Keine Beobachtung ganzer Partei
Nach den Vorfällen in Chemnitz ist in Deutschland auch die Debatte über die AfD neu entfacht worden. Der Verfassungsschutz der Bundesländer Niedersachsen und Bremen nimmt jetzt den AfD-Nachwuchs ins Visier. Eine Beobachtung der Partei als Ganzes werde es aber nicht geben, heißt es aus dem deutschen Innenministerium.
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Der Landesverband der Jungen Alternative sei seit der vergangenen Woche „Beobachtungsobjekt“ des Geheimdienstes, erklärte die Bremer Innenbehörde am Montag. Zu den Gründen wurden zunächst keine Angaben gemacht.
Wenig später bestätigte auch Niedersachsen, dass die Jugendorganisation der AfD beobachtet wird. Landesinnenminister Boris Pistorius (SPD) sagte am Montag in Hannover vor Journalisten, er habe die Beobachtung der Jungen Alternative in der vergangenen Woche entschieden und an diesem Montag die entsprechende Anordnung unterschrieben. „Die Junge Alternative vertritt ein Weltbild, in dem Minderheiten wie Flüchtlinge oder Homosexuelle systematisch abgewertet und diffamiert werden“, so Pistorius.
Innenministerium sieht Voraussetzungen unerfüllt
Die Entscheidung sei „völlig ungeachtet und losgelöst“ von den rechtsextremen Übergriffen in Chemnitz gefallen. Pistorius sagte, es gebe „ideologische und personelle Überschneidungen nicht unerheblicher Art“ des AfD-Nachwuchses mit den rechtsextremen Identitären. Diese werden seit 2014 beobachtet. Pistorius forderte den deutschen Innenminister Horst Seehofer (CSU) auf, seine „Zurückhaltung“ gegenüber der AfD aufzugeben.
Aus dem Innenministerium heißt es unterdessen, dass die Voraussetzungen für eine Beobachtung der gesamten AfD durch den Verfassungsschutz derzeit nicht vorliegen. Grundlage sei die Frage, ob von Parteien Bestrebungen ausgingen, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung oder die Sicherheit des Bundes beziehungsweise eines Landes richteten, sagte ein Ministeriumssprecher am Montag.
Auch Merkel-Sprecher verweist auf Gesetz
Regierungssprecher Steffen Seibert verwies ebenfalls auf den entsprechenden Paragrafen im Bundesverfassungsschutzgesetz. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vertraue darauf, dass die Sicherheitsbehörden und Fachleute des Verfassungsschutzes in der Lage seien zu entscheiden, „wann was getan werden muss“.
Mit Blick auf die Vorfälle in Chemnitz, bei denen AfD-Politiker wie der Thüringer Landeschef Björn Höcke an der Seite rechtsgerichteter Gruppen demonstrierten, sagte der Ministeriumssprecher: „Dass Einzelne oder auch viele lokal anders agieren, erlaubt noch nicht die Beobachtung der gesamten Partei.“ Es spreche allerdings nichts dagegen, dass „Teilorganisationen der AfD gegebenenfalls beobachtet werden“. Gegen Vorfälle, bei denen nationalsozialistische Symbole oder Zeichen benutzt würden, müsse konsequent vorgegangen werden, sagte der Sprecher zugleich. „Aber das geht dann gegen die Einzelpersonen.“
Jugendorganisationen sollen aufgelöst werden
In einer ersten Reaktion kündigte der Bundesvorsitzende der Jungen Alternative, Damian Lohr, einen außerordentlichen Bundeskongress mit der Auflösung als einzigem Tagesordnungspunkt an. Das habe der Bundesvorstand beschlossen. Lohr machte seine eigene Zukunft davon abhängig, dass der Bundeskongress die Auflösung beschließt. Andernfalls trete er zurück.
Lohr nannte die Entscheidungen der Landesämter für Verfassungsschutz nicht nachvollziehbar. „Weder einzelne Landesverbände der JA, noch die Junge Alternative als Ganzes sind verfassungsfeindliche Organisationen, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland einsetzen“, erklärte er.
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