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Datenschutz: „Österreich Land der Opfer“

Der Datenschutzaktivist Max Schrems hat der Bundesregierung vorgeworfen, mit ihrem Nein zu Datenschutz-Verbandsklagen US-Internetriesen wie Google und Facebook zu schützen. In Österreich gebe es nämlich nur wenige Firmen, die personenbezogene Daten gezielt nutzen und vermarkten, sagte Schrems der Tageszeitung „Die Presse“. Österreich sei diesbezüglich „ein Land der Opfer und kein Land der Täter“.

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Schrems hat sich mit Sammelklagen gegen Facebook auch international einen Namen gemacht. Diesbezüglich kritisierte er die Umsetzung der ab Ende Mai geltenden EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Österreich. Die Möglichkeit von Verbandsklagen sei „fröhlich rausgestrichen“ worden.

Rückschlag für Datenschützer

Das trifft Datenschützer schwer, darunter auch ihn selbst. Denn Schrems wollte mit seiner neu gegründeten und via Crowdfunding finanzierten NGO noyb („none of your business“) mittels Verbandsklagen gegen Datenschutzverstöße internationaler Großkonzerne vorgehen.

„Wir haben jetzt ein Problem, wenn wir gegen internationale Konzerne vorgehen wollen, weil man mit Verbandsklagen gut aus Österreich ‚rausklagen‘ könnte“, so Schrems. Dabei gebe es die Sammelklage innerhalb Österreichs schon längst: „Indem die Regierung die Verbandsklage verhindert hat, schützt sie also nicht österreichische Unternehmen. Sie schützt stattdessen Google und Facebook, die Konkurrenz heimischer Firmen.“

ÖVP und FPÖ kippten Klagsmöglichkeit

Die Verbandsklage hätte es nach dem Willen von SPÖ und NEOS nicht gewinnorientierten Datenschutzorganisationen ermöglichen sollen, Datenschutzrechte bei großen internationalen Konzernen wie Facebook und Google durchzusetzen. Die Koalition lehnte das ab, Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erkannte darin ein Beispiel für „Gold-Plating“, die unnötige Übererfüllung von EU-Vorgaben. Dieses will die ÖVP-FPÖ-Regierung verhindern, wenn es aus ihrer Sicht keinen Zweck hat.

Mit noyb habe er „klar einen europäischen Fokus“, sagte Schrems. „Aber wir müssen uns immer überlegen, wie man etwas durchsetzt. Und wenn es weniger Optionen auf europäischer Ebene gibt, kann es attraktiver sein, eine Grundsatzfrage in Österreich zu klären“, deutete er Klagen gegen österreichische Unternehmen an. Ein interessantes Thema sei etwa, „wie weit eine Kreditauskunftei gehen darf“ und ob sie auch Daten von Bürgern sammeln dürfe, die jede Rechnung brav bezahlt haben.

EU-DSGVO: „Beißer“ oder „Schoßhund“?

Geringe Illusionen macht sich Schrems, was das künftige Verhalten der großen Tech-Konzerne betrifft. Sie „versuchen, ihr System weiterzufahren und schauen sich an, ob der neue Datenschutz tatsächlich beißt oder wieder nur ein Schoßhund ist“. Grundsätzlich äußerte sich Schrems positiv zur Verordnung, weil sie die Möglichkeit biete, Datenschutzrechte, „die wir schon lang auf dem Papier haben, wirklich durchzusetzen“.

Mit Blick auf die Kritik von Unternehmen an den Regeln betonte er: „Wer nach dem alten Recht datenschutzkonform agiert hat, wird es nach dem neuen zu 99,9 Prozent auch tun.“ Allerdings seien Teile der Verordnung „sehr schwammig geschrieben“, was zu Rechtsunsicherheit führe. „Kübeln“ hätte man auch viele Bestimmungen bei der internen Dokumentation und bei Beauftragten können. Das sei „sinnloser Verwaltungsaufwand“.

Kritik an Verwarnungsgrundsatz

Schrems äußerte auch Sympathie für die ursprüngliche Überlegung, kleinere Unternehmen auszunehmen. Allerdings wäre dann auch eine Firma wie WhatsApp mit nur zehn Mitarbeitern daruntergefallen. „Gescheit wäre die Alternative gewesen: Die Regeln gelten für Firmen, die regelmäßig Datensätze von mehr als 100.000 Betroffenen verarbeiten. Das haben Wirtschaftslobbyisten erfolgreich blockiert.“

Dagegen kritisierte er die in der Verordnung enthaltene Möglichkeit, dass bei Übertretungen nur verwarnt wird. „Extrem verunsichert“ habe man die Menschen auch mit der Ausnahme für Daten zu Forschungszwecken, sagte Schrems mit Blick auf die ELGA-Daten, die nun womöglich bei einem Pharmakonzern wie Pfizer landen könnten.

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