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Derzeit keine unabhängige Bestätigung

US-Präsident Donald Trump hat dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad mit Vergeltung für einen mutmaßlichen Chemiewaffenangriff mit Dutzenden Toten gedroht. „Viele tot, darunter Frauen und Kinder, durch einen sinnlosen chemischen Angriff in Syrien“, twitterte Trump am Sonntag.

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Der Angriffsort sei von der syrischen Armee eingekesselt und damit völlig unzugänglich für die restliche Welt. „Präsident Putin, Russland und der Iran tragen die Verantwortung für die Unterstützung des Tieres Assad.“ Sie würden einen hohen Preis dafür zu zahlen haben.

Die Hilfsorganisationen Syrian American Medical Society (SAMS) und Weißhelme sprachen in einer gemeinsamen Erklärung von 49 Todesopfern nach einem Giftgasangriff auf die von Rebellen gehaltene Stadt Duma in der seit Monaten umkämpften Region Ostghuta. Das syrische Ärztenetzwerk Union of Medical Care and Relief Organizations (UOSSM) ging von mindestens 150 Toten aus. Es gibt keine unabhängige Bestätigung für die Berichte und das Video- und Bildmaterial, das die Folgen des behaupteten Giftgasangriffes zeigen soll.

Helfer: „Die meisten starben sofort“

Von den Weißhelmen veröffentlichte Videos zeigten am Boden liegende und sich krümmende Opfer mit gelblicher Haut und Schaum vor dem Mund. Andere Bilder zeigten, wie Mediziner reglosen Kindern Sauerstoffmasken aufs Gesicht drückten. „Es war entsetzlich. So viele Menschen rangen nach Luft“, berichtete Weißhelm-Rettungshelfer Firas al-Dumi der Nachrichtenagentur AFP aus Duma. „Die meisten starben sofort. Die Mehrheit waren Frauen und Kinder.“

Der Klinikarzt Mohammed sagte AFP am Telefon, allein in sein Krankenhaus seien mehr als 70 Menschen mit Atemnot eingeliefert worden. „Wir haben nur vier Beatmungsgeräte. Die Lage ist sehr, sehr tragisch. Ich arbeite seit vier Jahren hier, und so etwas wie in den vergangenen Stunden habe ich noch nie erlebt.“

Moskau weist Vorwürfe zurück

Die syrische Regierung und ihr Verbündeter Russland wiesen auch umgehend Vorwürfe der islamistischen Rebellengruppe Dschaisch al-Islam zurück, wonach Regierungstruppen am Samstag eine Fassbombe mit Giftgas abgeworfen hätten. Die USA erklärten, sollten die grauenerregenden Berichte zutreffen, müsse die internationale Gemeinschaft umgehend reagieren. Der Heimatschutzberater im Weißen Haus, Thomas Bossert, sagte am Sonntag, die USA würde „keine Option vom Tisch nehmen“.

Die EU hält die Berichte über den Chemiewaffenangriff für glaubwürdig. Alles deute darauf hin, dass die syrische Regierung erneut Chemiewaffen eingesetzt habe, erklärte der Auswärtige Dienst der EU am Sonntag in Brüssel. Die EU forderte Russland und den Iran auf, ihren Einfluss zu nutzen, weitere derartige Angriffe zu verhindern. Frankreich beantragte für Montag eine Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrats zu dem Thema. Acht weitere Staaten schlossen sich der Forderung an.

Rebellen doch vor Abzug?

Truppen der syrischen Regierung haben seit Februar fast das ganze Rebellengebiet in Ostghuta nahe der Hauptstadt Damaskus zurückerobert. Nur in Duma verschanzen sich noch Aufständische der islamistischen Dschaisch al-Islam.

Sie weigerten sich bisher anders als andere Rebellen in von Oppositionsgruppen gehaltene Gebiete an der türkischen Grenze abzuziehen. Das syrische Staatsfernsehen meldete am Sonntag eine Einigung. Demzufolge sollen Kämpfer von Dschaisch al-Islam im Gegenzug für die Freilassung von Gefangenen Duma verlassen können. Die Islamistengruppe äußerte sich zunächst nicht dazu.

Papst verurteilt Chemiewaffeneinsatz

Papst Franziskus sagte bei einer Messe auf dem Petersplatz in Rom, nichts könne den Einsatz von Giftgas gegen wehrlose Menschen rechtfertigen. Auch die Türkei verurteilte den mutmaßlichen Chemiewaffenangriff und erklärte, es bestehe der „starke Verdacht“, dass die syrische Regierung dafür verantwortlich sei. Die Internationale Organisation für ein Chemiewaffenverbot (OPCW) müsse den Vorfall untersuchen.

Das britische Außenministerium forderte ein umgehende Untersuchung der Vorwürfe. Sollten sie sich als wahr erweisen, wären sie ein „weiterer Beweis für Assads Brutalität gegenüber unschuldigen Zivilisten und die kaltschnäuzige Missachtung internationaler Normen durch seine Unterstützer“, hieß es in London. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres äußerte sich „zutiefst besorgt“ über die Berichte.

Ein Vertreter der syrischen Regierung wies die Vorwürfe als „Farce“ zurück. Die Regierungsarmee habe es bei ihrem Vorstoß in der Rebellenenklave Ostghuta „nicht nötig, irgendeine chemische Substanz einzusetzen“, sagte er laut der staatlichen Nachrichtenagentur SANA.

Militäreinsatz im letzten Jahr

Der syrischen Regierung wurde bereits wiederholt der Einsatz von chemischen Waffen in dem seit 2011 andauernden Bürgerkrieg vorgeworfen. So machte die UNO Regierungstruppen für einen Angriff mit dem Giftgas Sarin im April 2017 verantwortlich, bei dem mehr als 80 Menschen getötet wurden. Die USA reagierten damals mit einem Luftangriff auf einen syrischen Militärflughafen.

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