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Kostenersatz für 80.000 Menschen

Die Hauptverband der Sozialversicherungsträger (HVB) will Psychotherapie auf Krankenschein bis Ende 2019 ausweiten. Ein entsprechendes Konzept wurde am Dienstag vorgestellt. Einen Strich durch die Rechnung machen könnte die von der Regierung beschlossene „Ausgabenbremse“ für die Krankenkassen - HVB-Chef Alexander Biach zeigte sich trotzdem relativ optimistisch.

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Zur Frage, ob die „Ausgabenbremse“ den Plan vereiteln könnte, sagte Biach bei einer Pressekonferenz mit dem Österreichischen Bundesverband für Psychotherapie (ÖBVP): „Das ist eine gute Frage. Es gibt den Grundsatzbeschluss durch die Trägerkonferenz. Jetzt muss jeder einzelne Träger in seinem Bereich entscheiden.“ Da werde sich die Frage der „Ausgabenbremse“ dann bei den Sozialversicherungen bezüglich der Psychotherapie stellen. „Ich bin da optimistisch. (...) Es sind keine Arzthonorare und keine Bauvorhaben“, betonte Biach.

250.000 Menschen benötigen Psychotherapie

„Jeder zweite Mensch in Österreich ist in seinem Leben zumindest einmal mit einer psychischen Störung konfrontiert. Etwa 250.000 Menschen benötigen pro Jahr eine entsprechende Behandlung“, sagte Biach. In Zukunft sollten deshalb deutlich mehr Menschen Psychotherapie auf Kassenkosten erhalten. „Derzeit erhalten rund 70.000 Menschen Psychotherapie im Rahmen des Sachleistungsprinzips (volle Bezahlung durch die Krankenkassen, Anm.). Wir wollen diese Zahl bis Ende 2019 auf rund 80.000 steigern.“

Gebäude des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger

APA/Herbert Pfarrhofer

HVB-Zentrale in Wien: Erstmals seit fast 30 Jahren soll der Kostenzuschuss für Therapiestunden angehoben werden

Zusätzlich soll mit September dieses Jahres der Kostenzuschuss für Therapiestunden erstmals seit 27 Jahren von den derzeit 21,80 Euro auf 28 Euro angehoben werden. Bei Kosten von in Wien zwischen 60 und 70 Euro an der unteren Grenze und von 100 bis 120 Euro am oberen Ende der Bandbreite (in den westlichen Bundesländern werden höhere Honorare gefordert) pro Therapieeinheit könne man - so Biach - bis an 50 Prozent der Gesamtkosten herankommen.

Psychotherapie auf Krankenschein

Die Sozialversicherung erweitert das Angebot an Psychotherapie. Mehr Menschen sollen künftig eine Therapie auf Krankenschein bekommen, und der Kostenzuschuss soll erhöht werden.

Mit schließlich rund 80.000 Patientinnen und Patienten in Psychotherapie bei vollständigem Kostenersatz, rund 65.000 unter Therapie mit Zuschussregelung sowie 90.000 Betroffenen in Kurzversorgung (Ambulanzen, stationär) wolle man „bis 2020“ den Bedarf von 250.000 Patienten schließlich deutlich besser abdecken.

ÖBVP-Präsident: „Erster Schritt“

Die Pläne des HVB waren mit dem ÖBVP ausverhandelt worden. Der Präsident des Verbandes, Peter Stippl, sagte: „Wir begrüßen den Schritt der Erhöhung der Zuzahlung.“ Aber auch die Erhöhung auf 28 Euro könne nur ein erster Schritt nach 27 Jahren sein. Gemeinsam mit dem Hauptverband wolle man auch an einheitlichen und optimierten Regelungen für den Zugang der Hilfesuchenden zu Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten arbeiten. Die bei der Pressekonferenz in Wien ebenfalls anwesende Gesundheitssprecherin der ÖVP, Gabriela Schwarz, sprach sich für ein eigenes „Psychotherapiegesetz“ aus, die Ausbildung sollte akademisiert werden.

Kein Kommentar zur „Ausgabenbremse“

Schwarz machte trotz mehrfacher Nachfragen von Journalistinnen und Journalisten zum Thema „Ausgabenbremse“ und deren Auswirkungen auf die Pläne des HVB keine Angaben. Unter dem Dictum „Dazu ist alles gesagt“ blieb eine Antwort von ihr ausständig.

Auch die Angriffe der FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch vom Montag, wonach Biach „keine Gelegenheit“ auslasse, „notwendige Reformvorhaben der Regierung zu torpedieren“ wollte die ÖVP-Politikerin nicht kommentieren. Als ehemalige Journalistin mit 37 Jahren Berufserfahrung werde sie einem „Koalitionspartner nichts über die Medien“ ausrichten. HVB-Chef Biach wiederum betonte die Notwendigkeit weiterer Reformmaßnahmen für die Sozialversicherten: „Mir geht es um die Sacharbeit (...). Die Menschen wollen Antworten haben.“

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