„Zeichen der Wertschätzung“
Eine positive Bilanz haben Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sowie weitere Mitglieder der Bundesregierung nach ihrem Treffen mit der chinesischen Staatsspitze gezogen. Die Reise sei schon jetzt ein Erfolg, so Van der Bellen am Montagvormittag (Ortszeit) bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Peking.
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Van der Bellen war am Sonntag gemeinsam mit Kurz und weiteren Regierungsvertretern in der „Halle des Volkes“ mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping zusammengetroffen. Das anschließende Staatsbankett dauerte sogar eine Stunde länger als geplant. „Ein Zeichen der Wertschätzung“, lautete die Interpretation der Delegation. Bei dem Besuch in China stehen Wirtschaftsfragen im Mittelpunkt. Van der Bellen und Kurz werden am Freitag in Wien erwartet. Allerdings reisen die meisten Minister früher nach Hause zurück.

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Der österreichische Bundespräsident Alexander van der Bellen und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping
Kurz verweist auf Abschlüsse
Kurz strich am Montag die wirtschaftlichen Beziehungen hervor. „Positiv ist, dass wir die wirtschaftliche Kooperation ausbauen. Diese Reise schafft das jedenfalls“, so Kurz. „Wir könnten Verträge im Ausmaß von 1,5 Milliarden Euro abschließen. China ist ein Wirtschaftsturbo“, so der Kanzler weiter - Audio dazu in oe1.ORF.at. China wolle eine gute Basis für eine Kooperation schaffen, so Van der Bellen weiter. „Wir haben gemeinsame Ziele, etwa in den Bereichen Umwelt, Nachhaltigkeit, Klimaschutz“, so der Bundespräsident weiter.

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Bundeskanzler Sebastian Kurz, Bundespräsident Van der Bellen und Chinas Staats- und Parteichef Xi
„Präsident Xi Jinping ist auch ein Fußballfan. Wir denken daher daran, ob es nicht möglich wäre, ein Freundschaftsspiel zwischen Österreich und China zu organisieren“, sagte Van der Bellen. „Wenn wir gewinnen, wird das den Präsidenten aber sehr ärgern. Er hat von einem Match gegen Tschechien erzählt, dass China 0:6 verloren hat. Offenbar gibt es da noch Aufholbedarf“, so das österreichische Staatsoberhaupt.
Noch kein Termin für Xi-Besuch
Van der Bellen nahm erneut auf eine von ihm an Xi ausgesprochene Einladung nach Österreich Bezug. Die Reaktion des Präsidenten sei sehr freundlich und zustimmend gewesen, ohne einen konkreten Termin zu nennen. Er habe im gesagt, dass es das Neujahrskonzert oder die Salzburger Festspiele sein könnten. „Wir können davon ausgehen, dass der Besuch innerhalb des kommenden Jahres stattfinden wird“, so Van der Bellen.

