Defizit oder doch Überschuss?
Mit der US-Drohung, weitere Importe aus China im Handelsumfang von 200 Milliarden Dollar mit höheren Zöllen zu belegen, steht eine Eskalation des Handelsstreits im Raum. US-Präsident Donald Trump stört sich an dem Handelsbilanzdefizit der USA gegenüber China. Wie groß dieses aber tatsächlich ausfällt, ist eine Frage der Betrachtung.
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China ist für die USA der wichtigste Handelspartner, genauso wie andersrum. Das gesamte bilaterale Handelsvolumen mit Waren belief sich im vergangenen Jahr auf 636 Milliarden Dollar. Damit entfällt jeder sechste Dollar im US-amerikanischen Handelsgeschäft mit anderen Ländern auf China.

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/BBC/Weltbank
Dabei ergab sich für die USA 2017 allerdings ein riesiges Defizit. Die Warenexporte der USA blieben mit rund 130 Milliarden Dollar sehr deutlich hinter den Importen aus der Volksrepublik von gut 505 Milliarden Dollar zurück - per Saldo ein Minus von 375 Milliarden. Bezieht man Dienstleistungen ein, ergibt sich immer noch ein US-Defizit gegenüber China von 335,7 Milliarden Dollar.
Produktionsort berücksichtigt
Wie die „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“) Anfang August ausführte, schrumpft das Defizit allerdings zusammen, wenn man noch weitere Faktoren in Betracht zieht. Die Zeitung verwies dafür auf die Ökonomen Zhiwei Zhang und Yi Xiong von der Deutschen Bank in New York. Sie hatten sich die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern für das Jahr 2015 genauer angesehen.
Die Ökonomen berücksichtigten etwa, dass chinesische Firmen fast alle Waren, die sie in den USA verkauften, zuvor in China produziert hatten. Viele US-Unternehmen haben ihre Produktion hingegen bereits nach China ausgelagert. Firmen im Besitz von US-amerikanischen Konzernen beschäftigten 2015 in China rund 1,7 Millionen Menschen. Die Beschäftigtenzahl von chinesischen Firmen in den USA belief sich dagegen nur auf 43.800 Personen.
Viele Waren, die von China aus in die USA exportiert werden, kommen ebenso gar nicht von chinesischen Herstellern, sondern von internationalen Unternehmen, die ebenfalls nur in China produzieren lassen. Rechne man diese Faktoren ein, schrumpfe das Defizit auf 30 Milliarden Dollar zusammen, so die „SZ“.
Vermutlich bereits ein US-Handelsplus
Zhiwei und Yi gehen überdies davon aus, dass sich das Defizit in den vergangenen Jahren bereits in ein Handelsplus verwandelt hat. Sie machen dafür den wachsenden Wohlstand in China verantwortlich. Chinesische Bürgerinnen und Bürger könnten sich - Stichwort Apple - zunehmend teurere US-Produkte leisten, die in China produziert wurden. Laut den Ökonomen wird sich die Entwicklung noch beschleunigen: Der Absatz amerikanischer Firmen wächst doppelt so schnell wie der Export chinesischer Waren in die USA.
Bei den US-Importen aus China dominieren Konsumgüter. Importe von Autos und Autoteilen spielen keine entscheidende Rolle. Das gilt auch für die Exportseite der USA. Hier geht es vor allem um Anlagen, Industrieprodukte, langlebige Gebrauchsgüter sowie Reise- und Dienstleistungen.
China kauft US-Staatsanleihen
Einen erheblichen Anteil der Einnahmen aus dem Handel mit den USA verwendet China darauf, amerikanische Staatsanleihen zu kaufen. Damit finanziert die Volksrepublik einen großen Teil des Konsums in den Vereinigten Staaten. Zuletzt entfielen rund ein Drittel der chinesischen Fremdwährungsanlagen von über drei Billionen Dollar auf die USA. Die Chinesen sind mit einem Bestand von 1,144 Billionen Dollar der größte Gläubiger der Vereinigten Staaten, knapp vor Japan.
Die Direktinvestitionen von US-amerikanischen Firmen in China summierten sich zuletzt auf knapp 108 Milliarden Dollar und stiegen damit um zehn Prozent an. Andersrum sind es knapp 40 Milliarden Dollar.
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