Weniger Studien in Auftrag gegeben
Die aktuelle und die vorige Regierung haben in den vergangenen zwölf Monaten Studien für zumindest 9,7 Mio. Euro in Auftrag gegeben, weitere 632.000 Euro sind geplant. Das ergab eine Anfrageserie von NEOS. Studien im Wert von 1,3 bis 6,3 Mio. Euro könnten laut einer Auswertung der APA aber nicht veröffentlicht werden.
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Insgesamt führen die Ministerien (das Familienressort ist noch ausständig) 193 bereits in Auftrag gegebene oder geplante Studien im abgefragten Zeitraum August 2017 bis Juli 2018 an, wobei nach Angaben der Ressorts 67 entweder zumindest teilweise veröffentlicht wurden oder veröffentlicht werden sollen. In Summe sind diese Studien 3,9 Mio. Euro wert - also mehr als ein Drittel der gesamten Auftragssumme.
46 Studien bleiben sicher unter Verschluss
Bei weiteren 46 Studien im Wert von 1,3 Mio. Euro lehnen die Ministerien eine Veröffentlichung von vornherein ab, darunter auch jene des Sozialministeriums zur „Aktion 20.000“. Dazu hieß es am Mittwoch aus dem Ministerium, dass die von Ex-Minister Alois Stöger (SPÖ) in Auftrag gegebene Studie über das mittlerweile ausgesetzte Pilotprojekt zur Förderung älterer Langzeitarbeitsloser noch nicht fertig sei.

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA
Beim Großteil der Studien ist allerdings unklar, ob und wenn ja wo sie veröffentlicht werden sollen, weil die Ministerien entweder keine oder unklare Angaben machen. Das betrifft 80 Aufträge im Wert von fast fünf Mio. Euro. Damit könnten Studien im Wert von bis zu 6,3 Mio. Euro unter Verschluss bleiben.
Verteidigungsministerium pocht auf Sicherheit
Verteidigungs- und Finanzministerium (14 Studien für 240.000 Euro) gaben laut Auswertung keine direkte Antwort auf die Frage, ob sie ihre Studien veröffentlichen werden. Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) gab nur pauschal an, dass „in der Regel“ die jeweilige Forschungseinrichtung veröffentliche.
Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) meinte, „ein Großteil“ erscheine in Fachpublikationen, was die militärische Sicherheit betreffe, bleibe unter Verschluss. Das Verteidigungsministerium ist den Zahlen zufolge mit einer Summe von 3,6 Mio. Euro für 37 Studien der größte Auftraggeber, knapp gefolgt vom Sozialministerium mit 39 Studien für 3,2 Mio. Euro.
Tatsächlich listet Kunasek auch eine Reihe sicherheitsrelevanter Studien auf (z. B. über Anmeldesysteme für Windows- und Linux-Rechner und Verschlüsselungstechnik). Auf der Liste stehen auch unverfänglichere Themen wie „Bekleidungsmanagement“, ein 800.000-Euro-Auftrag für sozialwissenschaftliche Forschungen zu „Demokratie und Sicherheitspolitik“ sowie eine Konzeptstudie für ein kerosinbetriebenes Motorrad.
Datenschutz für Wissenschaftsministerium wichtiger
Das Wissenschaftsministerium nannte als Begründung für die Geheimhaltung von Studien zur Forschungsinfrastruktur der Universitäten „datenschutzrechtliche Erwägungen“. Kanzleramt mit Studien im Wert von 61.000 Euro und Innenministerium mit 116.000 Euro Auftragsvolumen wollen keine ihrer Studien veröffentlichen, darunter eine Evaluierung eines Extremismus-Ausstiegsprogramms und eine Umfrage zum EU-Ratsvorsitz. Die Unterlagen seien „für den internen Gebrauch“.
Teilweise wurden die Studien noch von der SPÖ-ÖVP-Regierung in Auftrag gegeben. Die Zuständigkeit für die Veröffentlichung liegt freilich bei den aktuellen Ministerinnen und Ministern, wobei laut Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal keine generelle Richtlinie für die Veröffentlichung von Auftragsstudien existiert. „Die Entscheidung über die Veröffentlichung liegt in der Verantwortung des jeweiligen Ressorts“, hieß es dazu auf APA-Anfrage in seinem Büro. Nachsatz: „Dass etwas nicht veröffentlicht wird, bedeutet nicht, dass es nicht in die Arbeit einfließt.“
NEOS fordert Informationsfreiheitsgesetz
NEOS-Vizeklubchef Nikolaus Scherak, der die Anfrageserie durchgeführt hatte, kritisierte die Geheimhaltung der Studien. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Studien nicht veröffentlicht werden, auch wenn es an sich positiv sei, dass externe Expertinnen und Experten für eine evidenzbasierte Politik herangezogen werden, sagte er gegenüber Ö1 - Audio dazu in oe1.ORF.at.
Dass man diese Ergebnisse allerdings der Bevölkerung nicht zur Verfügung stelle, sei nicht akzeptabel, so Scherak, die Regierung bleibe wie schon beim Amtsgeheimnis der Instransparenz treu. Er forderte ein „modernes Informationsfreiheitsgesetz“, über das auch schon der nunmehrige Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vor Jahren gesprochen habe. Positiv merkte Scherak an, dass weniger Geld in Studien investiert wurde als in den Jahren davor.
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