Siegeszug der Blechdosen
Ausgerechnet im Land der Feinschmecker, in Frankreich, nahm vor 200 Jahren die Geschichte der Konservendose ihren Ausgang. Am 25. August 1810 wurde erstmals das Patent für Essen in Blechdosen angemeldet - die Idee dazu hatte der aus der Champagne stammende Koch und Konditor Nicolas Appert.
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Anfang des 19. Jahrhunderts war eine Zeit der Unruhe in Frankreich. Napoleon Bonaparte, bereits Kaiser von Frankreich, führte in allen Himmelsrichtungen Kriege. Doch längst war die Versorgung seiner Soldaten zum vordringlichsten Problem geworden. Mehr Männer starben an Mangel- und Unterernährung als auf dem Schlachtfeld. Und seine Marine hatte schwer mit Skorbut, dem tödlichen Vitamin-C-Mangel, zu kämpfen.
So schrieb Napoleon eine Belohnung von 12.000 Goldfranken für denjenigen aus, dem es gelänge, Lebensmittel abseits von Pökeln oder Trocknen dauerhaft haltbar zu machen.

Reuters/Fred Prouser
Warhols Campbell-Dosen hängen im MoMa.
Erster Test in Champagnerflaschen
Das kam dem Koch und Konditor Nicolas Appert aus der schönen Champagne gerade gelegen. Seit Jahren tüftelte er bereits an der Konservierung von Gemüse, Fleisch und Fisch. Zunächst verwendete er dafür Champagnerflaschen, in die er die Lebensmittel einfüllte, verschloss sie und erhitzte sie auf über 100 Grad. Schließlich stieg er auf Glasbehälter um und präsentierte seine Idee dem Kaiser.
Der schickte die Marine drei Monate lang mit Konservengläsern auf den Weg und war zufrieden, dass Fleisch und Gemüse „in voller Frische“ erhalten waren. Fortan dufte Appert das französische Heer mit seiner durch die „Appertisier-Methode“ haltbar gemachten Lebensmittel beliefern und erhielt zudem die versprochene Belohnung.
Patent in England angemeldet
Doch die schweren und unhandlichen Glasbehälter waren unpraktisch. Ein Landsmann Apperts, der in England lebende Pierre Durand, kam auf die Idee, Blechdosen statt Glas zu verwenden. Und er ging mit dieser Idee schließlich auch zum Patentamt. Am 25. August 1810 verlieh der englische König George III. ihm den Patenttitel - die Konservendose war erfunden. Mit Geschäftspartnern eröffnete Durand bald darauf die erste Konservenfabrik.
Doch so einfach auch die Herstellung der Dosen war und so praktisch ihr Transport - das Öffnen blieb jahrzehntelang eine Wissenschaft für sich. Jahrelang blieb den Soldaten nichts anderes übrig, als die Behälter mühsam mit Hammer und Meißel zu öffnen. Der erste Dosenöffner wurde erst über vierzig Jahre später, 1858, vom Amerikaner Robert Yeates zum Patent angemeldet.
Ohne Einsatz der Konservendose hätte es den Ersten Weltkrieg nicht gegeben. (George Orwell)
700 Mio. Dosen im Jahr 1900
Doch die Produzenten der Konservendosen mussten auch Rückschläge hinnehmen. So starben zu Beginn noch Dutzende englische Soldaten an schleichenden Vergiftungen, weil die Blechbehälter anfangs noch mit dem gefährlichen Blei verlötet waren. Dennoch war der Siegeszug nicht mehr aufzuhalten. 1925 meldeten Thomas Kensett und Ezra Daggett die Konservendose in den USA zum Patent an. Bereits um 1900 wurden dort über 700 Millionen Dosen hergestellt.
Heute werden die Dosen meist aus Weißblech oder Aluminium hergestellt, innen beschichtet mit Kunststoff, und nicht einmal der Dosenöffner ist unbedingt nötig: Viele haben am Deckel einen Verschluss, der das Öffnen mit einem Handgriff ermöglicht. Und immer neue Lebensmittel finden ihren Weg in den Metallbehälter. 1996 erfand der japanische Bäcker Yoshihiko Akimoto das erste Sojabrot, das in Konservendosen aufbewahrt wird und ein Jahr haltbar ist.
Neue Zielgruppen
Ursprünglich für das Militär entwickelt, wurden die Dosen schnell auch an neue Zielgruppen angepasst. So wurden die Dosen kleiner, um den Single-Markt zu bedienen, außerdem entstanden selbsterhitzende Exemplare für Camper. Selbst Künstler ließen sich von den Dosen inspirieren. So malte Andy Warhol 1962 sämtliche Suppendosen aus dem Sortiment der Firma Campbell ab - und machte sie damit zu dem berühmtesten Dosen der Welt. Die Serie „Campbell’s Soup Cans“ hängt im Museum für Moderne Kunst (MoMA) in New York.
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