Kritik an steigenden Kosten
Inmitten der Sahara errichtet die US Air Force derzeit ein Basislager für bewaffnete Drohnen. Es ist das größte Truppenbauprojekt in der Geschichte der USA. Ein Zentrum im Kampf gegen den Terror in Afrika, das nicht nur das stärkste, sondern auch das umstrittenste werden könnte - unter anderem wegen der Kosten.
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Lange Zeit war nur wenig über den Anti-Terror-Einsatz der USA in Niger bekannt. Erst der Tod von vier US-Soldaten durch die Terrormilizen al-Kaida und Islamischer Staat (IS) im November vergangenen Jahres rückte diesen ins Licht der internationalen Öffentlichkeit und führte zu einer Debatte über die Legitimation der in Afrika stattfindenden Operationen. Kritiker sprechen von den Tötungsmissionen in Afrika als „Schattenkriege“ des US-Militärs und der Geheimdienste, da diese im Schatten der offiziellen Kriegsschauplätze wie Afghanistan und Syrien stattfinden.

AP/Carley Petesch
Hohe Temperaturen und heftige Sandstürme behindern den Aufbau
Und die USA bauen ihren Einsatz laufend aus, zuletzt unter dem vorherigen US-Präsidenten Barack Obama 2014. In den letzten Jahren stieg die Zahl jener US-Soldaten, die sich derzeit auf der „Unterstützungs- und Beratungsmission“ in Niger, im zweitärmsten Land der Welt, befinden, von hundert auf achthundert an. Die gezielte Tötung feindlicher Führungspersonen ist für die USA eine der Kernstrategien. Ferngesteuerte Drohnen kommen dabei immer häufiger zum Einsatz. So verdoppelte sich auch die Zahl der US-Luftangriffe durch Drohnen im Jemen sowie in Somalia im vergangenen Jahr auf dreißig.
Drohnenbasislager für Afrika
Rund 500 Soldaten der US Air Force sind derzeit an der Errichtung des Drohnenbasislagers „Air Base 201“ im Süden der Sahara im westafrikanischen Niger beteiligt, wie die „New York Times“ („NYT“) berichtete. Anfang nächsten Jahres sollen die Konstruktionsarbeiten abgeschlossen sein, danach sollen die dort stationierten MQ-9-Reaper-Drohnen im Kampf gegen extremistische Kräfte im Norden und Westen Afrikas zum Zuge kommen.
Diese Drohnen sind die verbesserte Version der Predator-Drohne. Sie seien neuer, größer, mit längerer Reichweite ausgestattet und tödlicher als das Vorgängermodell, wie The Intercept, ein journalistisches Projekt, an dem auch der Edward-Snowden-Aufdeckerjournalist Glenn Greenwald beteiligt ist, schreibt. Wie viele unbemannte Flugkörper im Camp stationiert werden, wird von offizieller Seite nicht verraten.
Gute strategische Lage
Der Standort des neuen Drohnenlagers sei, so die Medienbeauftragte des afrikanischen Kommandos der USA, Samantha Reho, gegenüber dem Onlinemagazin Defense News (DN), strategisch gut gewählt. Im Grenzgebiet zwischen Mali und Niger sind unter anderem Gruppen aktiv, die dem IS oder al-Kaida die Treue geschworen haben. Auch die nigerianische Dschihadistenmiliz Boko Haram verübt immer wieder Anschläge in der Grenzregion rund um den Tschad-See.

