Freundschaftliche Geste
US-Präsident Donald Trump und der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un sind am Dienstagvormittag (Ortszeit) zu einem historischen Gipfeltreffen im südostasiatischen Stadtstaat Singapur zusammengekommen. Trump und Kim reichten einander zum Auftakt des Treffens in einem Luxushotel auf der Insel Sentosa die Hand.
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Nach der Zeitmessung von US-Reportern dauerte der erste Handschlag zwischen Kim und Trump exakt 13 Sekunden. Beide Politiker wirkten zunächst sehr ernst und konzentriert, als sie aufeinander zuschritten und einander die Hand gaben. Trump griff seinem Gegenüber in einer freundschaftlichen Geste zweimal kurz an die Schulter, beide blickten vor jeweils sechs Flaggen ihrer Länder in die Kameras. Später gingen sie ein kurzes Wegstück gemeinsam, Trump richtete ein paar Worte an Kim und ein freundliches Lächeln.

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Kim und Trump scheinen sich bei ihrem ersten Zusammentreffen gut zu verstehen
Kim traf zum Gipfeltreffen mit Trump nach südkoreanischen Angaben sieben Minuten vor dem US-Präsidenten ein. Koreanische Medien interpretierten das als eine Höflichkeitsgeste. In Korea hat der jüngere zweier Gesprächspartner als Erster zu erscheinen, das gebietet der Anstand.
Konkrete Ergebnisse völlig unklar
Es handelt sich um das erste Treffen eines US-Präsidenten und eines nordkoreanischen Machthabers. Trump und Kim streben eine umfassende Lösung des seit fast sieben Jahrzehnten bestehenden Konflikts auf der koreanischen Halbinsel an. Der US-Präsident will dem nordkoreanischen Diktator wirtschaftliche Erleichterungen und Sicherheitsgarantien geben, wenn der einem umfassenden Verzicht auf Atomwaffen zustimmt. Es ist völlig unklar, welche konkreten Ergebnisse der Gipfel bringen wird.

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Das Vieraugengespräch sollte eine erste Klärung der Verhältnisse bringen
Kim spricht Zusammenarbeit mit Trump an
Zunächst sprachen die beiden Staatschefs unter vier Augen. Neben ihnen durften nur die Übersetzer in den Raum. Bei dem Fototermin vor dem Vieraugengespräch sagte Trump eine „großartige Beziehung zu Kim“ voraus. Kim sagte, der Weg zu den Gesprächen sei nicht einfach gewesen: „Alte Praktiken und Vorurteile haben gegen uns gearbeitet. Aber wir haben sie alle überwunden. Und jetzt sind wir hier“, so Kim weiter. Trump pflichtete den Bemerkungen seines Gesprächspartners bei: „Das ist wahr.“

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Auch vor dem Gespräch zu zweit gab es einen Handschlag
Das Einzelgespräch war nach rund einer Dreiviertelstunde beendet. Trump sagte danach zu Kim: „Wir werden es lösen.“ Der Nordkoreaner sagte, es gebe Herausforderungen, aber er werde mit Trump zusammenarbeiten. „Viele Leute in der Welt werden das für eine Art Fantasie halten, aus einem Science-Fiction-Film“, so Kim. Die Beratungen seien „sehr, sehr gut“ gegangen, so Trump. Sein Verhältnis zu Kim beschrieb er als „ausgezeichnet“.
Arbeitstreffen als zweiter Schritt
Nach dem Gespräch gingen die Beratungen bei einem Arbeitstreffen im erweiterten Kreis weiter. Kim wich bei dem Gang zu den weiteren Gesprächen Reporterfragen nach atomarer Abrüstung mehrfach aus. Er reagierte dreimal nicht auf entsprechende Fragen von Journalisten. Den zweimaligen Zuruf „Werden Sie denuklearisieren?“ ignorierte er ebenso wie den anschließenden Zuruf „Herr Kim, werden Sie Ihre Atomwaffen aufgeben?“ Mit „Denuklearisierung“ ist im engeren Sinne atomare Abrüstung gemeint.
Zur US-Delegation gehören neben Trump unter anderen Außenminister Mike Pompeo und der Nationale Sicherheitsberater im Weißen Haus, John Bolton. Kim sagte in der erweiterten Gesprächsrunde: „Ich glaube, das ist ein guter Auftakt für Frieden.“

