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„Zarenflüsterer“ und Wunderheiler

Grigori Jefimowitsch Rasputin ist Zarenberater und Wunderheiler mit einem ausschweifenden Lebensstil gewesen. Während Zarin Alexandra Fjodorowna daran glaubte, dass er die Bluterkrankheit ihres Sohnes heilen könnte, galt er bei anderen Verwandten von Nikolaus II. als verhasst. Rund ein Jahr vor der Abdankung des Zaren fiel der vollbärtige Bauernsohn einer Verschwörung zum Opfer.

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In einer kalten Winternacht im Dezember 1916 wurde der Wanderprediger bestialisch ermordet. Mit Schusswunden und schweren Folterverletzungen wurde Rasputins Leiche im Fluss Kleine Newa entdeckt. Federführend bei dessen Ermordung waren Verwandte von Zar Nikolaus II. Rasputin war ihnen wegen Orgien wie auch Alkoholexzessen schon lange ein Dorn im Auge.

Antwort auf Gebete der Zarin

Über Rasputin war lange Zeit nur wenig bekannt, was ihn zur idealen Figur für Legenden und Mythen machte. Anfang des 20. Jahrhunderts verließ er seine beiden Töchter, um als Wunderheiler durch das Land zu ziehen. Binnen weniger Jahre machten Geschichten über seine wundersamen Heilfähigkeiten im ganzen Land die Runde – bis hin zum Zarenhof.

Für Zarin Alexandra war Rasputin die Antwort auf ihre Gebete. Denn ihr Sohn, Zarewitsch Alexej, litt an der Bluterkrankheit. Jede noch so kleine Verletzung konnte für den damals Dreijährigen das Todesurteil bedeuten. Die Ärzte gaben Alexej auf, doch es kam anders: Mit der Handauflegung des vollbärtigen Sonderlings in Bauernkleidung hörte eine Wunde auf zu bluten. Der wundersame Einfluss wurde von Ärzten wie Kritikern bestätigt.

„Mir platzt der Kopf von all diesen Namen“

Der Wandermönch stieg schnell zur Schlüsselfigur am Zarenhof auf. Dank der Heilung des Zarewitsch genoss Rasputin das Vertrauen von Nikolaus II. und Alexandra Fjodorowna, sodass er bald mit dem Spitznamen „Zarenflüsterer“ versehen wurde. Rasputin warnte den Zaren etwa vor dem anstehenden Krieg und versuchte Einfluss auf Postenbesetzungen zu üben. Entgegen der generellen Auffassung zeigte sich der Zar den Vorschlägen Rasputins nicht aufgeschlossen: „Mir platzt der Kopf von all diesen Namen. (...) Die Meinungen unseres Freundes sind manchmal sehr merkwürdig."

Zugleich wurde Rasputin zur Hassfigur einiger Mediziner, Abgeordneter der Duma wie auch der russisch-orthodoxen Kirche. „Mit seiner Nähe zur Macht und seinem ausschweifenden Lebenswandel hat er sich viele Feinde gemacht“, sagte auch der Historiker Iwan Uspenski gegenüber der dpa. Neben seinem Einfluss auf das Zarenehepaar wurden ihm Sexorgien sowie exzessiver Alkoholkonsum nachgesagt. Das führte 1910 zu einem ersten Mordversuch, den Rasputin aber überlebte.

Drohung bewahrheitet sich

Er ließ sich weiterhin nicht von der Einflussnahme auf die russische Politik abbringen. Angeblich soll er auch versucht haben, den Zaren zu einem Separatfrieden mit Deutschland zu animieren. Eine Perspektive, die für Großbritannien im Zuge des Ersten Weltkriegs bedrohlich gewesen wäre. Daher rührt das Gerücht, dass etwa der britische Geheimdienst mit der Ermordung Rasputins zu tun hatte.

Tatsächlich waren es der Großfürst Dimitri Pawlowitsch sowie Fürst Felix Jussupow, die den Mord planten. Erst sollte er durch Gift sterben, doch da das nicht wirkte, setzten sie mehrere Pistolenschüsse auf den „Zarenflüsterer“ ab. Rasputins einstige Drohung, dass Russland binnen weniger Monate nach seinem Tod sowohl Zarensohn (Alexej) als auch die Krone verlieren werde, sollte sich tatsächlich bewahrheiten.

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