Außenministerium weist Kritik zurück
Die Teilnahme des russischen Präsidenten Wladimir Putin an der Hochzeit von FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl habe keinen Einfluss auf die österreichische Außenpolitik, so ein Sprecher des Außenministeriums am Donnerstag gegenüber der APA.
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„Es ist in erster Linie eine private Feier und ein persönlicher Besuch, und daraus ergibt sich keine Änderung der außenpolitischen Positionierung Österreichs“, weist das Außenministerium etwa Kritik aus der Ukraine, aber auch von dem grünen EU-Abgeordneten Michel Reimon zurück.

APA/AFP/Joe Klamar
FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl und der russische Präsident Wladimir Putin am 5. Juni in Wien
Die Teilnahme Putin an der Hochzeit gilt als Arbeitsbesuch. Das bestätigte ein Sprecher des Außenministeriums am Donnerstag der APA. Es gebe „die übliche Sicherheitsbetreuung für den Besuch eines ausländischen Staatsgastes“, sagte er auf die Frage, wer die Kosten für die Sicherheitsvorkehrungen trage.
Treffen mit Kurz wahrscheinlich
Um die Sicherheit Putins zu gewährleisten, werden Hunderte Polizisten in der Südsteiermark im Einsatz sein. „Die russische Seite zahlt sich ihre Kosten selbst“, fügte der Sprecher hinzu. Kneissl übernehme die Kosten für die Hochzeitsfeier, „einschließlich der Kosten für die private Sicherheitsfirma“ - mehr dazu in steiermark.ORF.at.
Die Kosten für den Einsatz der Polizisten übernimmt der österreichische Staat. Was dieser Sicherheitseinsatz kosten wird, konnte Fritz Grundnig, Sprecher der Landespolizeidirektion Steiermark, noch nicht beziffern. Das sei erst nach dem Einsatz möglich und hänge von den tatsächlichen Personalkosten, Fahrtkosten und Überstunden ab - mehr dazu in steiermark.ORF.at.
Während Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zu den Hochzeitsgästen Kneissls zählt und ein Treffen mit Putin wahrscheinlich scheint, wird der Kreml-Chef seinen eigentlichen österreichischen Amtskollegen, Bundespräsident Alexander Van der Bellen, nicht treffen. „Der Bundespräsident wird nicht an der Hochzeit teilnehmen“, bestätigte der Sprecher des Bundespräsidenten auf APA-Anfrage.
Mangott: FPÖ und Putin profitieren
Der ungewöhnliche Besuch Putins bei der Hochzeit hinterlässt nach Einschätzung von Experten einen erheblichen politischen Flurschaden. „Für Österreich ist das nachteilig. Der Besuch schürt das Misstrauen, dass das Land ein trojanisches Pferd Russlands in der EU ist“, sagte der Russland-Experte der Universität Innsbruck, Gerhard Mangott, der dpa.
Erste Reaktionen in der Ukraine zeigten, dass Österreich als EU-Ratsvorsitzland seine Rolle als Vermittler im Ukraine-Konflikt deutlich beschädigt habe. Von dem Besuch profitiere nur die russlandnahe FPÖ. „Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache erfährt eine deutliche Aufwertung“, so Mangott. Kneissls Einladung an Putin sei nach diplomatischen Gepflogenheiten äußerst befremdend. „Das war wirklich kühn“, so Mangott. Für Putin sei die Geste aber eine Gelegenheit zu demonstrieren, dass er nicht isoliert sei, sondern in einem EU-Land auch gesellschaftlich hochwillkommen - tirol.ORF.at.
Ukraine: Schlag gegen europäische Werte"
Die Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses im ukrainischen Parlament, Hanna Hopko, hatte zuvor scharfe Kritik an der Hochzeitseinladung für Putin geübt. „Von nun an kann Österreich kein Vermittler in der Ukraine mehr sein“, schrieb Hopko auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Die Anwesenheit Putins bei der Hochzeit der österreichischen Außenministerin bezeichnete sie als „deutlichen Schlag gegen europäische Werte“.
Obwohl Hochzeiten eine private Angelegenheit seien, verstehe es sich von selbst, dass man mit dieser Hochzeiteinladung Putins nicht mehr neutral sein könne, begründete Hopko auf Twitter in englischer Sprache. Sie verlinkte ihre Wortmeldung mit den Twitter-Accounts von Bundeskanzler Kurz und der österreichischen Botschaft in Kiew. In einer ausführlicheren Wortmeldung in ukrainischer Sprache auf Facebook bezeichnete die aus der Westukraine stammende Politikerin die Anwesenheit Putins bei der Hochzeit zudem als „deutlichen Schlag gegen europäische Werte“.
Kritik an Besuch von Putin bei Kneissl-Hochzeit
Am Samstag heiratet FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl in der Steiermark. Auch Russlands Präsident Wladimir Putin kommt kurzfristig zur Hochzeit. Das sorgt für Kritik.
