Weiterer Eskalationsschritt
Keine Entspannung gibt es im Streit über den in der Türkei inhaftierten US-Pastor Andrew Brunson. Gespräche zwischen den USA und der Türkei lieferten bisher keine Annäherung. Am Wochenende hatte Präsident Recep Tayyip Erdogan ankündigt, Vermögen der US-Minister für Justiz und Inneres einzufrieren, sofern sie Geld in der Türkei angelegt hätten - ein ungewöhnlicher Schritt zwischen NATO-Partnern.
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Erdogan erklärte auf einer Veranstaltung seiner AKP, die Schritte der USA seien für einen strategischen Partner nicht angemessen und respektlos. Das Verhältnis zwischen den USA und der Türkei gilt schon länger als angespannt, hat sich zuletzt durch den Streit über die Freilassung Brunsons aber deutlich verschärft.

APA/AFP
Erdogan am Samstag bei einer Veranstaltung der AKP vor Anhängern
Am Mittwoch hatten die USA ihrerseits die türkischen Minister für Justiz und Inneres auf die Sanktionsliste gesetzt. Beide hätten „führende Rollen“ bei der Inhaftierung und Festnahme von Pastor Brunson gespielt, hieß es. Die Türkei hatte gegen die Entscheidung heftig protestiert.
Die türkische Justiz wirft Brunson vor, Kontakte zu dem in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen unterhalten zu haben, in dem die Türkei den Drahtzieher des Putschversuchs von 2016 sieht. Seit dem gescheiterten Militärputsch von Juli 2016 dringt die Türkei auf die Auslieferung Gülens. Bisher haben die USA aber keine rechtlichen Schritte gegen Gülen unternommen, der seit 1999 in Pennsylvania lebt - sehr zur Empörung der Türkei. Laut Washington hat die Türkei keine gerichtsfesten Beweise für die Schuld Gülens vorgelegt.
Zahlreiche Streitpunkte
Es ist nicht der einzige Streitpunkt zwischen den USA und der Türkei: Die Türkei ist auch über die US-Hilfe für die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) in Nordsyrien verärgert, die Ankara wegen ihrer engen Verbindungen zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) als Bedrohung ansieht. Trotz des Drängens der Türkei halten die USA an der Militärhilfe für die YPG als Partner im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) fest.
Die USA wiederum pochen neben der Freilassung von Brunson auch auf die Freilassung weiterer US-Bürger in der Türkei wie des NASA-Wissenschaftlers Serkan Gölge und mehrerer Ortskräfte der US-Botschaft. Nach der Festnahme eines türkischen Mitarbeiters des Istanbuler US-Konsulats im Oktober vergangenen Jahres setzten die USA die Visavergabe aus, woraufhin die Türkei ihrerseits die Visavergabe aussetzte. Erst Ende Dezember konnte dieser Streit beigelegt werden.
USA stoppen F35-Auslieferung
Alarmiert sind die USA auch über Pläne der Türkei zum Kauf von russischen Flugabwehrraketen vom Typ S400. Washington fürchtet eine Hinwendung des NATO-Partners an Russland und dass Moskau so womöglich Informationen über NATO-Flugbewegungen erhält. Ankara begründete die Entscheidung damit, dass die USA ihr keine Patriot-Raketen verkaufen wollten.
Wegen des Streits um die S400-Raketen und des Brunson-Prozesses hat der US-Kongress diese Woche auch die Lieferung von F35-Kampfflugzeugen an die Türkei für 90 Tage ausgesetzt. Ankara zeigte sich darüber empört, da die Türkei seit Jahrzehnten an dem Programm zur Entwicklung des Kampfjets beteiligt ist.
Außenminister versuchten Beilegung
Trotz aller Spannungen hatten sich US-Außenminister Mike Pompeo und sein türkischer Kollege Mevlüt Cavusoglu am Rande eines Treffens regionaler Minister in Singapur um eine Beilegung des Streits bemüht. Cavusoglu und US-Außenamtssprecherin Heather Nauert bezeichneten das Gespräch der beiden als konstruktiv. Allerdings zeigte sich in den Stellungnahmen der beiden weiter Schärfe.
Die Sanktionen seien „eine Demonstration, dass wir es sehr ernst meinen“, sagte Pompeo vor dem Treffen. Er zeigte sich zuversichtlich, dass Brunson demnächst freikommt. Cavusoglu warnte Pompeo vor „Drohungen und Sanktionen“. „Wir haben von Anbeginn gesagt, dass die drohende Sprache und Sanktionen der anderen Seite kein Ergebnis zeigen werden. Wir wiederholen das heute“, sagte Cavusoglu nach dem Treffen.
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