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Van der Bellen und Xi
Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) will österreichisches Know-how nach China bringen: Umwelt- und Klimaschutz sei ein Wachstumsmarkt. „Österreich kann viel im Management von Luft- und Wasserqualität liefern. In China gibt es kein effizientes Mülltrennungssystem. Österreich ist darin aber praktisch Weltmeister. Da können wir Know-how liefern“, so Köstinger. China produziere noch 77 Prozent der Energie aus Kohle, wolle aber am Klimaschutzvertrag festhalten. „Der Umweltminister will die Position sondieren für die UNO-Klimakonferenz, die während der österreichischen EU-Präsidentschaft in Kattowitz (Katowice in Polen, Anm.) stattfinden wird“, so Köstinger weiter.
Schlachtbetriebe dürfen Schweinefleisch liefern
Nach einem langjährigen Zulassungsprozess dürfen fünf österreichische Schlachtbetriebe ihr Schweinefleisch künftig auch nach China exportieren. Köstinger unterzeichnete mit dem chinesischen Landwirtschaftsminister Han Changfu ein Abkommen zum Export von Schweinefleisch.
„Nach fast zehn Jahren der Verhandlungen dürfen unsere Schlachtbetriebe nun auch nach China liefern. Fünf von sechs Ansuchen sind im Zuge der China-Reise positiv von der chinesischen Regierung erledigt worden“, so Köstinger in einer schriftlichen Stellungnahme. Der sechste beantragte österreichische Schlachtbetrieb soll auch bald zugelassen werden. Bestimmte Teile (Bäuche, Köpfe, Füße, Zungen) würden in Asien deutlich höhere Preise als in Österreich erzielen.
Als Nächstes steht laut der Landwirtschaftsministerin die Verlängerung der Exportgenehmigungen für die Milchwirtschaft auf der Agenda. Bei 20 österreichischen Molkereien läuft die vierjährige China-Exportzulassung heuer aus. Auch mehrere steirische Obstbaubetriebe haben im Jahr 2016 um Liefergenehmigungen angesucht, die Verhandlungen laufen noch.
Hofer: Spannende Tage
Auch Verkehrs- und Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) zog eine positive Bilanz: „Das waren sehr spannende Tage. Das Projekt Seidenstraße ist von besonderer Bedeutung. Es wird uns gelingen, mit der Bahn Güter innerhalb von zehn Tagen von China nach Österreich zu bringen“, so Hofer. Das sei nicht billiger als der Seeweg, aber schneller. „Der Bundespräsident kann bei solchen Reisen ein Türöffner sein, er hat bei den Gesprächen auch die Menschenrechtssituation angesprochen. Das offene Wort stand im Vordergrund“, so Hofer.
Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) betonte die Wichtigkeit des chinesischen Marktes. „Angesichts der Krisen, die sich wirtschaftlich international derzeit auftun, müssen wir Alternativen schaffen und neue Partnerschaften eingehen. China ist da ein wesentlicher Punkt“, so die Ministerin. Österreich könne für China der Brückenkopf nach Europa sein. „Wichtig ist wiederzukommen. Ich werde im Herbst bei Chinas größter Einkäufermesse dabei sein“, so Schramböck.
Kneissl: Auftag für neuen Asienschwerpunkt
FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl bezeichnete den Staatsbesuch in China als „Auftakt für den neuen Asienschwerpunkt der österreichischen Diplomatie“. Asien sei sowohl als Handelspartner als auch als Herkunftsregion für Tourismus nach Österreich attraktiv, so die Ministerin am Montag in einer Aussendung.
Österreich werde sich in Zukunft als „Vermittler und Standort für Diplomatie und Wirtschaft“ positionieren. „Ein Zeitenwechsel ist im Gange: vom transatlantischen zum pazifischen Zeitalter. Wir müssen den veränderten geopolitischen Gegebenheiten Rechnung tragen“, erklärte Kneissl den neuen diplomatischen Schwerpunkt. China sei nicht nur eine Wirtschaftsgroßmacht, sondern habe sich auch in anderen Bereichen - etwa dem Klimawandel - zu einem „Global Player“ entwickelt.
Leitl will von China lernen
„China will keinen Handelskrieg mit den USA“, so die Einschätzung von Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl nach dem Besuch bei Xi. Daher seien die bisherigen Reaktionen auch eher moderat gewesen. „Sie zittern aber auch nicht vor den Amerikanern“, so Leitl am Montag in Peking. „Sie sagen: Wir haben einen großen Binnenmarkt.“ Auf den könnten sie sich notfalls konzentrieren. Das unterscheide China auch von Österreich. Daher müsse auch in Österreich das Bewusstsein für die Notwendigkeit der transnationalen Zusammenarbeit wachsen.
Kurz unterstützt Bankprojekt
Einen nach eigenen Angaben „sehr guten“ Termin absolvierte Kurz am Montag bei der Industrial and Commercial Bank of China (ICBC) in Peking. Die „größte Bank der Welt“ will in Wien eine Tochterbank ansiedeln. Ein Projekt, das Österreich unterstütze, wie Kurz sagte. Doch spießt es sich vorerst noch an regulatorischen Rahmenbedingungen.
Sollte die Ansiedlung klappen, wäre das ein „starkes Signal“ für den „Finanzstandort Österreich“, so Kurz nach seinem Termin bei ICBC-Chairman Yi Huiman. Die Bank habe großes Interesse daran, die Aktivitäten in Europa auszubauen. Es gebe den Plan, in Wien eine Zentrale für Zentral- und Südosteuropa zu etablieren. Das würde den Kapitalmarkt- und Bankenstandort Wien stärken, sagte Kurz in Peking zu österreichischen Journalisten. Sollte die Ansiedlung klappen, könnten „mehrere hundert neue Arbeitsplätze“ entstehen, so der Kanzler.
Verzögerung liegt an „Regulierung“
Allerdings gebe es noch Probleme mit gewissen Richtlinien der Europäischen Zentralbank (EZB). Kurz war daher bei dem Gespräch mit Yi daran gelegen klarzustellen, dass die Verzögerung an der „Regulierung“ liege und nicht am „mangelnden politischen Willen.“ Die ICBC würde von Wien aus mit einer Lizenz für Südosteuropa agieren und kein Privatkundengeschäft abwickeln, so Kurz. Es gehe vielmehr um die "Begleitung chinesischer Aktivitäten und die Unterstützung von Großinvestments. Die Bank mache im Jahr 40 Mrd. Dollar Gewinn, umriss der Regierungschef die Dimensionen, die Bilanzsumme liege bei 3,5 Billionen Dollar.
Werbung für Österreich bei TV-Interview
Zuvor hatte der Bundeskanzler dem TV-Sender Phoenix im Rahmen der Reihe „Talk with World Leaders“ ein Interview gegeben. Dabei habe er vor allem für Österreich als Tourismusziel beworben. „Das ist auch eine Facette dieser Reise“, so Kurz. Phoenix ist ein Sender in Hongkong, der sich vor allem an Auslandschinesen wendet. Er erreicht laut Bundeskanzleramt rund 500 Millionen Zuseher.
Im Vorjahr hatte es insgesamt rund 900.000 Gäste aus China in Österreich gegeben. Laut Umwelt- und Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) bedeutete das eine Steigerung um 25 Prozent gegenüber 2016. Ziel sei es nun auch, über die Olympischen Winterspiele 2022, die in Peking und Umgebung stattfinden werden, „den Wintertourismus“ zu stärken. Der Vorarlberger Seilbahnhersteller Doppelmayr erhielt in Peking neun Aufträge für die Olympischen Winterspiele 2022 - mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.
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