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Labor Party bangt um Wiederwahl

In Australien geben am Samstag rund 14 Millionen Wahlpflichtige ihre Stimmen ab - und alles deutet auf ein äußerst knappes Ergebnis hin. Ersten Hochrechnungen zufolge liegt die regierende Labor-Partei von Premierministerin Julia Gillard knapp in Führung. Umfragen hatten ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Gillard (ALP) und ihrem konservativen Herausforderer Tony Abbott vorausgesagt.

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In dem 22-Millionen-Einwohnerland herrscht Wahlpflicht. Einige Experten halten es für möglich, dass in Australien zum ersten Mal seit 1940 keine Partei die Mehrzahl der 150 Parlamentssitze erringt. „Im Moment sieht es so aus, dass wir ein Parlament ohne Mehrheit haben könnten“, sagte Michele Levine vom Meinungsforschungsinstitut Roy Morgan. Damit wäre die nächste Regierung von einer Handvoll unabhängigen oder grünen Abgeordneten abhängig. Das dürfte an den Märkten für Unsicherheit sorgen. Der australische Dollar und der örtliche Leitindex am Aktienmarkt gerieten bereits am Freitag unter Druck.

In den vergangenen Wochen büßte die ALP in Umfragen an Vorsprung ein. Meinungsforscherin Levine zufolge belastete dabei vor allem die raubeinige Art, mit der Gillard vor gerade einmal acht Wochen den einst populären Premierminister Kevin Rudd von der Parteispitze verdrängte, den Wahlkampf der Arbeitspartei.

Überraschender Führungswechsel bei ALP

Rudd hatte am 24. Juni die Führung der ALP niedergelegt, nachdem seine Beliebtheit vor allem wegen einer umstrittenen Bergbausteuer und seiner ehrgeizigen Klimaschutzpolitik dramatisch abgestürzt war. Die damalige Vizeregierungschefin Gillard, die die Ablösung Rudds maßgeblich betrieben hatte, wurde daraufhin zur Parteichefin gewählt und übernahm damit automatisch auch das Amt der Premierministerin.

Im Wahlkampf gestand Gillard jüngst ein, dass die verbreitete Skepsis über ihren Weg an die Macht „schwer“ auf ihr laste. „Als ich Premierministerin geworden bin, habe ich dem australischen Volk gesagt, dass ich sehr schnell Neuwahlen ansetzen werde“, sagte die 48-jährige frühere Anwältin. Am Samstag bekomme nun jeder sein Recht auf Mitsprache.

Gegensätzliche Konkurrenten

In ihrer Biografie unterscheiden sich Gillard und ihr Herausforderer Abbott deutlich. Während die in Wales geborene Karrierefrau Gillard kinderlos und unverheiratet ist, gilt der in London geborene, frühere katholische Priesteramtsanwärter Abbott als konservativer Familienmensch.

Inhaltlich bemängelten Kritiker den Wahlkampf als glanzlos und inhaltsarm. Gillard versprach vor allem einen wirtschaftlichen Aufschwung durch eine Verbesserung des Bildungssektors sowie den Ausbau von Breitbandanschlüssen und des Gesundheitssystems. Bei Klimaschutzmaßnahmen, die bei der Wahl im Jahr 2007 eines der wichtigsten Themen waren, gab sich Gillard deutlich zurückhaltender als ihr Amtsvorgänger Rudd. Im Wahlkampf kündigte sie an, eine klimafreundliche Abwrackprämie einführen zu wollen.

Hartes Vorgehen gegen Bootsflüchtlinge

Abbott rückte Forderungen nach einem Abbau der Staatsverschuldung und einem verstärkten Kampf gegen illegale Einwanderer ins Zentrum seiner Kampagne. Er kündigte für den Fall seines Wahlsiegs ein hartes Vorgehen gegen Bootsflüchtlinge an. Vor allem Flüchtlinge aus Afghanistan und Sri Lanka wagen immer wieder die gefährliche Überfahrt in Richtung Australien.

Im Windschatten des Kopf-an-Kopf-Rennens könnte unterdessen eine dritte Kraft profitieren - die australischen Grünen. Bei knappen Mehrheitsverhältnissen würde der Einfluss der Partei wachsen. „Wer auch immer die neue Regierung bildet, muss mit den Grünen verhandeln“, sagte der Politikwissenschaftler Haydon Manning von der Flinders Universität im Bundesstaat South Australia.

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