minutentakt Schüsse zu hören.“ Es herrsche eine Ausgangssperre.

Georg Mader
Aktuelles Foto des österreichischen Augenzeugen vor seinem Hotel in Chimoio
Maputo ist wegen der bewaffneten Auseinandersetzungen von der Außenwelt abgeschnitten, so die portugiesische Nachrichtenagentur Lusa. Das öffentliche Leben sei zum Stillstand gekommen. Praktisch alle Geschäfte seien geschlossen. Staatspräsident Guebuza klagte in einer Rede an die Nation, die Demonstranten würden von Oppositionellen „benutzt“. Er berichtete von Plünderungen und Zerstörungen. Mehr als 140 Menschen seien festgenommen worden.
„Haben nichts zu verlieren“
Der lokale Fernsehsender Socio Televisao sprach von mindestens zehn Todesopfern, während die staatliche Nachrichtenagentur AIM drei Tote meldete. Der Korrespondent von Lusa zählte mindestens sechs Tote und mehr als 80 Verletzte. Bei den wütenden Protesten sei unter anderem ein Büro der staatlichen Energiegesellschaft EDM verwüstet worden.
Mosambik ist mit einer Fläche von etwa 800.000 Quadratkilometern knapp zehnmal so groß wie Österreich. Es hat etwa 23 Millionen Einwohner.
Die Unruhen waren wegen der Pläne der Regierung ausgebrochen, den Preis für Brot um 25 Prozent und für Elektrizität um 13,4 Prozent anzuheben. Das wollen die ärmeren Schichten nicht hinnehmen. „Die Demonstranten haben nichts zu verlieren, sie leben am Rande der Gesellschaft“, sagte der lokale Hip-Hop-Star und Protestmusiker Edson „Azagaia“ da Luz in einem Telefoninterview mit Lusa. Die Regierung müsse endlich ihre Arroganz ablegen.
„Sich erheben, auswandern oder sterben“
Mosambik ist nicht das einzige Land, in dem Hungerrevolten drohen. Dramatisch ist die Situation laut UNO-Ernährungsprogramm WFP und Hilfsorganisationen im westafrikanischen Niger. Mehr als sieben Millionen Einwohner, etwa die Hälfte der Bevölkerung, haben dort nach anhaltender Dürre nicht genug zu essen. 17 Prozent der Kinder sind akut unterernährt, wie das WFP warnte. Die Situation sei noch schwerwiegender als bei der letzten schweren Hungerkatastrophe im Jahr 2005.
Gestiegene Lebensmittelpreise
Lebensmittel sind weltweit so teuer wie seit zwei Jahren nicht mehr. Laut UNO-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) stieg der Preisindex für Nahrungsmittel (FFPI) von Juli auf August um ganze fünf Prozent und trieb damit die Nahrungsmittelpreise auf ihren Höchststand seit September 2008.
Nachdem die Ernte im letzten Jahr extrem schlecht ausgefallen war, sind die Vorräte erschöpft. Die Preise für Grundnahrungsmittel wie Hirse sind nach Oxfam-Angaben so stark gestiegen, dass die meisten Familien nicht in der Lage sind, ausreichend Lebensmittel zu kaufen. Der Niger bildet das Schlusslicht der 182 Staaten auf dem UNO-Entwicklungsindex.
Schwer betroffen ist auch der Jemen. Ein Drittel der Bevölkerung ist dort nach Erhebungen der Vereinten Nationen unterernährt. Gut 7,2 Millionen Menschen litten an Hunger, etwa 3,4 Millionen seien auf Lebensmittelhilfen angewiesen. Die Menschen hätten „noch drei Möglichkeiten - sich zu erheben, auszuwandern oder zu sterben“, beschrieb WFP-Sprecherin Emilia Casella die Lage.
Erinnerung an 2007/2008
Die zum Teil drastisch gestiegenen Preise für Essen haben in den Jahren 2007 und 2008 in mehreren Entwicklungs- und Schwellenländern vor allem in Afrika, aber auch Asien zu Aufruhr geführt. Zum Teil waren diese Tumulte so schwer, dass Menschen darin ihr Leben verloren. Spekulationsgeschäfte mit Rohstoffen, eine wachsende Nachfrage in aufstrebenden Ländern wie China, der Dollar-Verfall und Naturkatastrophen hatten die Lebensmittelknappheit und die Preissprünge verursacht. Die Getreidevorräte waren infolgedessen auf den niedrigsten Stand seit 30 Jahren gefallen, während die Preise unaufhörlich stiegen.
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