Übersiedelung nach Berlin
Die Stiftung des US-Milliardärs George Soros zieht sich aus Ungarn zurück. Der Schritt erfolge wegen des „immer repressiveren politischen und rechtlichen Umfelds in Ungarn“, teilte die Stiftung Anfang Juni in New York mit. Das Büro werde samt Mitarbeitern nach Berlin übersiedeln. Allerdings werde die Open Society Foundation (OSF) weiterhin NGOs in Ungarn unterstützen.
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„Es ist unmöglich, die Sicherheit unserer Operationen und Mitarbeiter in Ungarn vor willkürlicher Einmischung der Regierung zu gewährleisten“, begründete OSF-Präsident Patrick Gaspard den Rückzug. Die Entscheidung erfolge angesichts der Pläne der rechtspopulistischen Regierung, ein als „Stop Soros“ bekanntes Gesetzespaket zu beschließen.
„Falsche Darstellung“ durch Regierung
Gaspard warf der ungarischen Regierung vor, „in für die Europäische Union beispielloser Weise“ nicht nur die Arbeit der Stiftung „falsch dargestellt“ zu haben, sondern auch „die Zivilgesellschaft unterdrückt“ zu haben, „um damit politisch zu punkten“. Das „Stop Soros“-Gesetzespaket sei nur der jüngste Versuch in dieser Richtung. „Sie hat dabei eine Taktik eingesetzt, die es in der Geschichte der Europäischen Union noch nicht gab.“

Reuters/Bernadett Szabo
Soros gründete unter anderem die private Central European University (CEU) in Budapest
Die ungarische Regierung habe in den vergangenen Jahren „mehr als hundert Millionen Euro an öffentlichen Geldern für eine Kampagne ausgegeben, um Lügen über die Stiftung und ihre Partner zu verbreiten“, hieß es damals in der Aussendung. Dazu gehörten auch Propagandaplakate, die an antisemitische Sujets aus dem Zweiten Weltkrieg erinnerten, sowie eine Volksbefragung, bei der OSF-Gründer George Soros attackiert worden sei. Soros unterstützt mit seinem Geld Bemühungen, liberale Werte und das Streben nach offenen Grenzen in Osteuropa stärker zu verankern.
Stiftung zur Förderung der Meinungsfreiheit
Der Rückzug werde „große Auswirkungen“ auf die etwa hundert Mitarbeiter von OSF in Budapest haben, da 60 Prozent von ihnen ungarische Staatsbürger seien. Mehrere seien schon mehr als ein Jahrzehnt für die Organisation tätig. Der gebürtige Ungar und Holocaust-Überlebende Soros hatte im Jahr 1984 seine erste Stiftung gegründet, um Meinungs- und Gedankenfreiheit zu fördern. Immer wieder wird auch darauf hingewiesen, dass der heutige ungarische Ministerpräsident und frühere Dissident Viktor Orban einer der Stipendiaten von Soros war.
Orban bezeichnete den Stiftungsgründer als „Staatsfeind“. Er bezichtigte ihn unter anderem eines Plans, die gesellschaftliche Struktur Europas durch Massenzuwanderung zu verändern. Diese Verschwörungstheorie wurde auch von FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus aufgegriffen, der in diesem Zusammenhang von „stichhaltigen Gerüchten“ sprach und dafür auch von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) kritisiert wurde. Die Soros-Stiftung ist politischen Machthabern auch deshalb ein Dorn im Auge, weil ihre Unterstützung von zivilgesellschaftlichen Bewegungen in mehreren Ländern, etwa in Serbien, Georgien und der Ukraine, eine Rolle beim Sturz autoritärer Machthaber gespielt haben soll.
NEOS fordert Reaktion von Kurz
Gudenus wollte den Rückzug der Soros-Stiftung aus Ungarn Anfang Juni nicht kommentieren. „Das ist eine Entscheidung der Stiftung. Ich kenne die Hintergründe nicht und kann dazu nichts sagen“, zeigte sich der Freiheitliche am Rande einer Pressekonferenz kurz angebunden. NEOS forderte eine klare Reaktion von der österreichischen Bundesregierung. Kanzler Kurz müsse „klar Stellung gegen die untragbare Politik seines Fraktionskollegen Orban“ beziehen, so die stellvertretende NEOS-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger.
„Gezielt antisemitische Kampagnen dürfen in Europa keinen Platz mehr haben“, so Meinl-Reisinger in einer Aussendung. Der von Orban „erzwungene Rückzug“ der Soros-Stiftung müsse ein „Weckruf für die demokratischen und liberalen Kräfte in Europa sein“.
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