Kaputte Staubsauger, ungebrauchte Leitern
Die unlängst zu einem Rekordpreis übersiedelte US-Botschaft in London trennt sich von altem Inventar. Mittels Onlineversteigerung wird versucht, selbst aus Toilettenpapier, kaputten Staubsaugern und zerkratzten Kameras noch Geld zu machen. Was merkwürdig klingt, ist durchaus üblich - auch in Österreich.
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Anfang des Jahres wurde die US-Botschaft in London aus dem denkmalgeschützten Gebäude am historischen Grosvenor Square im Herzen der Stadt, wo sie mehr als zwei Jahrhunderte beheimatet war, umgesiedelt. Die bezogene Immobilie im neu geschaffenen Bezirk Nine Elms im Süden der Stadt war die teuerste, die je für eine US-Botschaft errichtet wurde - eine Milliarde Dollar (850 Millionen Euro) musste Washington berappen. Sehr zum Leidwesen von Präsident Donald Trump: Er nannte die neue Umgebung „schauderhaft“ und weigerte sich, an der offiziellen Einweihungszeremonie im Februar teilzunehmen.

APA/AFP/Daniel Sorabji
Die ehemalige US-Botschaft am Grosvenor Square wird derzeit in ein Luxushotel mit 137 Zimmern umgewandelt
Seltsamkeiten im Sortiment
Angesichts der enormen Kosten des Unterfangens sorgt eine derzeit laufende Onlineauktion der US-Botschaft für Verwunderung. Diese scheint eher unter dem Motto „Jeder Groschen zählt“ zu stehen. Seit 30. Juli bis zum Nachmittag des 8. August kommen teils niedrigpreisige Gegenstände zur Versteigerung, die mit der Umsiedlung in London nicht mehr benötigt werden.
Die Objekte sind wild zusammengewürfelt: 1.200 Rollen Toilettenpapier - Ausrufpreis 100 Pfund (112 Euro), derzeitiges Gebot 150 - , 756 Rollen Papierhandtücher, fünf kaputte Dyson-Staubsauger, mehrere abgewetzte Couchtische, eine Bosch-Kreissäge, mehrere Stehlampen ohne Schirm bzw. ohne Stromkabel, zerkratzte Kameras, deren Funktionsfähigkeit nicht sichergestellt ist, 22 stapelbare Plastikstühle, ein defekter Kopierer sowie neun Fahrzeuge, darunter ein Volvo S60 mit einer stark verbeulten Frontpartie.

AP/Matt Dunham
Eine Milliarde Dollar verschlang das neue Gebäude im neuen Londoner Stadtteil Nine Elms
Auktionen auch anderswo
Einem Bericht des „Guardian“ zufolge sind solche Auktionen von überschüssigem Besitz aus US-Botschaften allerdings Routine. Das State Department listet alle derzeit laufenden und demnächst startenden Onlineversteigerungen auf - acht sind es insgesamt. Auch hier finden sich seltsame Dinge: Aus Jerewan, Armenien, lassen sich mehrere Teppiche „mit Flecken“, Bürostühle (auch „mit Flecken“) und ein kaputter Kühlschrank erwerben. Die Botschaft in Ankara, Türkei, verscherbelt neben kaputten Kühlschränken ganze Möbelkollektionen, die teuerste davon hat einen Ausrufpreis von 1.025 Lira.
Die am Dienstag geschlossene Auktion der US-Botschaft in Tirana, Albanien, hatte vor allem Generatoren im Angebot, Lissabon gibt ab Ende August hauptsächlich Büromöbel zum Verkauf frei - Bilder stehen auf der Website leider nicht zur Verfügung. Belgrad bietet eher wenig: einen Ohrensessel, eine Mikrowelle und sechs unbenutzte Stehleitern. Die Botschaft in Kiew sucht primär Abnehmer für Waschmaschinen, Trockner und Polstermöbel, Stockholms Angebot nimmt sich mit vielen Möbeln aus dunklem Holz und Kronleuchtern vergleichsweise illuster aus.

Screenshot online-auction.state.gov
„Altmaterial an Meistbietende veräußern“
Das Versteigern von Inventargegenständen aus dem Bundesbesitz ist auch in Österreich üblich, wie es auf Anfrage von ORF.at aus dem Außenministerium hieß. In der Bundesvermögensverwaltungsverordnung, Paragraf 27, heißt es: „Inventargegenstände und Vorräte sind unmittelbar nach Feststellung der Unbrauchbarkeit durch die Inventar- oder Vorratsverwalterin oder den Inventar- oder Vorratsverwalter in geeigneter Weise als Altmaterial zu kennzeichnen und zu verwahren. Soweit nicht für einen anderen Zweck verwertbar, ist das Altmaterial an die oder den Meistbietenden zu veräußern oder bei völliger Unbrauchbarkeit unter Kontrolle von zwei Bediensteten zu vernichten.“
Das Botschaftseigentum wird durchgehend inventarisiert, für den Fall, dass aufgelistete Gegenstände und Vorräte abgetreten werden, muss ein internes Formblatt ausgefüllt und von zwei Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern unterschrieben werden. Erfahrung im Versteigern sammelte der Bund vergangenen Herbst im Zuge der Umsiedlung des Parlaments in Wien. Die Auktion erwies sich als durchaus erfolgreich: 98 Prozent der angebotenen Stücke aus dem Mobiliar wurden angebracht, 208.160 Euro eingespielt. Die einstige Regierungsbank erzielte mit 22.000 Euro den höchsten Preis.
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