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„Absolut falsches Signal“

Österreich will rechtlich gegen den Ausbau des ungarischen Atomkraftwerks Paks vorgehen. Mitte Jänner kündigte Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) eine Nichtigkeitsbeschwerde gegen eine Entscheidung der EU-Kommission an. Im März 2017 hatte Brüssel grünes Licht für ungarische Staatsbeihilfen zur Erweiterung des Kernkraftwerks gegeben. Seit damals droht Österreich mit einer Klage.

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„Wir haben diese Klage in den letzten Wochen sehr sorgfältig prüfen lassen und sind zur Auffassung gekommen, dass ausreichende Klagsgründe vorliegen“, sagte Köstinger am Montagvormittag. Atomkraft sei „keine nachhaltige Form der Energieerzeugung und auch keine Antwort auf den Klimawandel“, so die Umweltministerin, die ankündigte, für diese Position „kämpfen“ zu wollen.

Es sei „das absolut falsche Signal, wenn Subventionen für den Bau von Atomkraftwerken von der EU-Kommission als unbedenklich eingestuft werden“, so Köstinger weiter. In einer ersten Reaktion kündigte die EU-Kommission an, die „Entscheidung vor Gericht verteidigen“ zu wollen, wie eine Kommissionssprecherin auf Anfrage von ORF.at in Brüssel mitteilte. Ob man mit der Klage gerechnet habe, ließ sie allerdings offen.

Grünes Licht für Staatshilfen

Die EU-Kommission hatte im vergangenen Jahr grünes Licht für staatliche Beihilfen Ungarns zum Ausbau von Paks gegeben. Ungarn plant eine Investitionsbeihilfe für den Bau zweier neuer Reaktoren. Dadurch sollen die derzeit in Betrieb befindlichen vier Reaktoren auf dem Paks-Gelände, die in den 1980er Jahren gebaut wurden, ersetzt werden. Schon nach dem Entscheid der EU-Kommission hagelte es Kritik aus Österreich. Experten befürchten, dass der Ausbau von Paks Folgewirkungen für die Ausbaupläne von Dukovany (Tschechien) Bohunice (Slowakei), Belene (Bulgarien) und Cernovoda (Rumänien) haben könnte.

Bei der nun geplanten Klage geht es laut Umweltministerium darum, dass Österreich hinterfragt, dass „die Förderung dem gemeinsamen Interesse dient“. Nur in diesem Falle wäre die Förderung von Atomenergie zulässig. Angesichts der Entscheidung einer Vielzahl von Mitgliedsstaaten, keine Atomenergie zu produzieren oder aus der Produktion von Atomenergie auszusteigen, sei aber fraglich, ob die Förderung des Baus von Atomreaktoren im gemeinsamen Interesse liegen könne. Am 25. Februar endet die Frist zur Einreichung einer Nichtigkeitsklage.

Kontrollraum im AKW Paks

Reuters/Laszlo Balogh

Die Bundesregierung will gegen die Erweiterung des Atomkraftwerks Paks in Ungarn klagen

Als „problematisch“ angesehen wird zudem, dass es kein formelles Vergabeverfahren gegeben habe. Außerdem bezweifelt Österreich ein von der EU-Kommission angenommenes Marktversagen, und Wien geht davon aus, dass Ungarn den Energiebedarf auch aus anderen Quellen decken könnte. Derzeit deckt das AKW Paks, das rund 100 Kilometer südlich von Budapest liegt, etwa 50 Prozent des ungarischen Strombedarfs. Der geplante Ausbau durch den russischen Konzern Rosatom soll 12,5 Milliarden Euro kosten, wobei Ungarn letzten Angaben zufolge 80 Prozent übernehmen soll, Russland 20 Prozent. Die Erweiterung soll in diesem Jahr beginnen.

Umweltschutzorganisationen reagieren positiv

Die Umweltschutzorganisationen Greenpeace und Global 2000 begrüßten die Entscheidung des Umweltministeriums. Österreich müsse alles daransetzen, den Ausbau von Paks zu verhindern, heißt es in einer Aussendung von Greenpeace. Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens müsse man der ungarischen Regierung „bei allen sich bietenden Gelegenheiten klarmachen, dass der Bau des AKW nicht im Interesse Österreichs“ sei.

Auch aus der Politik kamen prompt positive Reaktionen zum Entschluss der Bundesregierung. Für die Umweltsprecherin der Liste Pilz (LP), Martha Bißmann, habe die Koalition gerade noch rechtzeitig die Notbremse gezogen. FPÖ-Umweltsprecher Walter Rauch betonte, dass der Ausbau von Paks „nie Realität werden“ dürfe. Die Wiener Umweltsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) und Niederösterreichs Landeshauptmann-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) begrüßten in ihren Aussendungen ebenfalls die Entscheidung, rechtliche Schritte gegen die Erweiterung des Atomkraftwerks einzuleiten.

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