„Struktur-, nicht Gesundheitsreform“
Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) hat am Montag das neue Reformkonzept die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) präsentiert. Laut dem Konzept soll die Versicherung erhalten bleiben.
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Es sollen auch keine Unfallspitäler oder Rehaeinrichtungen geschlossen werden. Kündigungen aus betriebsbedingten Gründen sind ebenso wenig vorgesehen wie Personalkürzungen bei Ärzten und Ärztinnen sowie Pflegerinnen und Pflegern. Das Leistungsangebot bleibe in vollem Umfang bestehen, hieß es bei der Pressekonferenz, die Hartinger-Klein zusammen mit AUVA-Obmann Anton Ofner und ÖVP-Klubchef August Wöginger abhielt.

APA/Roland Schlager
AUVA-Obmann Anton Ofner, Gesundheits- und Sozialministerin Beate Hartinger-Klein und ÖVP-Klubchef August Wöginger (v. l. n. r.)
Gespart soll werden soll laut Konzept vor allem in der Verwaltung. Hartinger-Klein betonte, es handle sich um eine Struktur-, nicht aber um eine Gesundheitsreform.
„Herausforderndes Sparziel“
Ofner sprach von einem „herausfordernden“ Sparziel der Regierung. „Bei einem Gesamtbudget von 1,4 Milliarden, wovon rund 600 Millionen an Rentenleistungen gebunden sind, können Sie sich vorstellen, dass es hier vieler Mühen bedurfte, um eine Lösung zu finden“, so Ofner. Insgesamt sollen über die nächsten Jahre 430 Millionen Euro eingespart werden - ursprünglich geplant waren 500 Millionen Euro bis Ende der Legislaturperiode 2022. Die Regierung geht davon aus, dass mit der Zusammenlegung der derzeit 21 Sozialversicherungsträger auf künftig fünf (inklusive AUVA) bis Ende 2023 insgesamt eine Milliarde Euro einzusparen ist.

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/AUVA
Einsparungen in Verwaltung
Im Bereich Verwaltung sollen ab 2019 rund 100 Millionen Euro gespart werden, weil dann der Unfallversicherungsbeitrag von 1,3 auf 1,2 Prozent gesenkt wird. Die weitere Senkung auf 0,8 Prozent erfolgt später. Die Senkung der Verwaltungskosten soll erreicht werden, indem von den gut 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung 300 in den kommenden sechs Jahren nicht nachbesetzt werden. Zu einer schlankeren Verwaltung sollen auch ein gemeinsamer Einkauf, eine einheitliche IT und ein gemeinsames Personalmanagement beitragen.
Durch das Eingehen von Kooperationen sollen zusätzliche 35 Millionen eingespart werden. Die restlichen 295 Mio. Euro sollen aus Querfinanzierungen von versicherungsfremden Leistungen, die die AUVA derzeit erbringt, und damit durch Verschiebung zu anderen Trägern kommen.
Bei diesen geht es einerseits um die Entgeltfortzahlungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Klein- und Mittelbetreiben bis 50 Mitarbeiter und anderseits um die zu hohen Zahlungen für in anderen Spitälern behandelte Arbeitsunfälle sowie um die zu gering vergüteten Freizeitunfälle in AUVA-Häusern. Dafür sollen gesetzliche Maßnahmen dann beschlossen werden, wenn die aus den neun Gebietskrankenkassen zusammenzulegende Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) zu den Einsparungen dafür in der Lage ist.
Keine Privatisierung geplant
Laut der Presseunterlage ist zwar keine Privatisierung der AUVA geplant, allerdings soll es eine österreichweite Betriebs-GmbH unter einem Dach mit einem zentralen Trägermodell geben. Diese soll eine 100-prozentige Tochter der AUVA sein. Alle Unfallkrankenhäuser sollen - wie bereits die Rehazentren - gleich geführt und organisiert werden.
Das Papier muss am 21. August vom AUVA-Vorstand beschlossen werden. Ofner kündige an, dem Vorstand zu empfehlen, das Paket anzunehmen, und zeigte sich zuversichtlich, dass sich dieser seiner Empfehlung anschließen wird.
Reformpläne präsentiert: AUVA bleibt bestehen
Sozialministerin Hartinger-Klein präsentierte gemeinsam mit ÖVP-Klubchef Wöginger und AUVA-Obmann Ofner die Reformpläne. Insgesamt sollen 430 Millionen Euro eingespart werden.
Opposition übt Kritik an Plänen
Heftige Kritik an den Reformplänen kam von der Opposition. NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker etwa meinte, dass von der „breitspurig angekündigten“ Reform der AUVA nur wenig Konkretes übrig bleibe. „Letztlich sollen die Kosten von der AUVA nur zu den Krankenkassen verschoben werden, das ändert die Bilanzzahlen der Unfallversicherung, gespart wird damit aber nichts. Das Geld wandert einfach von der linken in die rechte Tasche“, so Loacker.
Auch SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher kritisierte das Vorhaben. Opfer würden letztlich die Patientinnen und Patienten sein, die „mit Leistungskürzungen das Abgabenzuckerl finanzieren“. Die Liste Pilz (LP) forderte indes mehr Mitspracherechte der Versicherten und damit auch mehr Kontrolle bei der Verwendung der Gelder.
Versorgung der Versicherten „nicht mehr möglich“
Der AUVA würden Gelder entzogen, kritisierte Ingrid Reischl, Obfrau der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK). Zudem verberge sich hinter den Einsparungen eine Entlastung der Unternehmen auf Kosten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Denn den Gebietskrankenkassen werden jährlich zumindest rund 150 Millionen Euro zusätzlich aufgebürdet. Dadurch laufe man nun Gefahr, dass die Versorgung der Versicherten im derzeitigen Umfang nicht mehr möglich ist, so Reischl.
Rainer Wimmer, Vorsitzender der Sozialdemokratischen GewerkschafterInnen (FSG) im ÖGB, befürchtet eine schleichende Demontage der AUVA. Der eigentliche Gewinner sei die Industrie, die von der Senkung des Unfallversicherungsbeitrages profitiere, so Wimmer. Ähnlich sieht das die Arbeiterkammer (AK). AK-Expertinnen und -Experten sehen in dem Vorschlag keine Reform, sondern ein Verschieben der Kosten von den großen Unternehmen hin zu den mittleren und kleinen und den Steuerzahlerinnen und -zahlern.
„Geschenk von Kurz an Konzerne“
„Das ist ein Geschenk von ÖVP-Kanzler (Sebastian, Anm.) Kurz an die Konzerne, das er sich von den ArbeitnehmerInnen, PensionistInnen und KMUs zahlen lässt“, so Josef Muchitsch. Der SPÖ-Sozialsprecher warnte, dass die halbe Milliarde Euro jährlich zum Schluss mit Leistungskürzungen in der Krankenversicherung bezahlt werde.
Lob gab es hingegen von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung wie auch vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger. Hauptverbandschef Alexander Biach mahnte allerdings, dass die Reform nicht zulasten anderer Systempartner gehen dürfe.
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