Lkws und Busse ausgenommen
Bei seinen verkehrspolitischen Herzensprojekten kann Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) offensichtlich auf Oberösterreich zählen. Eine der beiden Teststrecken für 140 km/h befindet sich in dem Bundesland. Und ab Jänner 2019 wird die Landeshauptstadt Linz zur Testregion für einen weiteren Pilotversuch des Verkehrsministers: Rechtsabbiegen bei Rot.
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Ab 1. Jänner darf auf drei Linzer Kreuzungen bei Rot abgebogen werden. Ein Zusatzschild mit einem grünen Pfeil soll dann über die Möglichkeit informieren. Ziel sei es, „den Verkehr flüssiger zu gestalten“, sagte Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Wien. Rechts abbiegen darf, wer ein Auto, Moped, Motorrad oder Fahrrad lenkt. Verboten bleibt es für Lkws und Busse. Die notwendige Novellierung der Straßenverkehrsordnung soll laut Ministerium noch im Herbst über die Bühne gehen.

APA/Harald Schneider
Einen grünen Pfeil präsentierten Hein, Hofer und Frey (v. l.). Er soll ab 2019 an drei Linzer Kreuzungen hängen.
„Als Testregion hat sich die oberösterreichische Landeshauptstadt Linz zur Verfügung gestellt“, hieß es in einer Aussendung des Verkehrsministeriums. Bereits 2014 hatte der Linzer Gemeinderat einstimmig eine Resolution an den Bund zum Thema Rechtsabbiegen beschlossen. Es war wohl auch nicht von Nachteil, dass der Linzer Verkehrsstadtrat Markus Hein ein Parteifreund Hofers ist. Ihm seien alle Maßnahmen willkommen, die das tägliche Stauchaos auf den Straßen verhinderten, so der Linzer FPÖ-Politiker, der am Dienstag gemeinsam mit Hofer das Pilotprojekt präsentierte.
Einjährige Begleitung durch TU
Als Dritter am Podium saß Harald Frey vom Institut für Verkehrswissenschaften der TU Wien. Er und sein Team werden das Projekt ein Jahr lang wissenschaftlich begleiten. 99.750 Euro lässt sich das Ministerium die Begleitstudie kosten, wie Anfang August Hofer in der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage von NEOS ausgeführt hatte. Das Ministerium musste das Projekt somit nicht ausschreiben. Laut aktueller Verordnung liegt die Obergrenze für Direktvergaben durch Ministerien bei 100.000 Euro.
Ein grüner Pfeil für Abbiegen bei Rot
FPÖ-Verkehrsminister Norbert Hofer lässt ab Jänner an drei Kreuzungen in Linz das Rechtsabbiegen bei Rot für Autofahrerinnen und Autofahrer und Radfahrerinnen und Radfahrer testen.
„Ich wollte, dass die TU den Auftrag bekommt“, begründete Hofer am Dienstag die Vergabesumme. Mit diesem Betrag werde man „so viele Daten sammeln und Messungen durchführen wie möglich“, sagte Frey. Der Pilotversuch wird laut Hofer „exakt ausgewertet“, unter anderem mit Vorher-nachher-Gegenüberstellungen. Die TU will die Nutzungshäufigkeit, die Bereitschaft zum Anhalten, das Ausweichverhalten sowie potenzielle Konfliktsituationen untersuchen.
Katalog mit elf Ausschlusskriterien
Bereits entwickelt haben Frey und seine Team einen Kriterienkatalog. Der baue auf Vorschriften und Erkenntnisse aus Deutschland auf, sei aber strenger, so Hofer. Im Katalog finden sich gleich elf Ausschlusskriterien. So muss etwa von der Haltelinie aus eine gute Sicht gegeben sein, die Ampeln dürfen über keine Richtungspfeile verfügen.
Außerdem darf es weder beidseitig kreuzende Radwege noch abgesetzte Radfahrüberfahrten noch Gleise von Schienenfahrzeugen geben. Auf den infrage kommenden Straßen darf maximal 50 km/h gefahren werden, Schulen dürfen nicht in der Nähe sein.
Verweis aufs Ausland
Hofer verwies auf „viele Staaten, wo Rechtsabbiegen bei Rot funktioniert“. Dazu zählen laut dem Minister unter anderem die USA, Kanada, Australien, Frankreich, Tschechien, Polen und Teile Deutschlands. In der DDR war Rechtsabbiegen bei Rot Standard. Nach dem Mauerfall wurde die generelle Regel in Ostdeutschland zwar aufgehoben. Allerdings adaptierten in der Folge auch einige westdeutsche Städte die Vorschrift.
Der TU-Kriterienkatolog macht freilich deutlich, dass die Sonderregel wohl auch bei erfolgreichem Ende des Pilotprojekts nur an ausgewählten Kreuzungen zum Einsatz kommen kann. Sehr viele große innerstädtische Kreuzungen fallen bereits aus - umso mehr, je dichter etwa das Radwegenetz ausgebaut wird. Wie weit die Maßnahme tatsächlich hilft, den Schadstoffausstoß an Kreuzungen zu vermindern, muss die begleitende TU-Studie zeigen. Die neue Regelung sei jedenfalls „eine herausfordernde Situation für den einzelnen Verkehrsteilnehmer“, räumte Frey ein.
Vorsichtiges Lob und Skepsis bei Autofahrerclubs
In eine ähnliche Richtung gingen die ersten Reaktionen der Autofahrerclubs. Mit dem Pilotversuch werde eine weitere Maßnahme umgesetzt, „die sinnlose Wartezeit und damit verbundene sinnlose Emissionen vermeiden soll“, so der ARBÖ in einer Aussendung. Eine derartige Maßnahme dürfe aber Fußgängerinnen und Fußgänger und Radfahrerinnen und Radfahrer nicht gefährden, „und es muss klare Vor- und Nachrrangregeln geben“, so der ARBÖ.
„Die meisten Kreuzungen, bei denen das geht, sind ohnehin bereits mit Spursignalen ausgerüstet“, zitierten die „Oberösterreichischen Nachrichten“ den Leiter der ÖAMTC-Rechtsabteilung, Martin Hoffer. Die neue Maßnahme könnte das Rotsignal generell entwerten. Für den Juristen gebe es „genügend andere Möglichkeiten, den Verkehr flüssiger zu gestalten“. Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) wiederum ortete vor allem eine größere Gefahr für Fußgängerinnen und Fußgänger sowie Menschen auf dem Fahrrad
SPÖ Oberösterreich übt Kritik
Für die - einstimmig angenommene - Resolution zum Rechtsabbiegen hatte 2014 zwar auch die Linzer SPÖ gestimmt. Die SPÖ Oberösterreich kritisierte das jetzige Vorhaben dennoch harsch: „Verkehrsminister Norbert Hofer möchte Oberösterreich offensichtlich großflächig zum Versuchslabor für Verkehrsunsinn machen“, so Verkehrssprecher Erich Rippl.
Alle Experten seien sich einig, dass Rechtsabbiegen bei Rot für den Verkehrsfluss wenig bringe, aber Fußgängerinnen und Fußgänger und Radfahrer und Radfahrerinnen gefährde. Diese würden im Kreuzungsbereich von Rechtsabbiegern auch jetzt schon oft übersehen. Hofer solle das Geld nicht für „teure Versuche und Studien“, sondern sinnvolle Projekte wie Lärmschutz und Park-and-Ride-Anlagen ausgeben, forderte Rippl.
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