„Putin müsste auf Anklagebank sitzen“
Hopko verwies auf „hungerstreikende und vom Tod bedrohte politische Gefangene des Kreml“ wie Oleg Senzow und Wladimir Baluch, auf Folter gegen Ukrainer in den „okkupierten Gebieten“ sowie täglichen Beschuss in der Ostukraine, die sie in Zusammenhang mit der Nichteinhaltung von Vereinbarungen durch Putin sowie einen fehlenden Waffenstillstand sah. Der russische Präsident müsse dafür ebenso wie für den Abschuss von Flug MH17 über der Ostukraine sowie für Verbrechen im syrischen Aleppo und im britischen Salisbury auf der Anklagebank sitzen, schloss die ukrainische Parlamentarierin.
Kopfschütteln von Karas
ÖVP-Europaabgeordneter Othmar Karas sieht die Teilnahme Putins an der Hochzeit kritisch. „Mir ist die Logik und die Absicht, ein so persönliches Fest auf diese Art und Weise politisch zu inszenieren und missbrauchbar zu machen, verschlossen“, sagte er der „Tiroler Tageszeitung“ (Freitag-Ausgabe). „Für mich bleibt eine Hochzeit ein zutiefst persönliches und privates Ereignis mit den engsten Freunden, sodass ich beiden alles Gute wünsche“, so Karas weiter.
Reimon fordert Kneissl-Rücktritt
Der grüne EU-Abgeordnete Reimon forderte den Rücktritt von Kneissl. „Ein Despot ist nie privat“, teilte Reimon der APA am Donnerstag mit. Schwarz-Blau werde „als verlängerter Arm des russischen Regimes in der Europäischen Union wahrgenommen und verspielt die gute Reputation des Landes“.
„Außenministerin Kneissl trägt dafür die Verantwortung und sollte, um diesen Schaden von Österreich abzuwenden, sofort zurücktreten. Tut sie das nicht freiwillig, sollte Bundeskanzler Kurz sie dem Bundespräsidenten (Alexander Van der Bellen, Anm.) noch heute zur Entlassung vorschlagen“, forderte Reimon.
„Aggressivster Gegner der EU“
Der EU-Abgeordnete wies darauf hin, dass Kneissl die Außenministerin des aktuellen EU-Ratsvorsitzlandes sei und die Europäische Union wegen Putins Aggressionspolitik in der Ukraine Sanktionen verhängt habe. Weiters nannte er die Unterstützung des russischen Präsidenten für den syrischen „Massenmörder“ Baschar al-Assad, den Giftanschlag in Großbritannien, die Manipulation der US-Wahlen sowie die Beeinflussung der „Brexit“-Abstimmung durch „russische Propaganda-Medien“. „Wladimir Putin ist der aggressivste außenpolitische Gegner der EU. Da ist es vollkommen inakzeptabel von Kneissl, Putin privat auf ein Fest einzuladen“, unterstrich Reimon.
Liste Pilz: Denkbar schiefe Optik
Die Liste Pilz übte scharfe Kritik an der Darstellung des Außenministeriums. „Das wäre wohl die erste Hochzeit, auf der die Braut arbeiten müsste“, so Klubobmann Bruno Rossmann am Donnerstag gegenüber der APA. „Wenn ein Kleinunternehmen private Anschaffungen in der Steuererklärung als Betriebsausgaben angibt, grenzt das an Steuerhinterziehung. Für die Regierung gelten aber offenbar andere Regeln“, so der Oppositionspolitiker, der auch die „denkbar schiefe Optik“ des Putin-Besuchs kritisiert. „Wie soll Österreich auf der außenpolitischen Bühne als Vermittler wahrgenommen werden, wenn ein offensichtliches Naheverhältnis zwischen dem russischen Präsidenten und der österreichischen Außenministerin herrscht?“
Heimo Lepuschitz, Leiter der FPÖ-Regierungskommunikation, applaudierte der Außenministerin hingegen auf Twitter wegen der Einladung. „Österreich als Brückenbauer in bester Tradition Bruno Kreiskys“, kommentierte er den Besuch. „Bravo @Karin_Kneissl.“
Russische Kommentare gespalten
Russische Kommentatoren sehen den geplanten Besuch als unerwartetes Ereignis. Kneissl selbst wird dabei sowohl als mutige Kämpferin gegen eine Kampagne zur Dämonisierung Putins als auch als Gesinnungsgenossin der einstigen Gegner der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg dargestellt. Wladimir Below vom Europainstitut der Russischen Akademie der Wissenschaften schreibt in der unabhängigen Wirtschaftszeitung „RBK“ von einer „freundlichen Geste“, die in „anderen EU-Staaten“ jedoch „negativ aufgenommen“ werde.
Das kremlnahe Onlinemedium Wsgljad schreibt: „Wahrscheinlich kennen einander Putin und Kneissl erst seit dem offiziellen Österreich-Besuch unseres Präsidenten vor einigen Monaten.“ Putin sei Gast bei der Hochzeit „einer Frau, die sich nicht nur der atlantischen Politik, sondern auch jener Kampagne zur Dämonisierung Putins entgegenstellt“. Das oppositionelle russische Onlinemedium Grani.ru bezeichnet den Besuch Putins als „Zeichen, dass Putin sein Herz ausgerechnet europäischen Rechtsaußenpolitikern verschrieben hat, jenen, gegen deren Gesinnungsgenossen (im Zweiten Weltkrieg, Anm.) die ‚Großväter‘ Krieg führten“, so der Kiewer Publizist Witali Portnikow.
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