In über 50 Staaten verboten
Jahrelang hatte Asbest, ein Sammelbegriff für verschiedene Silikatbaustoffe, als „Wundermaterial“ gegolten. Seit mehreren Jahren allerdings ist die Verwendung des mineralischen Baustoffs in weltweit über 50 Staaten verboten oder unterliegt speziellen Vorschriften. Grund dafür ist, dass Asbest als sehr gesundheitsschädlich gilt.
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Doch in den Entwicklungs- und Schwellenländern blüht der Handel mit dem Material, heißt es nun in Berichten des International Center of Investigative Journalists (ICIJ) und der britischen BBC. Mehr als 50 Prozent des weltweit geförderten Asbests seien im Vorjahr in diese Länder exportiert worden. Besonders in Staaten wie Indien, China, Russland und Mexiko sei die Nachfrage nach dem günstigen, extrem widerstandsfähigen Werkstoff groß.
Millionen für Lobbying
Die führenden Asbest-Produzenten und -Exporteure hätten, heißt es in dem Bericht, in den letzten 30 Jahren fast 80 Millionen Euro investiert, um den weltweiten Absatzmarkt in Schwung zu halten. Der größte Produzent ist mit mehr als einer Million Tonnen pro Jahr Russland. Auch China, Kanada und Brasilien exportieren Asbest in großem Stil. Russland kritisierte laut BBC-Bericht den EU-Bann mehrmals als „unnötig“ und wirtschaftlich schädlich.
Verbrauch steigt rasant
Besonders bedenklich: Laut der Untersuchung unter dem Titel "Dangers in the Dust. Inside the Global Asbestos Trade“ wurde der Großteil des in ärmere Länder exportierten Asbests nicht nur in Gebäuden, sondern auch in Trinkwasserleitungen verbaut.
Allein in Indien, dem nach China zweitgrößten Absatzmarkt, heißt es in dem Bericht, seien im Vorjahr 235.000 Tonnen der gesundheitsschädlichen Faser verbaut worden. Seit 2004 sei der Verbrauch dort um 83 Prozent gestiegen. Die Entwicklung sei „traurig“, so einer der Autoren, der indische Journalist Murali Krishnan: Die Menschen seien sich zwar der gesundheitlichen Risiken, die sie eingehen, bewusst, verwendeten Asbest trotzdem, weil das Material billig und im Überfluss vorhanden ist.
Verbot in Österreich 1990
In der gesamten EU (seit 2005) und der Schweiz ist die Herstellung und Verwendung von Asbest verboten (in Österreich bereits seit 1990). In den USA ist das Material zwar nicht untersagt, allerdings kam es dort in den letzten Jahren zu Schadenersatzklagen über Hunderte Millionen Dollar. Betroffen davon war u. a. auch das US-Geschäft des börsennotierten österreichischen Feuerfestherstellers RHI.
Heute verursachen vor allem die Sanierung von Altlasten in Gebäuden, aus denen Asbest entfernt werden muss, sowie die Entsorgung hohe Kosten. Asbest war in großen Mengen auch im Palast der Republik in Berlin verbaut, wo er unter hohen Sicherheitsauflagen vor dem Abriss entfernt werden musste. Nach dem Einsturz des New Yorker World Trade Center infolge der Terroranschläge des 11. September 2001 wurden große Mengen an Asbeststaub freigesetzt.
Offiziell als Krebsauslöser anerkannt
Asbest gilt seit 1970 als kanzerogen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft die Mineralfaser als „bekannte Ursache von Krebs beim Menschen“ ein, zitiert die BBC in ihrem Bericht. Gefährlich sind die Fasern wegen ihrer extrem feinen Struktur. Sie setzen sich sehr leicht in den Lungenbläschen fest und verursachen unterschiedliche Erkrankungen von der „Staublunge“ bis hin zu verschiedenen Tumorerkrankungen. Besonders häufig von Spätfolgeerkrankungen betroffen sind etwa Bauarbeiter, die lange Zeit dem Kontakt mit Asbest ausgesetzt waren.
Mineralische „Wunderfaser“
Asbest wurde jahrelang vielseitig als Baustoff, etwa Asbestzement, Dämm- und Isoliermaterial, in Bremsbelägen und Autoreifen, als Hitze- und Brandschutz u. a. m. verwendet.
Die mineralische „Wunderfaser“ wurde wegen ihrer besonderen physikalischen Eigenschaften über Jahrzehnte hinweg in unterschiedlichsten Produkten verwendet. Ihren Höhepunkt erreichte die Nachfrage in den 70er Jahren. Das Material ist leicht, äußert hitzebeständig und relativ unempfindlich gegen chemische Substanzen wie Säuren. Demgemäß fand sich Asbest - und findet sich teils noch immer i alten - Baustoffen, etwa als Asbestzement (Eternit) und Asbestpappen, in Elektrogeräten, in Isoliermaterialien, Dichtungen, Kfz-Bauteilen, Bodenbelägen etc. Eine Zeit lang wurde die Faser als Poliermittel sogar Zahnpasta zugesetzt.
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