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Nicht nur eine Frage der Perspektive

Neuseeland hat im Frühjahr eine Kampagne gestartet, um auf Weltkarten nicht mehr vergessen zu werden. Denn tatsächlich kommt es immer wieder vor, dass Neuseeland auf Karten fehlt, obwohl der Inselstaat flächenmäßig immerhin größer ist als Großbritannien.

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Die Aktion unter dem Internetschlagwort „#getNZonthemap“ (in etwa: „Bringt Neuseeland auf die Karte“) hat die offizielle Unterstützung von Premierministerin Jacinda Ardern. Die Regierungschefin des Pazifikstaats, der auf den meisten Weltkarten - wenn überhaupt - rechts unten liegt, schrieb auf ihrer Facebook-Seite: „Manche nennen es eine Verschwörung, manche ein Versehen. Egal: Es ist jetzt an der Zeit für eine kleine Kampagne.“

In einem Video, das vom Fremdenverkehrsverband produziert wurde, ist Ardern mit dem Schauspieler Rhys Darby zu sehen. Der Komiker gibt darin zu: „Wir sind ein Land, das ziemlich kompliziert geschnitten ist. Das sieht ein bisschen aus wie eine halb zu Ende gegessene Lammstelze.“

Scherze über Verschwörung und Schuldigensuche

Zugleich vermutet er hinter dem Weglassen eine „Verschwörung, so groß wie die über die Mondlandung und Loch Ness zusammen“. Schuld daran sollen wahlweise Australier oder Engländer sein - entweder, weil sie Neuseeland Touristen wegschnappen wollen, oder aber, weil sie Neuseelands legendäre Rugby-Nationalmannschaft, All Blacks, loswerden wollen. Auch die Franzosen könnten schuld sein, aus Eifersucht auf die Qualität des neuseeländischen Weins.

Ähnliche Theorien werden auch auf der Website Worldmapswithout.nz gesammelt, wo sich auch zahlreiche Beispiele ungenauer Landkarten finden. Selbst die neuseeländische Regierung machte sich im Internet schon darüber lustig, dass man für viele Kartografen nicht zu existieren scheint. Auf ihrer Homepage findet sich ebenfalls eine neuseelandlose Weltkarte, zu der dann die Fehlermeldung „Page not found“ („Seite nicht gefunden“) erscheint.

Zu den anderen Institutionen, die den Staat mit seinen etwa 4,8 Millionen Einwohnern unterschlugen, gehören zum Beispiel die Vereinten Nationen, die BBC und der weltweit angesehene US-Museumsverbund Smithsonian. Auch das schwedische Möbelhaus Ikea hat Neuseeland, nahe Australien gelegen, auf Karten eliminiert. Längst gibt es auf der anderen Seite der Erdkugel aber auch Weltkarten, bei denen sich nicht Europa im Zentrum befindet, sondern Neuseeland.

Seit Jahrhunderten an den Rand gedrängt

Den undankbaren Platz ganz am Rand der Weltkarte hat Neuseeland schon seit mehreren Jahrhunderten. Auch modernste Karten bedienen sich der aus dem 16. Jahrhundert stammenden Mercator-Projektion. Bereits 1569 veröffentlichte der Kartogaf Gerhard Mercator die erste zweidimensionale Weltkarte mit einer winkeltreuen Abbildung der Erde. Trotz der Krümmung der Erde konnten Schiffe nach dieser Karte navigieren. Auch digitale und zoombare Karten wie Google Maps und OpenStreetMap nutzen diese Projektion: Selbst bei starker Vergrößerung stehen Straßen im richtigen Winkel zueinander.

Allerdings ist Mercators Methode nicht flächentreu: Länder, die sich näher an den Polen befinden, erscheinen durch die zylindrische Projektion größer als jene am Äquator. Das hat dieser Methode in den 1970er Jahren den Vorwurf eingebracht, ein eurozentristisches Weltbild zu vermitteln.

Immer wieder wurde versucht, eine realitätsgetreuere Darstellungsform zu finden. 1999 entwickelte der japanische Designer Hajime Narukawa die Authagraph-Projektion. Dabei wird die Erdoberfläche in 96 gleichmäßige Dreiecke aufgeteilt und in einen Tetraeder übertragen, der wiederum aufgefaltet wird. Dadurch werden Verzerrungen reduziert und Größe und Form von Kontinenten weitgehend erhalten. Seit dem Jahr 2015 wird sie in den offiziellen japanischen Schulbüchern verwendet.

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