Schlagabtausch mit Folgen
Nach der Rettung des thailändischen Fußballteams hat sich ein Streit über ein Hilfsangebot von Unternehmer und Tesla-Chef Elon Musk entwickelt. Der milliardenschwere US-Amerikaner beschimpfte den britischen Taucher Vern Unsworth, der bei der Rettung aus einer Höhle dabei war, über Twitter als „Pädophilen“. Dieser drohte am Montag mit rechtlichen Konsequenzen.
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Auf die Frage, ob er juristisch dagegen vorgehen werde, sagte Unsworth: „Wenn es so ist, wie ich denke, dann ja.“ Er werde darüber entscheiden, wenn er diese Woche von Thailand nach Großbritannien zurückfliege. Die Episode mit Musk sei aber „nicht vorbei“.

AP/Courtesy of Elon Musk
Musk hätte den Rettern in Thailand gerne mit einem Mini-U-Boot geholfen, diese lehnten das Angebot aber ab
Zuvor hatte Unsworth über Musk gesagt: „Er kann sich sein U-Boot dahin schieben, wo es wehtut.“ Der Taucher hatte nämlich ein von Musk angebotenes Mini-U-Boot zur Rettung der Fußballmannschaft abgelehnt und als „PR-Trick“ bezeichnet. Es bestehe „absolut keine Chance“, dass das Mini-U-Boot in der Höhle funktionieren könne, hatte er erklärt. Der Höhlenforscher hatte die verwinkelte Tham-Luang-Höhle kartografiert und das Team mit Informationen versorgt.
„Ich verwette einen signierten Dollarschein“
Musk hatte das Mini-U-Boot nach eigenen Angaben zu der Höhle gebracht und erklärt, es sei leicht genug, um von zwei Tauchern getragen zu werden, äußerst robust und überdies klein genug, um durch enge Lücken zu kommen. Ein Passagier müsse nicht schwimmen oder mit Sauerstoffflaschen umgehen können. Auf die Ablehnung reagierte Musk dann mit einer Reihe von Tweets.

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Die Retter in Thailand konnten die zwölf Buben in einer 18-tägigen Rettungsaktion auch ohne Musks Hilfe aus der überschwemmten Höhle in Sicherheit bringen
Musk nannte Unsworth nicht beim Namen, sondern sprach von einem „Pädo-Typen“. Auf seinem offiziellen Twitter-Account, der 22 Millionen Abonnentinnen und Abonnenten zählt, legte er nach und erklärte: „Ich verwette einen signierten Dollarschein, dass es stimmt.“ Später löschte Musk die Tweets aber wieder. Auf eine Anfrage der Nachrichtenagentur AFP bei seinem Unternehmen Tesla reagierte er zunächst nicht, Aktionäre zeigten sich jedoch wenig begeistert. So schrieb James Anderson, Partner bei Baillie Gifford, Teslas viertgrößtem Shareholder, am Montag in einer E-Mail an die britische Tageszeitung „The Guardian“: „Ich beabsichtige meine Gedanken der Firma morgen mitzuteilen.“
Kritik an Arbeitsbedingungen bei Tesla
Der Disput rund um das nicht eingesetzte Mini-U-Boot dürfte nicht die einzige verbale Entgleisung sein, die sich Musk in letzter Zeit erlaubt hat, glaubt man Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Tesla. Immer wieder soll ihr CEO cholerisch herumbrüllen und Überstunden bis zum Abwinken anordnen inklusive Wochenendarbeit. „Die Manager und Leiter gehen herum und sagen, ‚wenn du nicht kommst, wirst du aufgeschrieben‘“, berichtete ein Arbeiter der Nachrichtenagentur Reuters von den Arbeitsbedingungen bei Tesla.
Musks Nerven sollen in den letzten Wochen offenbar blank gelegen sein. Setzte die Fertigung wegen technischer Probleme einmal aus, habe Musk, der zum Teil sogar selbst in der Fabrik übernachtete, seine Ingenieure angeschnauzt haben, so ein weiterer Arbeiter. Hintergrund dürfte Teslas Ziel gewesen sein, in einer Woche 5.000 Fahrzeuge des Hoffnungsträgers Model 3 zu produzieren. Laut Expertinnen und Experten ein viel zu hoch gestecktes Ziel.
Tesla erreichte Ziele nicht
Konsequenzen blieben nicht aus. Tesla erreichte sein Vorhaben bis zur Deadline am 8. Juli nicht, von den geplanten 49.000 produzierten Fahrzeugen konnten nur 40.740 an Abnehmer geliefert werden. Doch Musk ließ sich in seiner gewohnten Strebsamkeit nicht beirren: Die wöchentliche Produktionszahl der Model-3-Baureihe sollte sogar noch auf 6.000 Stück pro Woche erhöht werden. Den Arbeitenden sei gesagt worden, sie sollten erst aufhören, wenn das tägliche Produktionsziel erreicht sei, nicht, wenn ihre Schicht ende, sagte ein Angestellter zu Reuters.
Musk, der mit dem Bezahlsystem PayPal reich wurde, sieht sich als eine Art Missionar für den „Wandel der Welt zu nachhaltiger, sauberer Energie“. Als Fahnenträger der Elektromobilität hat er viele Anhängerinnen und Anhänger. Allerdings hat Tesla in fast 15 Jahren bisher kein einziges Mal einen Jahresgewinn gemacht. Unterm Strich stand 2017 ein Minus von fast zwei Milliarden Dollar. Auch Kündigungen stehen im Raum.
Musks viele offene Baustellen
Doch Tesla ist bei Weitem noch nicht die einzigen Baustelle, die Musk zu bewältigen hat. So bot der Unternehmer auch der leidgeplagten US-Stadt Flint, Michigan, seine Hilfe an. Dort ist das Trinkwasser seit Jahren durch einen Wechsel der Wasserversorgung bleiverseucht. Musk schaltete sich abermals via Twitter ein und versprach den Bewohnerinnen und Bewohnern die kostenlose Installation eines riesigen Wasserfilters, sofern ihr Leitungswasser nicht den behördlichen Standards entspreche.
Eine offizielle Vertreterin der Stadt erklärte gegenüber Bloomberg, Musk habe sich bisher aber noch nicht bei den Behörden in Michigan gemeldet. „Wenn Mr. Musk ernsthaft daran interessiert ist, Flint zu helfen, wäre der Bürgermeister bereit, über unseren spezifischen Fall zu sprechen“, so die Beamtin.
Ob es also zu der Musk’schen Filteranlage in Flint kommt, bleibt ebenso fraglich wie Teslas Erfolg für die Zukunft. Doch Musk wäre nicht er selbst, hätte er nicht noch einen Trumpf im Ärmel. Denn mit dem Konkurrenten Boeing befindet er sich seit einiger Zeit im Wettlauf darum, das erste kommerzielle Raumfahrtunternehmen zu sein, das Astronauten zur Internationalen Raumstation (ISS) bringt. Ein Testflug der Crew-Variante des Raumschiffs „Dragon 2“ von Musks Firma SpaceX ist erst vergangene Woche in Cape Canaveral angekommen. Und noch scheint es zumindest so, als ob Musk seinem überirdischem Ziel ein Stück näher ist als Boeing: Ein Testflug der Rakete „Falcon 9“, die das Raumschiff transportiert, ist bereits für August geplant.
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