Streitpunkt Walfang und Bankenpleite
Die Europäische Union hat mit Island die Verhandlungen für einen Beitritt der Nordatlantikinsel zum Staatenbündnis begonnen. Nach dem zeremoniellen Startschuss sprach EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle am Dienstag in Brüssel von einem „historischen Moment“.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
„Ein Beitritt ist für beide Seiten von Nutzen. Aber es muss auch von beiden Seiten Anstrengungen geben“, sagte Füle. Das Land hatte im Juli 2009 im Zuge der Finanzkrise die Aufnahme beantragt, als der Bankensektor am Boden lag und eine Staatspleite drohte.
Referendum noch ausständig
Obwohl Island etwa als Mitglied des visafreien Schengen-Raums und des Europäischen Freihandelsabkommens EFTA der EU bereits nahe steht, gibt es Probleme. Dazu gehört die Tilgung der Auslandsschulden nach dem Zusammenbruch der isländischen Internetbank Icesave in Höhe von 3,8 Milliarden Euro. Außerdem muss der Beitritt einem Referendum standhalten, und die Mehrheit der Isländer ist negativ eingestellt. „Ich bin darauf vorbereitet, dass es länger dauern könnte, als viele annehmen“, sagte der isländische Außenminister Össur Skarphedinsson.
Besonders schwierige Kapitel seien die Fischerei- und Agrarpolitik, Umwelt, regionale Entwicklung, Finanzen und Nahrungsmittelsicherheit, sagte Füle. „Wir müssen offen und freimütig an die Sache herangehen.“ Nötig sei auch „bessere Kommunikation“.
Aufnahme schon 2012?
Die Aufnahme Islands ist für 2012 oder 2013 vorgesehen. Bis dahin dürfte auch Kroatien beigetreten sein, so dass die EU dann 29 Mitgliedsstaaten umfassen würde. Der belgische Außenminister und amtierende EU-Ratsvorsitzende Steven Vanackere betonte, ein offizieller Zeitplan sei derzeit nicht möglich. „Die Erweiterung ist für uns weiterhin sehr wichtig, das gilt auch für die Länder des westlichen Balkans“, betonte er.
EU als Rettung vor Bankrott?
Island war in der Finanzkrise kurz vor dem Bankrott gestanden und hatte sich deshalb dazu entschlossen, die Aufnahme in die EU und später in die Euro-Zone anzustreben. Da Island dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) angehört, ist das Wirtschaftsrecht schon weitgehend den EU-Regeln angeglichen. Auch Mitglied im Schengen-Verbund ist das Land bereits.
„Wir kommen nicht mit leeren Händen“
Skarphedinsson unterstrich, Island gehöre zu Europa und habe viel zu bieten: „Wir klopfen an Ihre Tür, aber wir kommen nicht mit leeren Händen.“ Island bewirtschafte seine Fischbestände nachhaltig, beziehe 80 Prozent seiner Energie aus erneuerbaren Quellen und könne angesichts schmelzender Gletscher beim Erschließen neuer Transportrouten helfen. Zugleich warnte er vor einem „Rennen um die Rohstoffe der Arktik“. „Dem wollen wir entgegenwirken.“
Walfang: „Kreative Lösung“ notwendig
Den Streit über die Forderungen Großbritanniens und der Niederlande nach der Bankenpleite bezeichnete der Isländer als „bilaterales Problem“. London und Den Haag hatten Anleger mit Milliardenzahlungen entschädigt, die ihr Geld bei isländischen Banken angelegt hatten. Zudem machte Skarphedinsson klar, dass Island am Walfang festhalten wolle. „Wir wollen, dass die EU die Tatsache berücksichtigt, dass dies zu unseren Traditionen gehört.“ Notwendig seien „kreative Lösungen“ für die Besonderheiten der Länder im hohen Norden, wie sie beispielsweise auch für Finnland gefunden worden seien.
Links: