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Jelinek: „Einer der größten Künstler“

„Schlingensief war einer der größten Künstler, die je gelebt haben“, schrieb Elfriede Jelinek auf Anfrage der APA in einer ersten Reaktion auf den Tod des deutschen Regisseurs und Filmemachers.

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„Mit einer so unglaublichen Kraft hat er alle um sich geschart, seine Gruppe Behinderter, dann auch Schauspielerinnen, Schauspieler, Menschen, die wie von einer umgekehrten Fliehkraft buchstäblich an ihn herangerissen wurden (die er an sich gerissen hat), und mit ihnen hat er seine Projekte durchgezogen, vorangepeitscht, auch das Projekt seines Opernhauses in Afrika - ich dachte immer, so jemand kann nicht sterben. Das ist, als ob das Leben selbst gestorben wäre.“

„Neue Gattung geprägt“

Und die Nobelpreisträgerin, deren Stück „Bambiland“ Schlingensief 2003 im Burgtheater uraufgeführt hatte, weiter: „Er war nicht eigentlich Regisseur (trotz Bayreuth und Parsifal), er war alles, ich weiß kein andres Wort dafür: Er war DER Künstler schlechthin. Er hat eine neue Gattung geprägt, die sich jeder Einordnung entzogen hat. Es kann keinen wie ihn mehr geben. Ein furchtbar trauriger Tag.“

„Voller Warmherzigkeit“

Mit großer Bestürzung reagierte man auch am Wiener Burgtheater auf die Todesnachricht. Der Regisseur hatte immer wieder am Burgtheater gearbeitet, auch für die kommende Saison war als Koproduktion mit den Wiener Festwochen ein weiteres Schlingensief-Projekt angekündigt.

Schlingensief habe sich durch seine Arbeiten am Burgtheater viel freundschaftlichen Respekt und Anerkennung erworben, so Schäfer: „Er war ein ganz besonderer Mensch, voller Warmherzigkeit im Umgang. Das hat hier jeder gespürt. Er war wirklich einer der angesehensten Künstler, die am Haus gearbeitet haben.“ Daher sei es keineswegs bloß eine Phrase, wenn sie sage: „Das ganze Burgtheater ist in tiefer Trauer.“

„Ein ganz Großer“

Opernregisseurin Katharina Wagner, betonte, Schlingensiefs Tod tue ihr „wahnsinnig leid, vor allem weil er so gekämpft hat“, ergänzte die 32-Jährige am Rande der Live-Übertragung der Wagner-Oper „Die Walküre“ auf dem Bayreuther Volksfestplatz. Schlingensief hatte bei den Bayreuther Festspielen von 2004 bis 2007 Wagners Werk „Parsifal“ inszeniert. „Er war einer der wirklich Großen in unserem Milieu“, sagte Wagner am Samstag.

„Seine Provokationen werden uns fehlen“

Der Berliner Kulturstaatssekretär Andre Schmitz, der als früherer Verwaltungsdirektor der Volksbühne mit Schlingensief zusammengearbeitet hatte, würdigte Schlingensief als wunderbaren Menschen und herausragenden Künstler: „Ein Theatermacher, dessen Provokationen uns fehlen werden.“

Der deutsche Kulturstaatsminister Bernd Neumann würdigte den Verstorbenen als einen der innovativsten Künstler. „Zu seinen Stilmitteln gehörte nicht selten die Provokation, mit der er ganz bewusst auch über den Kulturbereich hinaus Kontroversen auslösen und irritieren wollte.“

„Neue Räume eröffnet“

Der Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny sagte, Schlingensief habe „mit seiner Radikalität und Bedingungslosigkeit dem Theater neue Räume und Mittel eröffnet“.

Berlinale-Direktor Dieter Kosslick würdigte Schlingensief als großen Filmemacher und politischen Künstler. Schlingensief habe im wahrsten Sinne gemacht, was er wollte. Er sei ein Mensch gewesen, der sich aus einer tiefen moralischen Überzeugung heraus über Ungerechtigkeiten aufgeregt habe, sagte Kosslick. Mit seiner Kunst habe sich Schlingensief gegen Abschiebungen, Rassismus und Menschenrechtsverletzungen engagiert.

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