Skandal überschattete Preisverleihung
Den deutschen Musikpreis Echo wird es in Zukunft nicht mehr geben. Das teilte der Bundesverband Musikindustrie (BVMI) am Mittwoch in Berlin mit. Er reagierte damit auf die Kontroverse über die Preisvergabe an die beiden Rapper Kollegah und Farid Bang. Ihnen werden mit ihrem Album „Jung, brutal, gutaussehend 3“ („JBG3“) Gewaltverherrlichung, Frauenfeindlichkeit und Antisemitismus vorgeworfen.
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Die Preisverleihung sorgte für viel Protest und Empörung, zahlreiche renommierte Künstler gaben ihre eigenen Preise zurück. Auf „0815“, einem Bonustrack des Albums, reimen Kollegah und Farid Bang: „Und wegen mir sind sie beim Auftritt bewaffnet. Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen.“ Die Zeile war bereits im Vorfeld der Gala als antisemitisch kritisiert worden.

AP/Axel Schmidt
Kollegah und Farid Bang erhielten den Echo in der Kategorie „Hip-Hop/Urban National“
Der Echo sei viele Jahre „ein großartiger Preis und zugleich zentrales Branchenevent mit vielen bewegenden Momenten“ gewesen, schrieb der Musikverband in einer Mitteilung. Allerdings dürfte ein solcher Preis „keinesfalls als Plattform für Antisemitismus, Frauenverachtung, Homophobie oder Gewaltverharmlosung wahrgenommen“ werden. „Das um den diesjährigen Echo herum Geschehene, wofür der Vorstand sich entschuldigt“ habe, könne zwar nicht rückgängig gemacht werden, man werde aber dafür sorgen, „dass sich ein solcher Fehler in Zukunft nicht wiederholt.“
Entschuldigung an Zentralrat der Juden
Bereits zuvor hatte sich der BVMI-Vorstandsvorsitzende Florian Drücke für die Echo-Preisverleihung bei der früheren Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, entschuldigt: „Wir entschuldigen uns ausdrücklich dafür - bei Ihnen und allen anderen Menschen, deren Gefühle wir verletzt haben.“
Aus für Musikpreis Echo
Der deutsche Musikpreis Echo wird nach einem Skandal abgeschafft. Das kündigte der deutsche Bundesverband Musikindustrie am Mittwoch mit.
Knobloch hatte die Auszeichnung als „verheerendes Zeichen“ bezeichnet. Gerade erst entstehe in Deutschland die „ersehnte Sensibilität für den erstarkten Antisemitismus in unserer Gesellschaft, insbesondere an Schulen“. Knobloch habe mit ihrer Kritik vollkommen recht, so Drücke. „Wir als Vorstand haben das falsch bewertet und wollten uns an der falschen Stelle für die künstlerische Freiheit einsetzen.“
Barenboim gibt Echos zurück
Aus Protest gegen die Auszeichnung der Rapper Kollegah und Farid Bang gaben Musiker ihre Echos zurück - darunter auch der Dirigent Daniel Barenboim. Er habe sich gemeinsam mit der Staatskapelle Berlin und dem West-Eastern Divan Orchestra zu diesem Schritt entschlossen, teilte der 75-jährige Generalmusikdirektor der Berliner Staatsoper Unter den Linden mit. „Wir müssen uns geschlossen gegen solche Stimmen erheben und dürfen sie nicht auch noch dadurch bestärken, dass wir sie mit Preisen auszeichnen und dadurch legitimieren.“
Auch Musiker Marius Müller-Westernhagen kündigte an, nach den Antisemitismusschlagzeilen alle seine Echo-Trophäen zurückzugeben. „Die Verherrlichung von Erfolg und Popularität um jeden Preis demotiviert die Kreativen und nimmt dem künstlerischen Anspruch die Luft zum Atmen. Eine neue Stufe der Verrohung ist erreicht“, erklärte Müller-Westernhagen via Facebook. Der Musiker und Grafiker Klaus Voormann hatte den erst vor wenigen Tagen überreichten Echo für sein Lebenswerk zurückgegeben.
Plattenfirma trennte sich von Rappern
Die Plattenfirma Bertelsmann Music Group (BMG) hat sich inzwischen von den Rappern Farid Bang und Kollegah getrennt. Das geht aus einer Erklärung der Bertelsmann-Tochter hervor. „BMG hat die Zusammenarbeit mit den Künstlern Kollegah und Farid Bang beendet“, hieß es. Zuvor hatte BMG angekündigt, die Zusammenarbeit mit den Rappern vorerst ruhen zu lassen.
Der Echo wurde seit dem Jahr 1992 verliehen. Die Gewinner wurden überwiegend auf Grundlage ihrer verkauften Alben ermittelt. Der Bundesverband Musikindustrie erklärte, für einen Neuanfang habe der Vorstand bereits erste konkrete Schritte benannt. Er werde die drei Preise in eine eigene Struktur überführen. „Im Zuge dessen werden auch die bisher involvierten Gremien ihre Tätigkeit einstellen. Die Kriterien der Nominierung und Preisvergabe werden dabei vollständig verändert.“
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