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Schwellenländer von morgen

Asien hat seine „Tiger“, Afrika seine „Neuen Löwen“. Diese acht Länder tragen mittlerweile rund 70 Prozent der gesamten Wirtschaftskraft des Kontinents: Algerien, Botswana, Ägypten, Libyen, Mauritius, Marokko, Südafrika und Tunesien. Andere Länder, etwa der Sudan und die Demokratische Republik Kongo, versinken trotz - oder gerade wegen - ihres Rohstoffreichtums im Chaos.

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Die Gesamtwirtschaftsleistung des Kontinents (das Bruttoinlandsprodukt, BIP, aller afrikanischen Staaten) wuchs im Krisenjahr 2009 um zwei Prozent, während sie in den USA (minus vier), der EU (minus 2,8) und Lateinamerika (minus 1,5 Prozent) einbrach, hieß es zuletzt in einer Analyse der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG). Für 2010 und 2011 rechnet die Weltbank mit einem Wachstum von immerhin 4,8 Prozent. Allerdings ist das Entwicklungstempo der einzelnen afrikanischen Staaten sehr unterschiedlich, die Bekämpfung von Hunger und Armut bleiben die zentralen Herausforderungen der Zukunft.

Schnelleres Wachstum als BRIC-Staaten

„Während die politischen, sozialen und humanitären Herausforderungen des afrikanischen Kontinents weithin bekannt sind, wird seine Wirtschaftskraft oftmals unterschätzt“, hieß es in der BCG-Analyse. Dabei stellen die führenden afrikanischen Märkte, die „African Lions“ (Algerien, Botswana, Ägypten, Libyen, Mauritius, Marokko, Südafrika und Tunesien) gemessen an der Bevölkerung in puncto Wirtschaftskraft mittlerweile die aufstrebenden BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China) in den Schatten. 2008 lag das BIP pro Kopf in den acht afrikanischen Ländern bei 10.000 US-Dollar im Vergleich zu 8.800 US-Dollar in den BRIC-Ländern.

„African Challengers“ mit Ambitionen

Die BCG listete in ihrer Analyse außerdem 40 rasch wachsende afrikanische Unternehmen auf, die auf dem Weltmarkt an die Spitze streben. Diese „African Challengers“ erzielen je nach Unternehmensgröße einen jährlichen Umsatz zwischen 350 Mio. und 80 Mrd. US-Dollar (über 60 Mrd. Euro) und zeichnen sich durch starkes Wachstum, internationale Ausrichtung und ambitionierte Expansionspläne im Ausland aus.

Die Unternehmen repräsentieren unterschiedlichste Branchen und stammen vor allem aus Südafrika (18), Ägypten (sieben) und Marokko (sechs). Die übrigen neun Unternehmen kommen aus Algerien, Angola, Nigeria, Togo und Tunesien. Das Exportvolumen dieser 40 Wirtschaftsriesen wuchs seit 2003 jährlich um 24 Prozent.

China und Indien in Lauerstellung

Derzeit investieren China und Indien massiv in Afrika. Die beiden aufstrebenden Schwellenländer haben nicht nur Afrikas Rohstoffe im Visier, sondern auch satte Renditen auf eingesetztes Kapital. Doch wie schon in der Vergangenheit sind Bodenschätze Anlass für Spannungen und bewaffnete Konflikte - aktuelle Beispiele: der Sudan und die Demokratische Republik Kongo. Im Sudan strebt der rohstoffreiche Süden die Unabhängigkeit vom Norden an, in der Demokratischen Republik Kongo toben seit Jahren blutige Konflikte vor allem um Bodenschatzvorkommen im Osten des Landes.

Das Erbe der Diktatoren

Allein in den 39 Jahren bis 2008 wurde der Kontinent um die ungeheure Summe von 854 Mrd. Dollar (über 670 Mrd. Euro) geplündert. Zu diesem Ergebnis kommt das Global Financial Integrity Institute (GFI) in Washington (USA) in einer Ende März veröffentlichten Studie.
An dem gigantischen Diebstahl des Reichtums Afrikas - vor allem der Rohstoffe - waren berüchtigte Herrschercliquen wie die Mobutu Sese Sekos (ehemals Zaire, heute Demokratische Republik Kongo), Jean-Bedel Bokassas (Zentralafrikanische Republik) und Robert Mugabes (Simbabwe) beteiligt.

Die Kehrseite des Booms

Während Milliarden aus dem Kontinent geschleust werden, leidet die Mehrheit der Afrikaner unter Armut. Gerechnet nach dem Pro-Kopf-Einkommen sind laut Weltbank noch immer zehn afrikanische Staaten - wie Kongo, Liberia und Burundi- die ärmsten Länder der Welt.

Allerdings zählen inzwischen auch schon 300 Millionen der rund eine Milliarde Afrikaner zur Mittelklasse. In Ländern wie Angola und Nigeria kehren immer mehr hoch qualifizierte Kräfte aus den USA und Europa zurück. Doch selbst blühende Volkswirtschaften und stabilere Demokratien wie Südafrika und Ghana leiden unter Korruption. In Staaten wie Somalia, Simbabwe und dem Tschad ist Rechtsstaatlichkeit fast ein Fremdwort. In 36 der 53 Staaten Afrikas ist nach Angaben von „Transparency International“ Korruption weiter an der Tagesordnung.

Links:

BCG
GFI-Bericht
Weltbank
Transparency International
African Economic Outlook