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Kommissar hat „genug Arbeit“

EU-Kommissar Johannes Hahn kann den Vorschlägen von Bundeskanzler Sebastian Kurz (beide ÖVP), aus Einsparungsgründen die EU-Kommission von derzeit 28 auf etwa 18 Kommissarinnen und Kommissare zu verkleinern, nichts abgewinnen. „Ich glaube, dass für diese 28 genug Arbeit vorhanden ist“, so Hahn heute in der ORF-„Pressestunde“. Die Zahl entspreche „den Gegebenheiten und Anforderungen“.

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Der EU werde ja auch vorgeworfen, „zu wenig präsent“ zu sein, sagte Hahn. Bei einer Verkleinerung der Kommission „sind wir noch weniger präsent“, das sei mitunter auch durchaus physisch zu verstehen. „Wenn wir wirklich die Performance verbessern wollen“, sei es wichtig, personell gut aufgestellt zu sein. Auch dass jedes Mitgliedsland eine Vertretung in der EU-Kommission stelle, sei insbesondere für die „kleinen und mittleren Länder“ durchaus von Bedeutung.

Fokus auf Afrika

Er könne sich sogar vorstellen, etwa sein Aufgabengebiet „Erweiterung und Nachbarschaft“ zweizuteilen, so Hahn. Und zwar in die Felder „östliche Nachbarn“ und „südliche Nachbarn sowie Golfstaaten“. Derzeit sei er selbst beispielsweise für fünf afrikanische Staaten zuständig, „ein Kollege für die restlichen 50“.

Gefahr der Zerstörung der EU durch Migration

EU-Kommissar Hahn sagt in der ORF-„Pressestunde“, die EU müsse sich Migration aus Afrika stellen.

Afrika sei aber gerade beim Migrationsthema die Herausforderung, der sich Europa in den kommenden Jahren stellen müsse. Aktuell gebe es keine „materielle Krise“ wie 2015, es handle sich also um ein „politisches Thema“. Auf dem afrikanischen Kontinent würden nämlich durch die Bevölkerungsentwicklung und institutionelle Krisen Probleme erwachsen, denen sich Europa „mittel- und langfristig“ stellen müsse. Daher sei es wichtig, gut vorbereitet zu sein, „damit sich so etwas wie 2015 nicht wiederholt“. Aktuell sei es etwa bedeutsam, Libyen zu stabilisieren. Dort gebe es etwa bis zu einer Million Binnenflüchtlinge.

Slogan der Ratspräsidentschaft „passend“

Bezüglich der Diskussion um die Einrichtung von Lagern in Afrika forderte der EU-Kommissar eine bedachtsame Wahl der Worte. Begriffe wie „Anhaltelager“ wären nicht angebracht, zumal sich Organisationen wie das UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) und die mit der UNO verbundene Internationale Organisation für Migration (IOM) zur Kooperation bereiterklärt hätten. Es sei wichtig, „höchste humanitäre Standards“ zu gewährleisten.

Geplante Zentren in Nordafrika

In den möglichen Zentren müssten „höchste humanitäre Standards“ gewährleistet sein, so Hahn.

Dass die österreichische EU-Ratspräsidentschaft unter Bundeskanzler Kurz den Slogan vom „Europa, das schützt“ gewählt habe, bezeichnete Hahn als „passend“. Das entspreche dem Grundgedanken der Europäischen Union, die aus der Erfahrung zweier Weltkriege heraus gegründet worden sei. Die Bedenken von Kritikerinnen und Kritikern, dass die österreichische Regierung während des Ratsvorsitzes zu sehr versuche, eigene Vorstellungen durchzusetzen, statt als neutraler Vermittler aufzutreten, teilte Hahn nicht. „Es ist legitim, eigene Ideen durchsetzen zu wollen. Wir in Brüssel haben jedes Vertrauen, dass es eine professionelle Präsidentschaft wird.“

Gegen EU-„Selbstverzwergung“

Österreich sei schon aufgrund seiner geografischen und strategischen Lage dazu prädestiniert, als „Brückenbauer“ aufzutreten, wie es auch Hahns Parteifreund Kurz gerne formuliert. Der Europapolitiker lobte in diesem Zusammenhang auch indirekt die Gesprächsbasis des Kanzlers zu den EU-intern mitunter umstrittenen Visegrad-Staaten Ungarn, Tschechien, Slowakei und Polen: „Er hat da einen sehr richtigen Reflex.“ Es gelte nämlich, „die zweifellos vorhandenen Spannungen“ zwischen einzelnen osteuropäischen und anderen europäischen Staaten „anzusprechen“.

Rolle von Bundeskanzler Kurz in Europa

Österreich könne sich als „Brückenbauer“ erweisen, so Hahn.

Bezüglich des jüngsten Handelsstreits mit den USA samt gegenseitigen Strafzöllen forderte der EU-Kommissar ein selbstbewusstes Auftreten der Europäer. „Wir haben die Neigung zur Selbstverzwergung.“ Zwar mache Europa nur „sechs bis sieben Prozent“ der globalen Landfläche aus, sei aber wirtschaftlich gesehen der „attraktivste Markt“ mit einer Wirtschaftsleistung von 23 Prozent. Gerade die jüngeren EU-politischen Entwicklungen würden aber auch hinsichtlich der USA und Russlands zeigen, „dass es keine dauerhaften Partner“ gebe, „auf die wir uns verlassen können“. Fazit: „Wir sind auch auf uns alleine gestellt.“

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