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In der großen Runde gingen nach dem Einzeltreffen die Gespräche weiter
Von Oktopus über Ripperln zu Vanilleeis
Anschließend wurde ein Arbeitsessen gereicht. Trump und Kim bestellten zum Mittagessen koreanische und internationale Spezialitäten. Als Vorspeise kamen ein traditioneller Krabbencocktail mit Avocadosalat, eine traditionelle koreanische gefüllte Gurke und ein Mangosalat mit Limettendressing und frischem Oktopus auf den Tisch.

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Das Mittagessen findet in entspannter Atmosphäre statt - die Vorspeise ist angerichtet
Nach Angaben des Weißen Hauses gab es eingelegte Ripperln vom Rind in Rotweinsauce mit gedünstetem Brokkoli und Kartoffelgratin Dauphinois. Zudem war süß-saures Schweinefleisch im Angebot mit gebratenem Yangzhou-Reis und hausgemachter Chilisauce sowie in Soja geschmorter Kabeljau mit asiatischem Gemüse. Zum Dessert wurden den Angaben zufolge Vanilleeis mit Kirschen sowie Schokotörtchen gereicht. Der Gipfel ist nach Einschätzung des US-Präsidenten sehr gut verlaufen. „Es ist besser gelaufen, als irgendjemand hätte erwarten können, Spitzenklasse“, sagte Trump nach dem gemeinsamen Mittagessen.
Trump verteidigt sich gegen Kritiker
In einem wütenden Tweet hatte Trump zuvor am frühen Morgen seine Kritiker zurechtgewiesen. "Wir haben unsere Geiseln (zurück), die Tests, die Forschung und alle Raketenabschüsse sind gestoppt", schrieb der US-Präsident. „Und diese Experten, die mir von Anfang an Fehler vorwarfen, haben nichts anderes zu sagen", fuhr er fort. "Wir werden okay sein.“
Mit dem Hinweis auf die Geiseln bezog sich Trump auf drei US-Bürger, die im Mai aus der Haft in Nordkorea freigelassen worden waren. In US-Medien waren zuvor Zweifel aufgekommen, ob die USA auf dem Gipfel mit Kim entscheidende Fortschritte erzielen können.
Kein Ausschlag an südkoreanischer Börse
Börsianer in Südkorea zeigten sich unbeeindruckt vom Gipfeltreffen. Der Leitindex KOSPI notierte am Dienstag 0,1 Prozent schwächer bei 2.466 Punkten. Der südkoreanische Won bewegte sich ebenfalls kaum. Ein Dollar kostete 1.074,8 Won nach 1.075,2 Won am Montag.
Tränen von Dennis Rodman
US-Basketballstar Dennis Rodman verteidigte unter Tränen seine Freundschaft zu Kim und den Gipfel mit Trump: „Wir müssen die Türen öffnen und neu anfangen und diese Welt zu einem besseren Ort machen. Baby, das ist es“, sagte Rodman in einem Liveinterview mit dem Sender CNN am Dienstag, das gleichzeitig mit dem Gipfel geführt wurde.

