Countdown zum Ratsvorsitz: Ministerrat in Brüssel

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Mit einem nach Brüssel verlegten informellen Ministerrat läutet die Regierung heute öffentlichkeitswirksam den Countdown zur Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft ein. Am Vormittag wird die gesamte Regierungsmannschaft in der belgischen Hauptstadt erwartet - angeführt von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ).

In den Räumlichkeiten der Ständigen Vertretung Österreichs bei der Europäischen Union steht dann unter anderem im Rahmen einer Regierungssitzung die weitere Vorbereitung des Ratsvorsitzes auf dem Programm, den Österreich am 1. Juli von Bulgarien übernimmt.

Sitzungssaal

ORF.at/Peter Prantner

Blick in den vorbereiteten Sitzungssaal

Neben dem Motto „ein Europa, das schützt“, sind die von der Regierung gesetzten Eckpunkte schon in groben Zügen bekannt. Dem Vernehmen nach soll in Brüssel nun das nationale Schwerpunktprogramm auch im Detail verankert werden.

Kurz-Juncker-Treffen im Kommissionsgebäude

Um Österreichs Pläne zum Ratsvorsitz dreht sich schließlich auch der nächste große Termin des Tages im nahe der Ständigen Vertretung gelegenen Berlaymont-Gebäude, dem Sitz der EU-Kommission.

Hier wird Kurz nach der Regierungssitzung mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zu einem Vieraugengespräch zusammentreffen, daneben gibt es bilaterale Gespräche zwischen einzelnen Ministern und Kommissaren. Nach einem gemeinsamen Arbeitsmittagessen werden Juncker und Kurz gemeinsam vor die Presse treten.

„Brexit“, Finanzrahmen und vieles mehr

Was die bisher bekannten Schwerpunkte betrifft, steht etwa das Thema Migration und der verstärkte Schutz der EU-Außengrenzen ganz oben auf der Prioritätenliste der ÖVP-FPÖ-Regierung. Dazu kommen Digitalisierung und die EU-Beitrittsperspektiven für den Westbalkan. Darüber hinaus will sich Österreich für eine Stärkung der Subsidiarität einsetzen. Dort, „wo es möglich ist“, solle die EU „schlanker“ werden, um mehr Mittel für große Projekte zu haben, wie Kurz dazu etwa bereits bei einem Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs in Brüssel Ende Februar dazu sagte.

In die Ratspräsidentschaft fallen zudem große offene Punkte wie das Finale der „Brexit“-Verhandlungen und der Beginn der Verhandlungen über den mehrjährigen EU-Finanzrahmen 2021 bis 2027. Offenbleiben könnte nach einem EU-Gipfel Ende Juni auch die Frage der Flüchtlingsverteilung in Europa.

Auf dem Tisch liegen unter anderem auch rund 300 Triloge bzw. Verhandlungsdossiers der drei EU-Institutionen Parlament, Rat und Kommission, die es mit Blick auf die im Mai anstehende Wahl eines neuen EU-Parlaments abzuspulen gilt – es geht aber auch um grundlegende Weichenstellungen.

Hohe Erwartungshaltung im EU-Parlament

Die Erwartungshaltung an Österreichs Ratsvorsitz ist, wie ein ORF.at-Rundruf unter österreichischen EU-Parlamentsabgeordneten zeigt, unterdessen sehr groß. Abseits der großen Brocken – Stichwort „Brexit“, mehrjähriger Finanzrahmen und Migration – gehe es um weit mehr, als das reine Abspulen eines dichten Arbeitsprogrammes – die Rede ist vielmehr von einem Europa am Scheideweg. Für Othmar Karas (ÖVP) etwa steht außer Frage: „Der Druck auf die österreichische Ratspräsidentschaft ist sehr groß.“

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