Laut Gericht ein Kontaktsport
Zwei Drittel der schweren Sportunfälle an US-Highschools hängen mit dem Cheerleadersport zusammen. Das belegen Statistiken. Doch die Frage der Gefährlichkeit von Cheerleading beschäftigte auch US-Gerichte. Im US-Bundesstaat Wisconsin hielt Anfang des Vorjahrs das Höchstgericht fest, dass Cheerleading als Kontaktsport einzustufen sei.
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Damit haben Opfer von Unfällen keine Möglichkeit zu prozessieren, wenn es um Zwischenfälle geht, die „zufällig“ bei der Ausübung des Sports passierten. Das sei das erste Urteil dieser Art, hielt die nationale Cheer Saftey Foundation fest. Anders verhält es sich bei Verletzungen, die aus vorsätzlichem oder sorglosem Verhalten resultieren.
Streitfall aus dem Jahr 2004
Auslöser für das höchstgerichtliche Urteil war der Fall der jungen Cheerleaderin Britanny Noffke, die an der Holmen High School in Westwisconsin aktiv war. Bei einer Parade im Jahr 2004 hatte sich Noffke schwer verletzt.
Sie war im Zuge eines Cheerleaderstunts von den Schultern einer Kollegin gefallen und hatte sich eine schwere Kopfverletzung zugezogen. Noffke klagte eine Kollegin, die sie sichern sollte, die lokale Schulbehörde und auch den Versicherer der Schulbehörde. Ein Bezirksgericht hatte die Klage zunächst angenommen, und zwar mit der Begründung, dass Cheerleading kein Kontaktsport sei und es zu keinen Berührungen zwischen gegnerischen Teams komme.
Sehr wohl Kontakt
Das Höchstgericht stellte aber genau diese Begründung auf den Kopf. Auch wenn es keinen Kontakt zwischen gegnerischen Teams gebe, sei der Sport durch die Stunts als Kontaktsport zu werten. Und bei diesen Stunts komme es zu Körperberührungen, so Richterin Anette Ziegler.
Laut dem höchstgerichtlichen Urteil ist eine Klage gegen die Kollegin als auch gegen die Schulbehörde unzulässig. Geklagt werden könne nur, wenn vorsätzlich fahrlässiges oder rücksichtsloses Verhalten im Spiel sei. Im konkreten Fall habe die Kollegin der klagenden jungen Frau aufgrund ihrer mangelnden Erfahrung versagt.
Viele Eltern von Cheerleadern hatten die Befürchtung, dass sie demnächst separate Haftpflicht-Versicherungen für ihre Kinder abschließen müssten, wenn der Entscheid des Bezirksgerichts aufrecht bliebe.
Hohe Verletzungsgefahr
Immerhin ist Cheerleading für Frauen der gefährlichste Highschool- und Collegesport. Tragische Unfälle in diesem Bereich, aber auch Exzesse im Umfeld sorgten vor allem 2008 laufend für Schlagzeilen.
Das National Center for Catastrophic Sports Injury der USA stellte fest, dass Cheerleading für 65 Prozent der schweren Sportunfälle bei Mädchen an Highschools verantwortlich war. Das, so hieß es, sei der schlechteste Wert seit über 25 Jahren. Im Jahr davor war Cheerleading für 55 Prozent der schweren Sportunfälle verantwortlich gewesen. Grund für die stark steigende Zahl der Verletzungen seien die immer waghalsigeren Stunts, die bei den Cheerleadingfiguren zum Einsatz kämen.
Harter Initiationsritus
Neben den Unfällen waren US-Zeitungen 2008 voll mit Berichten über eigenwillige Initiationspraktiken von Cheerleadergruppen. Hinlänglich erprobt scheint zu sein, neuen Kolleginnen Unterhosen voll Urin über den Kopf zu ziehen.
In Texas kam es zu einem Verfahren, nachdem ein Mädchen von seinen „Kameradinnen“ gefesselt in einen Swimmingpool geworfen wurde. In Florida wurde ein Mädchen von anderen Cheerleadern so stark verprügelt, dass es ins Krankenhaus gebracht werden musste.
Bildstrecken von Eskapaden
Andere Cheerleadergruppen schrieben wieder mit Fotosessions Schlagzeilen, die so gar nicht in das Bild eines moralisch sauberen Sports passen wollten. Sowohl den Sacramento King Cheerleaders als auch den Arizona State Cheerleaders wurden Bildgeschichten im Internet zum Verhängnis.
Beide Gruppen hatten sich bei Saufgelagen fotografieren lassen und nebenbei noch einen Teil ihrer Hüllen fallen gelassen. Die Folgen der Eskapaden: Beide Gruppen wurden mit Auftrittsverbot belegt.
Auch das Web 2.0 wurde für so manchen Cheerleader zum Verhängnis. Etwa, als ein Mitglied der New England Patriots mit Facebook-Bildern eines nächtlichen Saufgelages konfrontiert wurde. Sie hatte eine betrunkene Kollegin mit teils antisemitischen Sprüchen bemalt. Auch hier folgte eine Suspendierung - und entsprechende Negativschlagzeilen in den Medien.
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