Aufruf zum Wiederaufbau in Syrien
Für Russlands Präsidenten Wladimir Putin hat es am Samstag einen straffen Terminplan gegeben: Auf dem Weg zum Treffen mit Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel stattete Putin noch der Steiermark einen Kurzbesuch ab. Dort gratulierte er FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl zu ihrer Hochzeit. Danach ging es weiter nach Berlin, zum ersten bilateralen Besuch Putins in Deutschland seit Beginn der Ukraine-Krise.
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Trotz aller Unstimmigkeiten zwischen Deutschland und Russland setzten Merkel und Putin auf Zusammenarbeit. Bei der Begrüßung des Kreml-Chefs am Samstagabend auf Schloss Meseberg, dem Gästehaus der deutschen Regierung bei Berlin, betonte Merkel die gemeinsame Verantwortung beider Länder für die Friedensbemühungen in Konfliktregionen wie Syrien oder der Ostukraine. Putin betonte, dass er seinerseits der Zusammenarbeit mit Deutschland „große Bedeutung“ beimesse.
Putin in Deutschland
Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine war eines der bestimmenden Themen des Treffens zwischen Russlands Präsident Putin und Deutschlands Kanzlerin Merkel.
Merkel warnte auch vor einer humanitären Katastrophe in Syrien, speziell in der Rebellenprovinz Idlib. Dort bereiten die syrische Armee und ihre russischen Verbündeten derzeit offenbar eine Offensive vor. Nötig seien eine Verfassungsreform und Wahlen.
Berlin pocht auf Friedensmission in der Ukraine
Putin rief Europa zur Hilfe beim Wiederaufbau in Syrien auf. Eine Wiederherstellung der Infrastruktur sei nötig, damit Flüchtende aus dem Ausland heimkehren könnten. Dabei gehe es nicht nur um Rückkehrerinnen und Rückkehrer aus Europa, sondern auch um Millionen Menschen in den Nachbarländern Jordanien, dem Libanon und der Türkei.
Ein konkretes Ergebnis des Treffens dürfte ein neues Gesprächsformat sein, wie es am Sonntag hieß. Putin und Merkel hätten geplant, zusammen mit Frankreich und der Türkei an der Stabilisierung Syriens zu arbeiten, so Kreml-Sprecher Dimitri Peskow. Das Viererformat solle zunächst auf Expertenebene stattfinden. Später könne daraus ein Gipfeltreffen erwachsen.

AP/Sputnik/Alexei Druzhinin
Gespräche im Schloss Meseberg: Putin und Merkel
Unzufrieden zeigten sich beide mit der Lage in der Ostukraine, „wo wir leider nicht vorankommen“, wie Putin sagte. Merkel forderte verstärkte Bemühungen zur Durchsetzung der Minsker Waffenstillstandsvereinbarungen und bekräftigte den deutschen Vorschlag für eine UNO-Blauhelmtruppe. Russland steht dem bisher skeptisch gegenüber.
Pipeline nur unter wirtschaftlichen Voraussetzungen
Thema war auch die umstrittene Pipeline „Nord Stream 2“, die ab Ende 2019 russisches Gas durch die Ostsee nach Deutschland transportieren soll. An der Finanzierung ist auch die OMV beteiligt. Merkel bekräftigte, dass auch nach Inbetriebnahme der Pipeline die Ukraine „eine Rolle im Gastransit nach Europa spielen“ müsse. Die Ukraine fürchtet, durch die Pipeline umgangen zu werden und wichtige Transiteinnahmen zu verlieren.
Putin sagte, für ihn sei die „Hauptsache“, dass ein Transit durch die Ukraine „den wirtschaftlichen Anforderungen entspricht“. Das Projekt hat Deutschland und Russland gleichermaßen zum Ziel der Kritik von US-Präsident Donald Trump gemacht. Dieser hatte kritisiert, Deutschland mache sich mit der Pipeline zu einem „Gefangenen Russlands“.
In der internationalen Krisendiplomatie könne auf Russland nicht verzichtet werden, so Merkel. „Ich bin der Meinung, dass kontroverse Themen nur im Gespräch gelöst werden können.“ Die darauffolgenden Beratungen erfolgten vertraulich und dauerten schließlich gut drei Stunden an.
Merkel bleibt beim Dialog
Die Einladung an Putin bedeutet eine Rückkehr zu einer gewissen diplomatischen Normalität. Die russische Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim 2014 hatte die Beziehungen zum Westen schwer belastet. Russland war damals aus der G8-Staatengruppe ausgeschlossen worden, Putin war seitdem nicht mehr zu einem bilateralen Besuch nach Deutschland gereist.
Die Belastungen bestehen zwar fort - etwa durch den Nervengiftanschlag im britischen Salisbury oder durch mutmaßliche russische Desinformationskampagnen in Wahlkämpfen westlicher Länder. Merkel hatte aber bereits vor Putins Besuch klargemacht, dass sie einen „permanenten Dialog“ mit Russland für nötig hält, um in Streitfragen voranzukommen.
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