Ägypten besitzt Vetorecht
Der Nil ist die entscheidende Lebensader Ägyptens. Er deckt mehr als 95 Prozent der Wasserversorgung des Landes. Umso mehr sorgt in Ägypten die Ankündigung anderer Anrainerstaaten, künftig mehr Wasser aus dem Nil zu entnehmen als bisher, für Aufregung.
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Seit rund zehn Jahren streiten die neun Anrainerstaaten des gemeinsam mit dem Amazonas größten Flusses der Erde über eine gerechtere Aufteilung des Nil-Wassers. Die Hauptnutznießer Ägypten und Sudan melden seit Jahren historische Rechte auf einen Großteil der Wassermengen an. 1929 wurden Ägypten in einem Vertrag mit der damaligen Protektoratsmacht Großbritannien, der 30 Jahre später verlängert wurde, 55,5 Milliarden Kubikmeter Wasser zugesprochen.
6.700 Kilometer Fluss
Der Nil ist fast 6.700 Kilometer lang. Die Quellflüsse, der Weiße Nil aus dem Victoria-See am Dreiländereck von Uganda, Kenia und Tansania und der Blaue Nil aus dem Tana-See in Äthiopien, fließen bei der sudanesischen Hauptstadt Khartum zusammen. Dann fließt der Nil durch Ägypten, wo er sich in das große Nildelta auffächert und ins Mittelmeer mündet.
Dem Sudan, früheres britisch-ägyptisches Kondominium, stehen demnach 18,5 Milliarden Kubikmeter zu. Das sind insgesamt 87 Prozent der gesamten Wassermenge. Zudem kann Ägypten ein Veto gegen Bauprojekte am oberen Flusslauf einlegen. Äthiopien, Uganda, Ruanda, Kenia und Tansania einigten sich nun im Mai auf eine gerechtere Verteilung des Wassers aus dem Nil.
Ägypten und der Sudan hatten das neue Abkommen strikt abgelehnt und die Unterzeichnung boykottiert. Vor allem Äthiopien will mehr vom Nil nutzen. Dessen Quellen liefern 86 Prozent des Nil-Wassers. Damit will das Land nun Wasserkraftwerke und Bewässerungsanlagen bauen.
Neue Konzepte gefragt
Der ägyptische Wasserminister Mohammed Nasreddin Allam und seine Berater arbeiten deshalb inzwischen notgedrungen an neuen Konzepten. Sie haben einigen Ländern am Oberlauf des Nils Hilfe beim Bau von Brunnen und Bewässerungsanlagen angeboten. Diese sollen im Gegenzug darauf verzichten, die angedrohte Steigerung ihres Nil-Wasser-Anteils in die Tat umzusetzen. Gleichzeitig denken die Ägypter über die Erschließung neuer Wasserquellen nach - selbst über den Bau teurer Meerwasserentsalzungsanlagen, wie in den reichen Golfstaaten.
Zudem ist Sparen angesagt. „Die Betreiber von begrünten Hotelanlagen und künstlich bewässerten Golfplätzen wollen wir künftig stärker zur Kasse bitten“, betonte Allam gegenüber der dpa. Ein entsprechender Gesetzesentwurf soll in der kommenden Legislaturperiode vom Parlament verabschiedet werden. Außerdem will der ägyptische Staat laut Allam die Bauern dazu bringen, künftig weniger Reis anzubauen, weil dafür besonders viel Wasser benötigt wird.
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