Hohe Wellen nach Angriffen auf May
Alles andere als diplomatisch ist der Besuch von US-Präsident Donald Trump beim Verbündeten Großbritannien bisher verlaufen. Und auch am Freitag standen die Zeichen nicht auf Harmonie. Zehntausende Britinnen und Briten wollten in London gegen Trumps Besuch protestieren. Dieser trifft zunächst Premierministerin Theresa May auf ihrem Landsitz in Chequers. Am Abend soll Trump Queen Elizabeth II. in Schloss Windsor treffen.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
In London kamen die Demonstranten und Demonstrantinnen schon vormittags zusammen, um gegen Trump zu protestieren. Sie ließen am Parliament Square einen etwa sechs Meter hohen Ballon steigen, der Trump als orangefarbenes, schlecht gelauntes Baby zeigt. Der Ballon soll Trump auch auf seinen weiteren Aufenthalten in Großbritannien begleiten, hieß es.
„Kein Grund für mich zu kommen“
„Ich schätze, wenn sie Ballons herausholen, damit ich mich nicht willkommen fühle, gibt es keinen Grund für mich, nach London zu kommen“, sagte Trump im Interview mit der britischen „The Sun“. Auch Kritikerinnen und Kritiker der Aktion hatten gefordert, den Ballon nicht steigen zu lassen, um den US-Präsidenten nicht zu beleidigen.

APA/AFP/Tolga Akmen
Demo in London: Bis zu 100.000 Menschen wurden erwartet
Londons Bürgermeister Sadiq Khan verteidigte die Genehmigung des Ballons am Freitag: „Ehrlich gesagt ist die Idee, dass wir das Recht auf Meinungsfreiheit einschränken, weil sich ein ausländischer Politiker auf den Schlips getreten fühlen könnte, ein Gang am Abgrund“, so Khan im BBC-Radio. Trump hatte Khan zuvor heftig angegriffen und indirekt für Terroranschläge und Kriminalität in der britischen Hauptstadt verantwortlich gemacht.
„Wir mögen ihn überhaupt nicht“
Bei den Protesten gegen Trump wurden am Freitag bis zu 100.000 Menschen erwartet. Am Nachmittag setzten sich mehrere Demonstrationszüge durch die Innenstadt in Marsch. Aufgerufen dazu hatten unter anderem Gewerkschaften, Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten und religiöse Gruppen. Sie werfen Trump unter anderem Sexismus, Rassismus und Hass auf Homosexuelle vor. Mit Slogans wie „Trump nicht willkommen“ oder „Weg mit Trump“ machten sie ihrem Unmut über den US-Präsidenten Luft.
Der britische „Guardian“ kommentierte den Besuch trocken: „Bevor er sich auf den Weg machte, sagte Trump der Presse: ‚In Großbritannien mögen sie mich sehr.‘ Das war wieder einmal Fake News. Wir mögen ihn überhaupt nicht. Er ist hier nicht willkommen.“
Schon tags zuvor hatte Trump für scharfe Kontroversen gesorgt. Ausgerechnet seine Gastgeberin May beleidigte der US-Präsident. May, die angesichts ihrer jüngst mit einem Weißbuch vorgestellten „Brexit“-Pläne in einer schweren politischen Krise steckt, hatte wohl durch den Besuch aus Washington mit Rückenwind gerechnet.
Dieses Element ist nicht mehr verfügbar
Ein wütendes Baby schwebt über London
Der Protest mit einem großen Ballon löste Debatten aus. Bürgermeister Khan verteidigte die Demo.
Doch von Trump kam das Gegenteil: In dem Interview mit der „Sun“ griff er Mays Plan für einen weichen „Brexit“ scharf an: „Ich hätte das ganz anders gemacht. Ich habe Theresa May tatsächlich gesagt, wie man das macht, aber sie hat nicht auf mich gehört“, so Trump gegenüber dem Boulevardblatt. Zudem lobte Trump den im „Brexit“-Streit zurückgetretenen Außenminister Boris Johnson. Er wolle May und ihren großen Widersacher nicht gegeneinander ausspielen, so Trump. Aber: „Ich meine nur, dass er ein großartiger Premierminister wäre.“
Ungünstiger Zeitpunkt für May
Die „Sun“, Teil des Medienimperiums von Robert Murdoch, dem großer Einfluss auf Trumps Politik nachgesagt wird, veröffentlichte Ausschnitte des Gesprächs am Donnerstagabend - kurz nachdem May Trump zu einem festlichen Galadinner empfangen hatte.
Der Zeitpunkt war wohl kaum zufällig gewählt: Bei dem Dinner sollte es darum gehen, Trump von einem baldigen Start der Verhandlungen über ein Handelsabkommen zu überzeugen. Mit der Aussicht auf Deals wie diesen hatte die britische Regierung „Brexit“-Gegner zu besänftigen versucht.
Treffen mit der Queen
Auch hierzu stellte Trump in dem Interview May die Rute ins Fenster: Ein weicher „Brexit“ mache die Chancen auf ein bilaterales Handelsabkommen mit den USA zunichte. „Wenn sie so einen Deal machen, würden wir mit der Europäischen Union einen Deal machen anstatt mit dem Vereinigten Königreich“, sagte Trump. „Das wird vermutlich den Deal killen.“ May wollte ihrem Gast bei dem Treffen am Freitag ihre Strategie erläutern. „Sie freut sich darauf, sich mit dem Präsidenten zusammenzusetzen und mit ihm das Weißbuch durchzugehen“, sagte ein Sprecher.
Es wird erwartet, dass Trump in Chequers die Wogen wieder etwas glätten will. Bei seiner Ankunft dort beschrieb er das Verhältnis der USA zu Großbritannien als „sehr, sehr stark“.
Erboste Reaktionen
Die Reaktionen auf Trumps Angriffe waren in London eindeutig, auch über die Parteigrenzen hinweg. „Wo sind Ihre Manieren, Herr Präsident?“, schrieb Hochschulminister Sam Gyimah auf Twitter. Die konservative Abgeordnete Sarah Woollaston meinte, Trump habe sich offenbar vorgenommen, „unsere Premierministerin zu beleidigen“.

AP/Luca Bruno
Mit eigenem Programm: First Lady Melania Trump und Mays Ehemann Philip May (rechts)
Wenn der Preis für ein Abkommen mit den USA sei, sich auch Trumps „Weltbild“ anschließen zu müssen, sei es das nicht wert. Die Sprecherin der Labour-Partei, Emily Thornberry, verurteilte Trumps Verhalten als unhöflich. „Sie ist seine Gastgeberin“, sagte Thornberry im Fernsehen. „Was hat seine Mutter ihm beigebracht? So benimmt man sich nicht.“
Der ehemalige Labour-Chef Ed Miliband empfahl der Premierministerin: May könne sagen, dass „er und ich bei einigen Dingen anderer Meinung sind: Babys ihren Eltern zu entreißen, seine rassistischen Attacken auf den Londoner Bürgermeister, seine Lügen, seine Bewunderung für Diktatoren - und außerdem neige ich zu der Ansicht, dass seine über die Glatze gekämmten Haare lächerlich sind“.
Links: