Nippon bleibt hinter Erwartungen zurück
China hat Japan als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt hinter den USA überholt. Japans Wirtschaft ist zwar weitergewachsen, jedoch deutlich langsamer als erwartet. Nach vorläufigen Berechnungen belief sich Japans Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal auf 1,28 Billionen Dollar, während China auf 1,33 Billionen Dollar kam.
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Zwar lassen sich die Zahlen nicht ohne weiteres vergleichen, da sie nicht um saisonale Faktoren bereinigt sind. Dennoch gilt es als wahrscheinlich, dass das aufstrebende China den Nachbarn Japan auch aufs ganze Jahr gesehen als Nummer zwei ablöst. Und wird die Wirtschaftsleistung pro Kopf auf die 1,3 Milliarden Chinesen umgerechnet, kommt China gerade einmal auf ein Zehntel der USA oder Japans und rangiert neben Ländern wie Algerien und El Salvador.
Auf Jahresbasis Wachstum bei 0,4 Prozent
Nach den Berechnungen der Regierung in Tokio stieg das BIP im Berichtszeitraum angesichts geringerer Exporte und des schwachen Privatkonsums nur noch mit einer hochgerechneten Jahresrate von 0,4 Prozent. Im Vergleich zum Vorquartal sei das BIP im Zeitraum von April bis Juni um 0,1 Prozent gestiegen, teilte die Regierung am Montag weiter mit. Dazu trug nicht zuletzt bei, dass die Wirkung der von der Regierung in der Krise ergriffenen Maßnahmen zur Ankurbelung der Konjunktur nachlässt.
Zwischen Jänner und März war Japans Wirtschaft noch um 4,4 Prozent gewachsen und im Vorquartal um 4,1 Prozent. „Ich glaube, die jüngsten Daten zeigen, dass die Wirtschaft weiter stetig zugelegt hat“, sagte der japanische Minister für Wirtschafts- und Fiskalpolitik, Satoshi Arai. Er warnte jedoch vor Risiken für Japans nach wie vor stark exportabhängiger Wirtschaft wie den unklaren Konjunkturaussichten in den USA und in Europa.
Deflation drückt Wachstum
Zugleich befindet sich Japans Wirtschaft weiter im Griff einer Deflation mit andauernd fallenden Preisen. Die jüngsten schwachen BIP-Daten könnten den Druck zum einen auf die Regierung erhöhen, neue Konjunkturmaßnahmen zu ergreifen, um die Erholung aufrechtzuerhalten. Zugleich könnte sich die Zentralbank gezwungen sehen, die ohnehin bereits extrem losen geldpolitischen Zügel noch zu lockern.
Eine Deflation drückt die Umsätze und Gewinne der Unternehmen, die dann Abstand von Investitionen nehmen und Arbeitsplätze abbauen. Verbraucher halten sich dann wiederum mit Anschaffungen zurück, wodurch sich der Preisverfall noch verschärft.
Die Verbraucherausgaben, die in Japan zu rund 60 Prozent zur Wirtschaftsleistung des Landes beitragen, erhöhten sich im Berichtszeitraum um lediglich 0,03 Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Im Vorquartal waren sie noch um 0,5 Prozent gestiegen. Ein weiteres Indiz für die nachlassende Binnennachfrage ist die Entwicklung der Unternehmensinvestitionen, die sich nur noch um 0,5 Prozent erhöhten. Die jüngste rasante Festigung des Außenwerts des Yen könnte die Investitionslust der Unternehmen noch weiter trüben.
Abhängigkeit vom Export
Die Daten zeigen einmal mehr Japans hohe Exportabhängigkeit. Die Exporte stiegen um 5,9 Prozent - vor allem dank hoher Nachfrage aus Europa. Doch der Anstieg fiel geringer aus als im Vorquartal, als die Ausfuhren noch um 7,0 Prozent gestiegen waren.
Um die Wirtschaft anzukurbeln, hat die Bank von Japan den Leitzins bereits nahe null gesenkt und Wertpapier-Ankaufprogramme gestartet. Auf den Kapitalmärkten wird nun über weitere Schritte spekuliert: Als der Yen vergangenes Jahr in Richtung 85 stieg, berief die Notenbank eine Notfallsitzung ein und drehte den Geldhahn auf.
Peking fürchtet Überhitzung
Chinas Wirtschaft wächst dagegen kräftig: Wirtschaftsforscher rechnen damit, dass die Wirtschaftsleistung im Sommerquartal verglichen mit dem Vorjahr um 9,2 Prozent zulegt, nach 10,3 Prozent im Frühjahr. Die Abkühlung kommt der Regierung in Peking nicht unwillkommen: Sie befürchtet eine Überhitzung und Blasen auf dem Immobilienmarkt und zieht deswegen die Zügel kräftig an.
Dabei ist sie in einer komfortablen Verfassung: Angesichts der geringen Verschuldung hat sie jede Menge Spielraum, um die Binnenwirtschaft in Schwung zu halten, sollte der Export zu stark nachgeben. Dazu kommt die Währung: Der chinesische Yuan darf nur in langsamen Schritten steigen, der Anstieg des japanischen Yen ist ungebremst. Am Montag kostete ein Dollar zeitweise nur noch 84,72 Yen, vergangene Woche war die japanische Währung zeitweise aber so teuer wie seit 15 Jahren nicht mehr.
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