Grafik: APA/ORF.at
Die Drohnen ermöglichen es den USA, all diese Gebiete inklusive Libyen abzudecken und so ihre Militärmacht in Afrika stark auszuweiten. Laut Terrorismusexperte Bill Roggio könnte die Basis das „stärkste Anti-Terrorismus-Zentrum Afrikas“ werden. US-Special-Operations-Chef Marcus Hicks kommentiert die Einsätze gegenüber der „NYT“ als günstige Absicherungsstrategie, die es fortzusetzen gilt.
Kosten steigen laufend
Ein zunehmendes Problem für die USA sind allerdings die Kosten der „Air Base 201“. Derzeit belaufen sie sich auf 110 Millionen Dollar (94 Millionen Euro). Allein der jährliche Betrieb des Lagers wird auf 15 Millionen Dollar (13 Millionen Euro) geschätzt. Air-Force-Vertreter bestätigen gegenüber DN, dass es sich hierbei um das größte Truppenbauprojekt in der Geschichte der USA handelt.
Gerade die Baukosten dürften aber weiter steigen: Wochenlange Lieferverzögerungen und logistisch bedingte Lieferengpässe sowie heftige Sandstürme und Temperaturen über vierzig Grad erschweren die Bauarbeiten erheblich. So darf etwa der nasse Kies, der für die Konstruktion der Start- und Landebahnen verwendet wird, bei der Sedimentierung nicht zu schnell trocknen. Ein Großteil dieser Arbeit muss daher nachts ausgeführt werden. All das führt dazu, dass die Arbeiten bereits ein Jahr hinter dem ursprünglichen Zeitplan liegen und die Kosten um ein Vielfaches überschritten wurden. Offiziell war zuvor bei der Planung von rund 50 Millionen Dollar (44,5 Millionen Euro) die Rede gewesen.
„Brauchen die Unterstützung der USA“
Doch es existieren auch ganz grundsätzliche Bedenken. Während sich militärische Vertreter aus Amerika und Niger davon überzeugt zeigen, die Sicherheit im Land und den angrenzenden Regionen durch Drohnenangriffe erhöhen zu können, befürchten Kritiker destabilisierende Effekte. So könnte der Einsatz von bewaffneten Drohnen ins Gegenteil ausschlagen und zu einem Wachstum terroristischer Bedrohung sowie zu noch gewaltsameren Terrorangriffen führen.
„Der Tod dschihadistischer Führer könnte aufständische Gruppen kurzzeitig sprengen. Die Leerstellen könnten allerdings schnell von neuen und jüngeren Anführern gefüllt werden, die noch gewaltsamer als ihre Vorgänger agieren könnten“, sagt Jean-Herve Jezequel, Direktor der „International Crisis Group West Africa“ gegenüber der „NYT“. Zudem gäbe es Gerüchte, dass die Trucks, die Tag für Tag das stark bewachte Lagertor passieren, wertvolles Uranium aus der Region stehlen würden.

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Die Fahnen beider Länder symbolisieren die Zusammenarbeit
Die Unterstützung der USA im Kampf gegen Terrorismus werde dennoch dringend gebraucht, meint Moussa Salaou Barmou, Kommandant einer nigrischen 2.000-Mann-starken Special-Operations-Einsatztruppe gegenüber der „NYT“. Derzeit wird die fast 900 Hektar große Drohnenbasis mit drei Hangars sowohl von US-amerikanischen als auch nigrischen Einsatzkräften bewacht. In Zukunft könnte das Lager allerdings zur Gänze dem nigrischem Militär übergeben werden.
Mehr Zivilopfer befürchtet
Indes zeigen sich die Bewohner der naheliegenden Stadt Agadez besorgt. Sie fürchten durch das neue Drohnencamp Ziel terroristischer Attacken zu werden. “Wir befürchten, dass es zu einer ähnlichen Situation wie in Afghanistan kommt, wo US-amerikanische Soldaten nicht einmal den Unterschied zwischen Hochzeitsgästen und Terroristen erkennen können“, so der nigrische Regierungsbeamte Amadou Roufai gegenüber DN. Denn bei Angriffen durch Drohnen werden Kritikern zufolge neben der eigentlichen Zielperson häufig auch Unbeteiligte getötet - oft auch weil mehrere Anläufe notwendig sind, bis ein Ziel tatsächlich getroffen wird.
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