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Blutige Identitätskonflikte

Neben den Basken und Katalonen in Spanien streben mehrere Völkergruppen bzw. Minderheiten in Europa nach Unabhängigkeit. Dazu zählen Schottland und Nordirland sowie auch die Flamen in Belgien.

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Das Baskenland umfasst Gebiete in Nordspanien und dem Südwestzipfel Frankreichs. Der bewaffnete Kampf der baskischen Untergrundorganisation (ETA) für einen unabhängigen Baskenstaat begann in den 1960er Jahren während der faschistischen spanischen Franco-Diktatur.

800 Tote bei ETA-Kämpfen

Nach dem Übergang zur Demokratie gaben sich die Separatisten mit der 1979 eingerichteten weitgehenden Autonomie des Baskenlands innerhalb Spaniens nicht zufrieden. Der Kampf der ETA forderte bisher mehr als 800 Todesopfer.

Das Baskenland:

  • Drei Millionen Basken (davon 2,5 Millionen in Spanien)
  • 20.664 Quadratkilometer (etwa so groß wie Slowenien)
  • 700.000 bis 800.000 der Basken sprechen auch die baskische Sprache

Um den Separatisten den Wind aus den Segeln zu nehmen, kündigte die von gemäßigten Nationalisten geführte baskische Regionalregierung für Oktober 2008 ein Referendum über die Unabhängigkeit der Region an, doch der Plan wurde von Madrid als verfassungswidrig zurückgewiesen.

Umfragen zufolge sind die meisten Bewohner für einen Verbleib der Region bei Spanien.

Katalanen sehen Identität bedroht

Die Region Katalonien gilt als Wirtschaftslokomotive Spaniens. 1978 erhielt Katalonien den Autonomiestatus zurück, den es bis ins 18. Jahrhundert innerhalb Spaniens hatte. Trotzdem sehen viele Bewohner der Region ihre Identität bedroht, vor allem wegen des Zuzugs Hunderttausender Bürger aus Südspanien in den vergangenen Jahrzehnten.

Katalonien:

  • 7,2 Millionen Einwohner
  • 32.114 Quadratkilometer (doppelt so groß wie die Steiermark)
  • Seit 1978 Autnonomiestatus

Die Unabhängigkeitsbestrebungen in Katalonien sind seit dem Regierungseintritt der separatistischen Republikanischen Linken (ERC) im Aufwind. Ihr Chef Josep-Lluis Carod-Rovira, der auch Stellvertreter von Regionalpräsident Jose Montilla ist, sprach sich erst vor wenigen Monaten für ein Unabhängigkeitsreferendum bis zum Jahr 2014 aus. Die katalanische Sprache wird von knapp acht Millionen Menschen in Katalonien, den benachbarten Regionen Valencia und Aragon sowie auf den Balearen, in Südostfrankreich und Andorra gesprochen.

Schottland hofft auf Referendum

Seit dem Sieg der separatistischen Schottischen Nationalpartei (SNP) bei der Regionalwahl im Mai 2007 stehen die Zeichen auf eine Unabhängigkeit von Schottland. Die SNP-Regionalregierung versprach für 2011 ein Unabhängigkeitsreferendum. Vom Rest Großbritanniens unterscheidet sich Schottland durch seine bedeutende katholische Minderheit und den stärker ausgebauten Sozialstaat.

Schottland:

  • 5,1 Millionen Einwohner
  • 78.772 Quadratkilometer (fast so groß wie Österreich)
  • bis 1707 eigenes Königreich
  • Autonomie und Regionalparlament seit 1997

Bis 1707 war Schottland ein eigenes Königreich, und ein großer Teil der Bevölkerung fand sich nie mit der Vereinigung mit England ab. Der Fund reichhaltiger Ölvorkommen vor der schottischen Küste trug in den vergangenen Jahrzehnten zum Erstarken der Unabhängigkeitsbewegung bei. Als Reaktion darauf gewährte die Labour-Regierung Schottland im Jahr 1997 eine bescheidene Autonomie und setzte ein eigenes Regionalparlament ein.

Weiter Streitigkeiten in Nordirland

Der jahrzehntelange blutige Konflikt zwischen probritischen Protestanten und den Anschluss an Irland fordernden Katholiken in Nordirland, der 3.500 Todesopfer forderte, wurde im Jahr 1998 mit dem „Karfreitagsabkommen“ grundsätzlich beigelegt.

Nordirland:

  • 1,7 Millionen Einwohner
  • 13.843 Quadratkilometer (etwas größer als Tirol)
  • 1998 „Karfreitagsabkommen“

Die politischen Streitigkeiten gingen jedoch weiter, und erst im vergangenen Mai gelang es, eine paritätisch besetzte Regionalregierung zu bilden.

Bei den Regionalwahlen 2007 gewannen auf beiden Seiten die radikalen Gruppierungen, und die katholische Sinn Fein tritt weiterhin für eine „Wiedervereinigung“ der zu Großbritannien gehörenden Region mit Irland ein.

Flandern will sich von ärmerem Süden Belgiens lossagen

Flandern, der bevölkerungsreichere und wohlhabendere der beiden belgischen Landesteile strebt schon seit längerem nach mehr Autonomie. Vielen Flamen sind die milliardenschweren Transferzahlungen für die von hoher Arbeitslosigkeit geprägte französischsprachige Wallonie ein Dorn im Auge.

Flandern:

  • 6,2 Millionen Einwohner
  • 13.522 Quadratkilometer (etwa so groß wie Tirol)

Seit der Parlamentswahl im vergangenen Juni steckt Belgien in einer politischen Krise, weil Wahlsieger Yves Leterme von den flämischen Christdemokraten für seine weitgehenden Autonomiepläne keine Mehrheit findet. Der ausländerfeindliche und rassistische Vlaams Belang fordert daher eine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit der Region, die etwa so groß wie Tirol ist.

Ein Problem ist dabei jedoch der Status der Hauptstadt Brüssel. Sie ist von Flandern umgeben, aber mehrheitlich französischsprachig. Daher kursiert bereits der Vorschlag, die Stadt als Sitz der EU-Institutionen zu einem „District of Europe“ nach Vorbild der US-Bundeshauptstadt Washington zu machen.

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