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Buben häufiger betroffen als Mädchen

Rund 30 Prozent der Buben in der dritten Schulstufe sind übergewichtig oder sogar adipös. Bei den Mädchen ist die Rate etwas geringer und reicht von 21 Prozent im Westen und Süden Österreichs bis zu 29 Prozent im Osten.

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Das geht aus einer vergangenen November im Gesundheitsministerium präsentierten Studie hervor. „Die Ergebnisse sind ernüchternd“, sagte damals Daniel Weghuber, Kinderarzt am Universitätsklinikum Salzburg und Vorstandsmitglied der Österreichischen Adipositas Gesellschaft. „Der Anteil der stark übergewichtigen Kinder nimmt zu“, warnte der Experte.

Daten von 2.510 Kindern

Für die Studie wurden die Daten von 2.510 Drittklässlern erfasst - nach einer Methode der Childhood Obesity Surveillance Initiative (COSI) der WHO in Europa, durch die vergleichbare Daten von 35 Ländern erhoben werden.

Angebot an Schulen entscheidet mit

In der Studie kristallisierten sich mehrere Faktoren heraus, die offenbar beeinflussen, ob Mädchen und Buben zu viel Speck auf den Rippen haben. „Für mich überraschend war, dass die Verfügbarkeit von Gemüse in der Schule einen Einfluss hat“, sagte Weghuber. Wo Gemüse angeboten werde, seien weniger Kinder übergewichtig. „Und so banal es klingt: In Schulen ohne Turnsaal sind mehr Kinder übergewichtig“, so der Mediziner. Außerdem macht es offenbar einen Unterschied, ob Kinder in der Stadt oder auf dem Land wohnen. Ein urbanes Lebensumfeld fördert die Entstehung von Übergewicht.

Hohes Risiko

Dicke Kinder haben ein hohes Risiko, übergewichtige Erwachsene zu werden und vermeidbare gesundheitliche Probleme zu entwickeln: eine Vorstufe von Diabetes, Lebererkrankungen, orthopädische und nicht zuletzt psychische Probleme, wenn sie wegen ihres Übergewichts von anderen Kindern verspottet werden. „Wir müssen mit unseren Präventionsmaßnahmen früh beginnen, schon bei den Kleinsten“, so Weghuber. Er forderte einen nationalen Aktionsplan gegen Adipositas.

Dass Maßnahmen funktionieren, erläuterte er am Beispiel einer Region in Finnland. Dort beschlossen alle Entscheidungsträger einen Aktionsplan, durch den die Rate an übergewichtigen Schulkindern von 17 auf zehn Prozent reduziert wurde. Eine der Maßnahmen: In den Schulstunden wird nicht mehr die meiste Zeit gesessen, sondern gestanden.

41 Prozent der Erwachsenen übergewichtig

Unter den Erwachsenen in Österreich ist die Rate von Übergewicht und Adipositas noch höher als bei den Kindern. 41 Prozent bringen zu viel auf die Waage. Männer sind häufiger betroffen als Frauen, die Rate der Übergewichtigen nimmt mit dem Alter zu. Das geht aus dem Ernährungsbericht hervor, für den mehr als 2.000 Menschen im Alter von 18 bis 64 Jahren freiwillig Auskunft über ihr Ernährungsverhalten gaben. Die Rate stagniere auf hohem Niveau, wie Jürgen König, der Leiter des Departments für Ernährungswissenschaften der Uni Wien, sagte.

Zu viel Fleisch und Süßigkeiten

Als Ursachen machte er unter anderem den hohen Konsum von Fleisch und Süßigkeiten aus. „Vor allem Männer essen viel zu viel Fleisch“, sagte König. Die Österreicher essen auch gern süß. Die Aufnahme an freiem Zucker sei deutlich zu hoch. Die positive Nachricht: Die Menschen nehmen im Großen und Ganzen in ausreichendem Maß Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe zu sich. Allenfalls bei Vitamin D gibt es Mängel. Um dem abzuhelfen, empfiehlt König den Aufenthalt an der frischen Luft.

Hauptsache billig - und schmackhaft

Zu niedrig sei die Zufuhr an Ballaststoffen, die unter anderem in Obst und Vollkornprodukten enthalten sind. Mängel ortet der Ernährungswissenschaftler beim Bewusstsein der Österreicher in Sachen Lebensmittelqualität. „Die Menschen essen gern, was schmeckt und billig ist“, meinte er am Rand der Pressekonferenz. In anderen Ländern, etwa Italien und Frankreich, seien die Menschen bereit, mehr Geld für hochwertige Lebensmittel auszugeben. Als eine der Ursachen für die mangelnde Bereitschaft der Österreicher sieht er die Distanz zur Herstellung von Nahrungsmitteln. „Die meisten Leute wissen nicht, wie produziert wird und was Qualität ausmacht.“

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