Tagebuch zeigt FPÖ-Sittenbild
Die Wiener Wochenzeitung „Falter“ sorgt in der Causa rund um mögliche Millionenkonten des verstorbenen Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider in Liechtenstein für Aufregung. Sie veröffentlichte das bei einer Hausdurchsuchung beschlagnahmte persönliche Tagebuch des Lobbyisten und ehemaligen Freundes von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und ehemaligen Haider-Intimus, Walter Meischberger.
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Das Tagebuch könnte der Grund für die Gerüchte über die Haider-Konten sein. Seit Februar liegt dieses Notizbuch bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft Wien bestätigte gegenüber der APA die Existenz eines solchen Tagebuches. Das Tagebuch war bei der Hausdurchsuchung (im Zuge der Causae Immofinanz/BUWOG/Constantia) bei Meischberger gefunden worden, sagte Staatsanwaltschaftssprecher Thomas Vecsey am Montagabend gegenüber der APA. Über den Inhalt machte er keine Angaben. Weder Meischberger noch sein Anwalt waren vorerst für eine Stellungnahme zu erreichen.
Meischberger berichtet in seinem Tagebuch nicht nur über seine Geheimtreffen mit Grasser in einem Hinterzimmer und über Zahlungen von 45 Millionen Euro an die FPÖ durch Muammar al-Gaddafi, sondern auch über die in der Schweiz (nicht in Liechtenstein) gebunkerten Millionen von Saddam Husseins Söhnen. Teile des Vermögens sollen von Haiders engsten Vertrauten von der Schweiz nach München in Sicherheit gebracht und bei der Hypo angelegt worden sein, so der Verdacht.
„Legte Haider mit 32 Mio. anständig hinein“
Meischberger zitiert in seinem Tagebuch als Quelle für all diese Vorwürfe die Gespräche mit dem ehemaligen Protokollchef der Kärntner Landesregierung, dem ehemaligen Haider-Sekretär Franz Koloini. Bei einem Besuch in einem Wiener Restaurant habe dieser „aus der Schule geplaudert“, so Meischberger. Festgehalten ist in dem Tagebuch etwa die Geschichte eines (dem „Falter“ namentlich bekannten, Anm.) Parteisekretärs Haiders, „der mit 32 Million den Haider anständig hineingelegt hat. Das Geld stammte von einer 45-Millionen-Überweisung von Gaddafi.“
Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt erklärte gegenüber dem Ö1-„Abendjournal“, es gebe eine Zeugenaussage, wonach es eine 45-Millionen-Euro-Auslandszahlung auf ein Haider-Konto gegeben haben soll.
Schweigegeld für mysteriösen Unfall
Mit einem Teil des Geldes sei einem (dem „Falter“ laut Aussendung namentlich bekannten, Anm.) Medienunternehmer eine brisante Titelgeschichte über einen mysteriösen Unfall in Gaddafi juniors Wiener Villa „weggekauft“ sowie ein Bauunternehmer und ein Banker bestochen worden. Wie „Falter“-Recherchen ergaben, stürzte eine Bulgarin, vermutlich eine Prostituierte, im Jahr 2007 tatsächlich vom Balkon der Wiener Villa des Gaddafi-Sohnes, als sie sich mit Gaddafis Leibwächtern traf. Sie lag tagelang im Koma.
Der Gaddafi-Sohn wurde zu dem mysteriösen Vorfall nie einvernommen, sondern konnte sich schon wenige Stunden später ins Ausland absetzen. Über den Vorfall wurde damals nur knapp berichtet. Mit einem Großteil des Gaddafi-Geldes sei aber ein Haider-Vertrauter „abgehaut“, so notiert Meischberger. „Haider hat ihn suchen lassen, aber XY (Name des Haider-Sekretärs, Anm) hat nur gesagt: ‚Wenn man mir drohen will, dann werden wir halt darüber reden, woher dieses Geld stammt.‘“
Saddam-Millionen: „Denen war nichts zu blöd“
Weiters, so Meischberger, „bestätigte Franzi (Koloini, Anm.) die Sache mit dem Saddam-Geld. Über zehn Millionen Euro, wahrscheinlich 15 Millionen, haben sie damals aus dem Irak heimgebracht. Denen war nichts zu blöd.“ Meischberger notiert, dass auch ein damaliger FPÖ-Minister „dabei“ gewesen sei. Der Name des Politikers ist dem „Falter“ bekannt.
Aus Meischbergers Tagebuch laut „Falter“: „Eine weitere interessante Info betrifft XY (Name einen weiteren Haider-Vertrauten, Anm.). Der soll in der Hypo-Sache stecken und am Deal von Tilo Berlin kräftig mitverdient haben. Das wäre an und für sich noch nichts Schlimmes, aber die Herkunft des Geldes schon. Euro fünf Millionen soll er im Koffer aus der Schweiz nach München gebracht haben und so investiert haben. Die fünf Millionen kommen vom Konto der ermordeten Söhne von Saddam Hussein, das von einem ‚Bekannten‘ in der Schweiz verwaltet wurde.“
KHG „ist noch immer etwas paranoid“
Meischberger berichtet auch über ein Treffen mit Karl-Heinz Grasser in einem „Hinterzimmer“ seines (Meischbergers, Anm.) Büros. "Heute habe ich seit langem wieder einmal mit KHG gesprochen. Er ist noch immer etwas paranoid, und wir haben uns ins Hinterzimmer meines Büros gesetzt. Zuerst gab es eine Diskussion über die medialen Verhaltensweisen (...), gegenseitige Erklärungen machen wenig Sinn. (...) Insgesamt bin ich froh, mit ihm darüber gesprochen zu haben. So kommt man sich wieder näher. Er wird mit XY (laut „Falter“ einem Anwalt, Anm.) am 3.12. nach Zürich fliegen und die Dinge mit W. (laut „Falter" einem Anlageberater, Anm.) klären. Hier liegt noch Gefahrenpotential.“ Besagter W. ist der gemeinsame Vermögensverwalter von Grasser und Meischberger.
Justiz prüft Wahrheitsgehalt
Das Notizbuch wird nun von der Justiz auf seine Glaubwürdigkeit untersucht. Es gilt für alle genannten Personen die Unschuldsvermutung. Die Namen der Betroffenen werden vom „Falter“ nicht genannt, da die Ermittlungen noch andauern und der Wahrheitsgehalt von Meischbergers Notizen noch nicht geklärt ist.
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