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Bürgermeister verweist auf Begleitmusik

Für viele gehört es zum Idyll eines Sommerurlaubs am Mittelmeer, doch manchen Frankreich-Touristinnen und -Touristen ist das Zikadenzirpen in der Provence einfach zu laut. Der Bürgermeister des malerischen Dorfes Le Beausset im südfranzösischen Departement Var berichtete von Beschwerden entnervter Urlauberinnen und Urlauber.

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Schon fünf Urlaubergruppen seien bei ihm vorstellig geworden, sagte Bürgermeister George Ferrero im französischen Radio. Der stundenlange ohrenbetäubende Lärm habe ihnen den letzten Nerv geraubt. Vergeblich habe er ihnen zu erklären versucht, dass das eben der typische Begleitmusik der idyllischen Provence und Musik in den Ohren ihrer Bewohnerinnen und Bewohner sei, sagte Ferrero.

Insektizideinsatz abgelehnt

Doch die Urlauber hätten sich nur dafür interessiert, wie sie die Zikaden zum Schweigen bringen könnten. So hätten sie laut Bürgermeister versucht, die Insekten loszuwerden, indem sie Wasser auf die Bäume gossen. Schließlich hätten sie ihn gebeten, mit chemischen Waffen den kleinen Tieren mit ihrem höllischen Lärm zu Leibe zu rücken.

Provence

CC BY-SA 3.0

In Le Beausset ist ein Disput über das Zikadenzirpen entbrannt

Trotz des Drängens der Touristen wurde ihrer Bitte nicht Folge geleistet. „Das ist völlig verrückt, stellen Sie sich vor, sie besprühen die Bäume, unter denen sie später ihren Aperitif schlürfen“, empörte sich der Bürgermeister des 10.000-Einwohner-Ortes. „Wenn wir in den Süden kommen, wissen wir, dass es Zikaden gibt. Wir sind stolz darauf, sie zu haben.“

Nicht zum ersten Mal

Bei den Beschwerdeführern handle es sich übrigens keineswegs nur um Pariserinnen und Pariser - diese sind bei vielen Provenzalinnen und Provenzalen besonders unbeliebt -, sondern auch um Menschen aus Ostfrankreich und der Bretagne, so Ferrero. Dennoch sind es nicht die ersten Urlauber, die sich über Zikaden aufregen - 2016 beschwerten sich auch Touristen wegen des Lärms in Bouches-du-Rhone.

Balz- und Warnruf

Die Zikaden an der Cote d’Azur gehören alle zu den Singzikaden oder auch Cicaditae. Sie sehen übergroßen Fliegen nicht unähnlich, erreichen rund drei bis vier Zentimeter und haben Flügel mit bis zu zehn Zentimetern Länge. Voraussetzung für ihren Gesang ist eine Temperatur von mindestens 25 Grad.

Zikade

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Manche Singzikade schafft mühelos 60 Dezibel

Im Gegensatz zu den Grillen, die ihr Zirpen durch das Gegeneinanderreiben ihrer Hinterbeine produzieren, haben Singzikaden dafür ein eigenes Trommelorgan am Beginn des Hinterleibs. Sie schaffen mühelos 60 Dezibel Lautstärke und sind über Distanzen von bis zu einem Kilometer zu hören. Die Gesänge gehen von den männlichen Singzikaden aus und dienen zwecks Paarung der Anlockung der Weibchen, der Verteidigung des Reviers und der Warnung.

Seit Jahrtausenden besungen

Seit Jahrtausenden spielen die Zikaden eine bedeutende Rolle in Mythologie, Kunst und Folklore. Vor allem in Südfrankreich werden Singzikaden als Ausdruck des leichten, mediterranen Lebensgefühles symbolhaft verwendet und in Volksliedern besungen. Beispiele für Zikaden in Chansons sind „Aussi bien que les cigales“ und „La mort de la cigale“. In traditionsbewussten Häusern der Provence wird ein Abbild der Zikaden übrigens an der Haustür befestigt, um Besucher willkommen zu heißen.

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