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Ein Prager Stadtneurotiker

Franz Kafka wurde am 3. Juli 1883 als Sohn des jüdischen Galanteriewaren-Händlerpaares Hermann und Julie Kafka in Prag geboren. Er wuchs mit drei Schwestern auf, zu Hause wurde Deutsch gesprochen. Da die Eltern tagsüber abwesend waren, wurden alle Geschwister im Wesentlichen von wechselndem, ausschließlich weiblichem Dienstpersonal aufgezogen.

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Ab 1889 besuchte er die Deutsche Knabenschule in Prag, später das Altstädter Deutsche Gymnasium. Bereits sehr früh begann er zu schreiben und beschäftigte sich mit sozialistischen Ideen. Sein Frühwerk gilt als verschollen. Vermutlich vernichtete er es selbst. Nach der Matura begann Kafka im Herbst 1901 an der Deutschen Universität Prag ein Studium der Rechtswissenschaften, besuchte auch Vorlesungen aus Kunstgeschichte und Germanistik.

Während des Studiums lernte er den Dichter Max Brod kennen, eine tiefe Freundschaft entstand. Aus dem Jahr 1904/1905 stammt die früheste erhaltene Prosaarbeit, die Novelle „Beschreibung eines Kampfes“. Nach der Promotion 1906 und dem Gerichtsjahr begann Kafka 1907 in der Generali-Versicherungsgesellschaft zu arbeiten, wo er bis zu seiner Frühpensionierung 1922 beschäftigt war.

„Schreckliches Doppelleben“

Er war ein gewissenhafter und zuverlässiger Angestellter. Obwohl ihm die Arbeit eine Qual war, hält sie ihn doch vom Schreiben ab - dafür musste Kafka die Nachtstunden verwenden. Als „schreckliches Doppelleben“ bezeichnete er diesen Zustand in seinem Tagebuch. 1909 erschienen erste Erzählungen in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften, 1912 folgte die erste Buchveröffentlichung, „Betrachtung“, im Rowohlt-Verlag.

Bei Brod lernte Kafka Felice Bauer kennen und verliebte sich in sie. Kurz darauf verfasste er „Das Urteil“, „Die Verwandlung“ und die ersten Kapitel des Amerika-Romans. Im Jahr darauf wurden „Der Heizer“ und „Das Urteil“ veröffentlicht. In der Beziehung mit Bauer kriselte es. Eine Verlobung im Juni wurde einen Monat später schon wieder aufgelöst.

Später Auszug von zu Hause

Bei seiner älteren Schwester konnte Kafka ab 1914 in einem eigenen Arbeitszimmer schreiben. 1915 zog er von zu Hause aus. „Die Verwandlung“ erschien in zwei Zeitschriften. Vergeblich bemühte sich Kafka um eine Aufhebung seiner Befreiung vom Kriegsdienst. In Marienbad machte er Urlaub mit Bauer. Von November 1916 bis Mai 1917 arbeitete er in einem Häuschen in der Prager Alchimistengasse. In den „acht Oktavheften“ (in Wirklichkeit wohl neun, da mindestens eines nicht überliefert ist) entstanden dort etwa der „Kübelreiter“ und „Beim Bau der chinesischen Mauer“.

1917 verlobte sich Kafka ein zweites Mal mit Bauer. Als bei ihm Tuberkulose diagnostiziert wurde, trennte er sich endgültig von ihr. Zwei Jahre später verlobte er sich mit der jüdischen Tschechin Julie Wohryzek, ein Hochzeitstermin scheiterte, 1920 wurde die Verlobung aufgelöst. 1920 verfasste Kafka den „Brief an den Vater“, den dieser allerdings nie zu lesen bekam.

Letzer Wille missachtet

Im selben Jahr erschien „In der Strafkolonie“, 1921 „Ein Landarzt“ im Kurt-Wolff-Verlag. Im selben Jahr begann er eine „literarische Liebesbeziehung“ mit der tschechischen Journalistin Milena Jesenska, die einige seiner Dichtungen ins Tschechische übertrug - die erste Übersetzung von Kafka überhaupt. 1922 wurde Kafka frühpensioniert und verfasste das erste der zwei „Testamente“. Dem als Nachlassverwalter eingesetzten Brod trug er die Vernichtung seines gesamten literarischen Nachlasses auf. Brod kam diesem Wunsch nicht nach.

Im Sommer 1923 lernte er bei einem Urlaub an der Ostsee die aus Polen stammende Jüdin Dora Diamant kennen und zog zu ihr nach Berlin. 1924 kehrte er nach Prag zurück. Die Tuberkulose hatte inzwischen auf den Kehlkopf übergegriffen, so dass Kafka kaum noch essen, trinken und sprechen konnte. Trotz seines Zustands las er im Sanatorium bei Klosterneuburg die Druckfahnen für den „Hungerkünstler“-Band Korrektur. Am 3. Juni 1924 starb Kafka. Er wurde acht Tage später auf dem jüdischen Friedhof in Prag-Straschnitz begraben.

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