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Dennis Rodman sieht auch bei sich einen kleinen Anteil an dem Zustandekommen des Gipfeltreffens
Der ehemalige Basketballstar reiste mindestens fünfmal nach Nordkorea. Er bezeichnet Kim als „Freund fürs Leben“. Im vergangenen Jahr hatte er Kim ein Exemplar von Trumps Bestseller „The Art of the Deal“ von 1987 mitgebracht. Rodman reiste nun eigens zum Gipfel nach Singapur.
„Ich habe Morddrohungen bekommen“, sagte der frühere Spitzensportler und brach in Tränen aus. „Ich konnte nicht einmal nach Hause gehen ... Ich musste mich 30 Tage lang verstecken“, beschrieb er die Feindseligkeit, die er wegen seiner Freundschaft zu Kim erlebt habe. Für das Interview trug Rodman eine Kappe mit Trumps Wahlkampfslogan „Make America Great Again“ (Macht Amerika wieder großartig) sowie ein T-Shirt seines Kryptowährungssponsors.
Verwunderung über Invanka Trump
Chinesische Internetnutzer reagierten unterdessen verwundert auf einen Tweet von Ivanka Trump, in dem sie ein Sprichwort zitierte, das angeblich aus China stammt. Bevor ihr Vater am Dienstag in Singapur mit Kim zusammenkam, twitterte die Präsidententochter: „Diejenigen, die sagen, dass nichts erreicht werden kann, sollten diejenigen, die es tun, nicht unterbrechen. - Chinesisches Sprichwort."
Die Redewendung schien Nutzern in Chinas Sozialen Netzwerken jedoch völlig unbekannt zu sein. "Sie muss das in einem Glückskeks gefunden haben“, schrieb ein Nutzer des Kurznachrichtendienstes Weibo. Ein anderer Nutzer kommentierte: „Der Satz ergibt zwar Sinn, ich weiß aber trotzdem nicht, welche Redewendung sie meint." Ein weiterer Weibo-Nutzer fühlte sich durch das offenbar falsche Zitat an seine eigene Schulzeit erinnert: "Auf die gleiche Art habe ich früher Aufsätze geschrieben.“
Singapur im Ausnahmezustand
Kim und Trump waren schon zwei Tage vor dem Gipfel nach Singapur gereist. Unterhändler trafen dort am Montag hinter den Kulissen noch die letzten Vorbereitungen. Die Sicherheitsvorkehrungen brachten indes den Alltag zum Stillstand. Ein enormes Polizeiaufgebot ist im Einsatz, die Sicherheitskräfte sperrten zentrale Orte faktisch ab. Die ohnehin strikten Sicherheitsregeln in Singapur wurden noch einmal verschärft. Trotzdem fanden sich zahlreiche Schaulustige an den Absperrungen ein.

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Trump erhielt bei seinem Treffen mit dem singapurischen Premier eine Geburtstagstorte - allerdings drei Tage zu früh
„Es ist großartig, in Singapur zu sein. Aufregung liegt in der Luft“, twitterte Trump am Montagvormittag (Ortszeit). Dienstag in aller Früh legte er auf Twitter noch einmal nach und schrieb, die Beratungen der Delegationen verliefen gut und schnell. „Aber am Ende zählt das nicht“, twitterte er. „Wir werden bald alle wissen, ob es anders als in der Vergangenheit einen wirklichen Deal geben kann oder nicht.“ Noch vor einigen Monaten hatten Trump und Kim einander als „kleiner Raketenmann“ bzw. „dementer Greis“ beschimpft und sich gegenseitig mit „Feuer und Wut“ gedroht.
Kim unternahm „Singapur bei Nacht“-Tour
Am Tag vor dem Gipfel hatte Trump noch mit Singapurs Ministerpräsident Lee Hsien Loong mittaggegessen und sich telefonisch mit dem südkoreanischen Staatschef Moon Jae In beraten. Kim hingegen unternahm eine „Singapur bei Nacht“-Tour, bei der er mehrere Sehenswürdigkeiten besuchte. Die staatliche nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA meldete, der Machthaber habe sich beeindruckt von der wirtschaftlichen Entwicklung Singapurs gezeigt.

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Kim und seine Begleiter beim nächtlichen Sightseeing
Vorschusslorbeeren von UNO
Wie lange das Treffen am Dienstag dauern wird, ist offen. Kim könnte sich Gerüchten zufolge bereits zu Mittag schon wieder verabschieden. Trump will nach bisheriger Planung am Abend um 20.00 Uhr Ortszeit mit der Air Force One wieder abheben. Sollte es notwendig sein, könnte der Gipfel um einen Tag verlängert werden.
Vorschusslorbeeren erhielt das Treffen übrigens von UNO-Generalsekretär Antonio Guterres. „Die beiden Staatschefs versuchen, aus dem gefährlichen Teufelskreis auszubrechen, der im vergangenen Jahr so viel Sorge bereitet hat“, sagte Guterres. Dazu brauche es „Kooperation, Kompromiss und ein gemeinsames Ziel“. Die UNO stünde zur Unterstützung und Verifizierung einer möglichen Denuklearisierung Nordkoreas bereit, wenn sie von den Beteiligten dazu aufgefordert würden.
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