Themenüberblick

Managte Sanders-Wahlkampf

Eine Überraschungssiegerin bei den Vorwahlen der oppositionellen US-Demokraten kann bei den Midterms im November kandidieren. Parteiurgestein Joe Crowley, der seit Jahren für den Bundesstaat New York im Repräsentantenhauses sitzt und bis zur Nummer vier der Fraktion aufgestiegen ist, musste am Dienstag in seinem Wahlkreis eine schwere und vollkommen unerwartete Niederlage gegen eine junge Newcomerin einstecken: Alexandria Ocasio-Cortez.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Die 28-Jährige stammt aus der Bronx, ist eine Anhängerin des früheren Präsidentschaftsanwärters Bernie Sanders und hatte in dessen Wahlkampfteam mitgewirkt. Es sei Zeit für einen Generationenwechsel, aber auch für einen Wechsel der Ideologie, hatte Ocasio-Cortez gesagt. Von ihrer Nominierung zeigte sie sich in einem TV-Interview selbst überrascht: „Es ist surreal.“

Wie tief gespalten die Demokraten sind, zeigt sich auch darin, dass Crowley und Ocasio-Cortez offenbar bisher keinen direkten Kontakt miteinander gehabt hätten, so die „New York Times“. Nach der Vorwahl tauschten sie sich zumindest via Twitter aus. Crowley versprach Unterstützung, Ocasio-Cortez dankte ihrem Gegenkandidaten für seine langjährige Arbeit.

Schock für designierten Pelosi-Nachfolger

Medienberichten zufolge arbeitete die Aktivistin bis vor Kurzem noch als Kellnerin. Sie setzte sich nicht knapp, sondern mit 57 Prozent der Stimmen gegen den 56-jährigen Crowley durch, der zuletzt sogar schon als Nachfolger der demokratischen Fraktionschefin Nancy Pelosi gehandelt worden war. Es wird erwartet, dass der überraschende Ausgang einen starken Nachhall bei den Demokraten haben wird.

Alexandria Ocasio-Cortez

APA/AFP/Getty Images/Scott Heins

Ocasio-Cortez wartet mit Anhängern und Unterstützerinnen gespannt auf das Wahlergebnis

US-Präsident Donald Trump twitterte, dass dieser Ausgang nicht zu erwarten gewesen sei. Vielleicht hätte „Trump-Hasser“ Crowley netter und respektvoller gegenüber dem Präsidenten sein sollen, so Trump. Bei den Kongresswahlen im November werden das gesamte Repräsentantenhaus und mehr als ein Drittel des Senats neu gewählt. Die Demokraten hoffen, zumindest die Mehrheit im Repräsentantenhaus erobern zu können. 2004 war das letzte Mal, dass Crowley einen parteiinternen Konkurrenten hatte - und damals war Ocasio-Cortez noch zu jung, um zu wählen.

Erinnerungen an Wende bei Republikanern

Die 28-Jährige - selbst eine Hispanic - tritt im mehrheitlich von Minderheiten bewohnten Wahlbezirk Bronx und Queens an. Eine junge Frau und Angehörige einer immer wichtigeren Minderheit - all diese biografischen Daten machten Ocasio-Cortez zur idealen Gegenkandidatin zum langdienenden, arrivierten älteren Weißen Crowley. Und sie münzte genau diesen Gegensatz im Wahlkampf in ihren Vorteil um. Crowley ist der erste demokratische Abgeordnete, der heuer in den Vorwahlen verlor.

Wahlplakat zeigt Alexandria Ocasio-Cortez

APA/AFP/Getty Images/Scott Heins

Ein Wahlplakat schmückte auch die Räumlichkeiten der Vorwahlparty

Er ist der höchstrangige Verlierer in einer Vorwahl seit 2014: Damals verlor die Nummer zwei der Republikaner, Eric Cantor, gegen den „Tea-Party“-Kandidaten David Brat. Laut „New York Times“ könnte Ocasio-Cortez’ Sieg ähnliche Folgen für den Kongress haben. Der Aufstieg der „Tea-Party“ ließ die Republikanische Partei stark nach rechts rücken und ermöglichte den Aufstieg des Anti-Establishment-Kandidaten Donald Trump zum Präsidentschaftskandidaten.

Gegen „Schlagzeilen vom Patriarchat“

Ocasio-Cortez zeigte sich in ihrem Wahlkampf ganz auf Sanders-Linie: Sie sprach vor allem Arbeiterinnen und Arbeiter an, gesellschaftspolitisch steht sie ebenfalls klar auf der linken Seite des demokratischen Parteispektrums. Sie erhielt die Unterstützung zahlreicher US-weit agierender progressiver Gruppen sowie von Cynthia Nixon, der „Sex in the City“-Schauspielerin und Neopolitikerin, die in New York bei der Gouverneurswahl antritt.

Die Demokratische Partei gehe „selbstverständlich“ davon aus, dass die Arbeiterschaft und ethnische Minderheiten für sie stimmten, erklärte Ocasio-Ortez ihre Motive, bei der Wahl anzutreten. Sie führte einen offenen, angriffigen Wahlkampf und ärgerte sich auch über die mediale Berichterstattung, in der ihr Name oft unterschlagen wurde, während Crowley sehr wohl namentlich genannt wurde: „Schlagzeilen vom politischen Patriarchat“, twitterte sie einmal und machte damit auch eine Anspielung auf die TV-Kultserie „Game of Thrones“. Zumindest ihr Name, so die „New York Times“, werde künftig wohl öfter Schlagzeilen machen.

Links: