„Therapie statt Strafe“: Keine justizielle Kontrolle vorgesehen
Die therapeutischen Einrichtungen, die im Dienste der Strafjustiz suchtgiftabhängige Straftäter behandeln, unterliegen keiner justiziellen Kontrolle. Das geht aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage von NEOS hervor, die diese an ÖVP-Justizminister Josef Moser gerichtet haben.
„Die jeweiligen Richterinnen und Richter, die ‚Therapie statt Strafe‘ anordnen (...), können nur entscheiden, dass eine bestimmte Therapie absolviert werden muss, nicht jedoch, in welcher Einrichtung“, hält Moser fest. Wie die betreffenden Einrichtungen dabei vorgehen und ob die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden, wird von der Justiz nicht überprüft. „Aus justizieller Sicht ist eine Kontrolle der Einrichtungen nicht möglich und auch nicht vorgesehen“, teilte Moser mit. Es sei aber eine Kontrolle durch das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (BMASGK) vorgeschrieben.
Falsche Drogentests verkauft
Für die therapeutische und medizinische Behandlung Suchtmittelabhängiger - darunter fallen die Kosten für das Maßnahmenpaket „Therapie statt Strafe“, das therapiefähigen und -willigen Straftätern das Gefängnis ersparen kann - hat die Justiz im Jahr 2016 rund 8,41 Millionen Euro aufgewendet.
Im vergangenen Frühjahr wurde bekannt, dass in einer von insgesamt sieben therapeutischen Einrichtungen, mit denen das Justizministerium entsprechende Rahmenverträge abgeschlossen hatte, falsche Drogentests verkauft wurden. Ein im betreffenden Verein tätiger Psychotherapeut hatte zwei Männern gegen Entgelt bescheinigt, „clean“ zu sein, ohne dass die beiden Harnproben abgeben mussten. Der Vertrag mit diesem Verein wurde vom Justizministerium mit Ende Juni gekündigt.
Moser: Gesundheitsministerium zuständig
Probleme soll es allerdings auch mit zumindest einem weiteren Verein geben. Strafrichter berichten in vertraulichen Gesprächen von Häftlingen, die darum ersuchen, nicht in dieser Einrichtung die Therapie absolvieren zu müssen, weil dort angeblich mit Drogen gehandelt wird.
Moser sieht sich dafür nicht zuständig und verweist in seiner Anfragebeantwortung auf die Zuständigkeit des Gesundheitsministeriums, dem „Besichtigungen an Ort und Stelle“ möglich wären, sowie die Suchtkoordinatoren der Länder, die ebenfalls zu unangemeldeten Kontrollen ermächtigt sind. „Bisher wurden keine negativen Ergebnisse bekannt“, stellte Moser fest.
Griss vermisst Kontrolle durch Justiz
„Ich hätte mir erwartet, dass der Justizminister den Hinweisen nachgeht, sich bei den Einrichtungen erkundigt und nicht darauf wartet, bis ihm Fälle zur Kenntnis gelangen“, hält dem NEOS-Justizsprecherin Irmgard Griss entgegen. Offensichtlich mangle es an Kontrolle und Kontrollmöglichkeiten durch das Justizministerium, bedauert die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofs (OGH).