Themenüberblick

Unglück während Staudammbaus

Nach einem Dammbruch im südostasiatischen Laos werden Hunderte Menschen vermisst, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur von Laos am Dienstag. Viele Tote werden befürchtet. Der Staudamm eines im Bau befindlichen Wasserkraftwerks in der südöstlichen Provinz Attapeu sei am Montagabend (Ortszeit) gebrochen und habe die Umgebung mit fünf Milliarden Kubikmeter Wasser überflutet.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Das Unglück ereignete sich den Angaben zufolge unweit der Grenze zu Kambodscha im Bezirk Sanamxay. Hunderte Häuser wurden durch den Dammbruch einfach weggeschwemmt, mindestens 1.300 Menschen seien auf einen Schlag obdachlos geworden, so die Nachrichtenagentur. Anderen Quellen zufolge sind es sogar 6.600. Zumindest sechs Dörfer seien komplett überflutet. Der Tod von zwei Menschen wurde Dienstagnachmittag vom Regierungsblatt „Vientiane Times“ („VT“) bestätigt.

Menschen flüchteten vor Wassermassen

Vor dem Dammbruch hatte es starke Regenfälle gegeben. Ein Video der Organisation Attapeu Today auf Facebook zeigt, wie Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohner vor dem Wasser flüchten. Einige Menschen schafften es auch noch, sich auf die Dächer ihrer Häuser zu retten.

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Menschen fliehen vor Fluten

Die Bewohner und Bewohnerinnen Dutzender Dörfer versuchten sich und ihr Hab und Gut noch in Sicherheit zu bringen. Für viele dürfte allerdings jede Hilfe zu spät gekommen sein.

Der Staudamm wurde den Angaben zufolge von dem südkoreanischen Energieunternehmen Xe Pien-Xe Namnoy (PNPC) auf einem vulkanischen Plateau gebaut. Der Damm hätte die Flüsse Houay Makchanh, Xe-Namnoy und Xe-Pian in Reservoirs teilen sollen. Auch die thailändische Firma Ratchaburi Electricity General Holding und das laotische Staatsunternehmen Lao Holding State Enterprise seien im Bau involviert gewesen. Der Damm sei „gerissen und das Wasser bewegte sich stromabwärts in Richtung des Flusses Xe-Pian, der ungefähr fünf Kilometer von der Baustelle entfernt fließt“, erklärte Kijja Sripatthangkura von Ratchaburi Electricity gegenüber Reuters. Die „VT“ berichtete indes, der Damm sei gar nicht gebrochen, die Wassermassen hätten vielmehr die Mauern überstiegen.

Kollaps durch schwere Regenfälle?

Der Grundstein für das 1,2 Milliarden Dollar (1,02 Milliarden Euro) teure Bauvorhaben war bereits 2013 gelegt worden. Ab 2019 sollte das Wasserkraftwerk 410 Megawatt Strom produzieren, wie es auf der PNPC-Website heißt. Die Baugesellschaft SK Engineering & Construction erklärte, die schweren Regenfälle hätten den Kollaps ausgelöst. „Wir haben Rettungsteams im Einsatz und wollen Menschen aus Dörfern unterhalb des Dammes retten“, sagte ein Sprecher zu Reuters. Ein Video von ABC Laos zeigt Aufnahmen aus einem Hubschrauber, die das Ausmaß der Zerstörung vermuten lassen. Wie ABC Laos berichtete, waren Einsatzkräfte damit beschäftigt, die Betroffenen des Distrikts in Sicherheit zu bringen. Der Wasserpegel würde stetig steigen.

Premierminister Thongloun Sisoulith habe seine Regierungstreffen verschoben und sei in die betroffene Region gereist, berichtet die BBC. Er würde von Experten und Rettungskräften begleitet. Ein Behördenvertreter in der Hauptstadt Vientiane sagte der Nachrichtenagentur AFP am Telefon, es lägen noch keinerlei offizielle Berichte zu dem Unglück vor. „Wir sammeln Informationen“, fügte er hinzu. Lokale Behörden würden für die Überlebenden Kleidung, Essen, Trinkwasser und Medikamente bereitstellen, heißt es weiter. Die Hilfskräfte baten um Spenden. Papst Franziskus sicherte indes den Opfern seinen geistlichen Beistand zu. Er bete für alle Toten und ermutige Hilfskräfte bei ihren Einsätzen, heißt es in einem Statement aus dem Vatikan.

Laos’ Staudämme in Kritik

Die demokratische Republik Laos ist ein kommunistisches Land, das autoritär regiert wird. Es zählt zu den ärmsten Ländern Südostasiens. Nach Angaben der Weltbank lebt etwa ein Fünftel der Bevölkerung von weniger als zwei Dollar am Tag. Die Regierung will die starken Regenfälle und das hügelige Terrain nutzen, um mehr Energie durch Wasserkraft zu gewinnen. Der meiste Strom wird exportiert, etwa ins Nachbarland Thailand. Derzeit sind etwa zehn Staudämme in Betrieb, zehn bis 20 Wasserkraftwerke befinden sich im Bau, und Dutzende weitere in der Planung, häufig mit Beteiligung oder Unterstützung Chinas.

Umweltschutzorganisationen aber prangern seit Jahren Laos’ Bestrebungen in Sachen Wasserkraft an. Oft seien die Pläne viel zu wenig durchdacht, auf Anrainerinnen und Anrainer würde dabei zu wenig Rücksicht genommen. Massenumsiedlungen seien die Folge. Die lokale Bevölkerung der Gegend ist stark von Flora und Fauna im Mekongdelta abhängig. Außerdem würde das Ökosystem des Flusses Mekong in Mitleidenschaft gezogen, schreibt die Nachrichtenagentur Reuters. In der überfluteten Gegend leben insgesamt etwa 10.000 Menschen in rund 30 Dörfern, die meisten sind Angehörige ethnischer Minderheiten.

Betreiberfirma will Warnbrief verschickt haben

Die NGO International Rivers sagte gegenüber der Nachrichtenagentur, der Unfall zeige die „großen Risiken“, die jene Dammkonstruktionen aufzeigen würden, die „nicht fähig sind, den extremen Wetterbedingungen standzuhalten“. „Unvorhersehbare und extreme Wetterereignisse werden in Laos immer häufiger. Grund ist der Klimawandel", schrieb die Organisation in einem E-Mail an Reuters. Das zeige auch, dass Warnsysteme, wenn es sie überhaupt gebe, ineffizient seien. Die Warnung sei im aktuellen Fall sehr spät gekommen und habe die Sicherheit der Familien nicht mehr gewährleisten können“, kritisiert die NGO.

Denn kurz vor dem Dammbruch soll ein hochrangiger Mitarbeiter der Betreiberfirma angeblich vor einem Einsturz gewarnt haben. Ein an die örtlichen Behörden geschickter Brief, der auch in Sozialen Netzwerken geteilt wurde, soll das belegen. In dem Brief wurde demnach auch zur Evakuierung geraten. Eine Bestätigung der Behörden über die Echtheit dieses Briefes gab es nicht.

Links: