Änderungen „nicht genügend“
Gewerkschaft und SPÖ haben am Donnerstag betont, die Novelle des Arbeitszeitgesetzes werde sich auch auf Lehrlinge auswirken: Konkret würde es „Verschlechterungen“ für alle bringen, die über 18 Jahre alt sind. Laut Gewerkschaft wären rund 40.000 Personen betroffen.
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Laut SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid gelten Einschränkungen der Arbeitszeit nur für Minderjährige. Betroffen sei damit die Hälfte der Lehrlinge, so Hammerschmid. „Die Lehre ist ein Ausbildungs-, kein Dienstverhältnis“, betonte ihrerseits die neue GPA-djp-Chefin Barbara Teiber in einer Aussendung. Es sei „unverständlich“, warum volljährige Lehrlinge künftig auch 12 Stunden arbeiten sollen.
WKÖ sieht positive Effekte
Die Wirtschaftskammer sieht positive Effekte für Lehrlinge über 18 Jahre: „Für Überstunden werden sie nicht auf Basis der Lehrlingsentschädigung, sondern auf Basis des niedrigsten Facharbeiterlohns bezahlt“, erklärte Rolf Gleißner, stellvertretender Abteilungsleiter für Sozialpolitik in der Wirtschaftskammer Österreich, gegenüber der APA. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Lehrlinge bis 18 Jahre gelte weiterhin eine Obergrenze von neun Stunden pro Tag und von 45 Stunden pro Woche.
„Freiwilligkeit ein leeres Versprechen“
Vor der Sondersitzung am Freitag und der Demonstration der Gewerkschaft am Samstag positionierte sich generell die Front gegen die von ÖVP und FPÖ geplante Novelle des Arbeitszeitgesetzes. Für die Arbeiterkammer (AK) ist die „Freiwilligkeitsgarantie“ rund um den Zwölfstundentag, die die Regierungsfraktionen ÖVP und FPÖ am Donnerstag ankündigten, „nicht genügend“. „Es bleibt dabei, dass der Zwölfstundentag jederzeit möglich ist. Die Freiwilligkeit ist in der Realität ein leeres Versprechen. Das Gesetz ist schlecht für Familie, Freizeit, Gesundheit“, so AK-Präsidentin Renate Anderl am Donnerstag in einer Aussendung.
Den Ankündigungen der Regierungsvertreter fehle eine Konkretisierung, kritisierte die AK. Bisherige Erklärungen reichten nicht für eine „Entwarnung“. Demnach stand etwa die Freiwilligkeit bis dato schon im Gesetz, wenn es um Zwölfstundenarbeitstage gehe. Somit bleibe die Freiwilligkeit lediglich erhalten. „In der Praxis ist die Freiwilligkeit schwer durchsetzbar, weil der Arbeitgeber immer am längeren Ast sitzt. Das wissen wir aus der AK-Arbeitsrechtsberatung“, heißt es in der AK-Aussendung.
SPÖ fordert Beibehaltung der Höchstarbeitszeiten
Bereits im Sozialausschuss Mittwochabend übten die Oppositionsparteien scharfe Kritik. Die SPÖ verlangte in einem Entschließungsantrag, dass die geltenden Höchstarbeitszeiten beibehalten werden, NEOS schlug in einem weiteren Antrag ein eigenes Flexibilisierungsmodell vor. Beide Begehren fanden keine Mehrheit.
Da der Initiativantrag der Koalitionsparteien zur Arbeitszeitflexibilisierung dem Wirtschaftsausschuss zugewiesen wurde, nutzten SPÖ und NEOS eigene Anträge, um das Thema doch im Sozialausschuss zur Sprache zu bringen, berichtete die Parlamentskorrespondenz. Ausschussobmann Josef Muchitsch (SPÖ) und NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker kritisierten einmal mehr die Vorgangsweise der Koalitionsfraktionen ÖVP und FPÖ.
Muchitsch betonte, es habe von der Opposition das Angebot gegeben, den Antrag in der Sitzung des Sozialausschusses zu behandeln, damit er über den Sommer begutachtet werden könne. Eine Beschlussfassung wäre dann bei der ersten Sitzung des Nationalrats im September möglich gewesen. Einmal mehr bedauerte er, dass dieser Vorschlag nicht angenommen wurde.
SPÖ mit eigenem Antrag
Die SPÖ plädierte in Form eines Entschließungsantrags dafür, die geltenden Arbeitszeitregeln beizubehalten und die erlaubte Höchstarbeitszeit nicht generell auf zwölf Stunden pro Tag und 60 Stunden pro Woche auszuweiten. Schon jetzt können Beschäftigte in bestimmten Fällen zwölf Stunden pro Tag arbeiten, etwa bei erhöhtem Arbeitsbedarf, so Muchitsch.
Auch wiederholte die SPÖ etwa ihre Befürchtungen, dass die Regierungspläne zum Entfall von Überstundenzuschlägen führen könnten. Muchitsch appellierte an die Koalition, das Vorgehen zu überdenken.
NEOS fordert Gleitzeitvereinbarung
Eigene Vorstellungen über eine flexiblere Arbeitszeitgestaltung legte NEOS in Form eines Antrags vor. Künftig sollte eine tägliche Normalarbeitszeit von zwölf Stunden möglich sein, wenn es zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite eine Gleitzeitvereinbarung gibt und diese die Möglichkeit bietet, Zeitguthaben ganztägig zu verbrauchen. Er habe aber kein Verständnis dafür, wie die Koalition an die Frage herangehe, sagte Loacker. Sie schaffe neue begriffliche Unschärfen, die langwierige Klärungen vor Arbeitsgerichten nach sich ziehen würden, warnte er.
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