Dolmetscher zwischen den Kulturen
Peter Simonischek und Jiri Menzel spielen in der unter anderem über das ORF-Film/Fernseh-Abkommen geförderten Tragikomödie „Der Dolmetscher“ zwei alte grantige Männer, die im Laufe einer gemeinsamen Fahrt durch die slowakische Provinz Empathie für einander entwickeln.
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In dieser tschechisch-slowakisch-österreichischen Koproduktion unter der Regie von Martin Sulik geht es um den 80-jährigen jüdischen Dolmetscher Ali Ungar (Menzel) aus Bratislava, der, mit einer Pistole bewaffnet, nach Wien reist, um den mutmaßlichen Mörder seiner Eltern zur Rede zu stellen. Ungar trifft allerdings nicht den ehemaligen SS-Offizier an, sondern nur dessen Sohn.
Georg Graubner (Simonischek) ist ein leicht verlotterter Lebemann, der mit der Vergangenheit seines Vaters erst nichts zu tun haben will. Später lässt er sich doch auf eine Reise mit Ungar ein. „Der Dolmetscher“ ist eine Spurensuche durch die Zentralslowakei nach Zeitzeugen für die Massaker, an denen Georg Graubners Vater beteiligt gewesen ist.
Kein Interesse an der Vergangenheit
„Wir haben an den Schauplätzen unseres Films ohne Probleme Leute gefunden, die durchaus mal jemanden in die Gaskammer schicken wollten oder gleich eine ganze ethnische Minderheit erschießen“, sagte Regisseur Martin Sulik in einem Interview mit dem Slowakischen Filminstitut.
„Viele Slowaken sind andererseits an der Vergangenheit überhaupt nicht interessiert, sondern vollkommen eingenommen von ihren sozialen Problemen. Sie haben jedes Bewusstsein für den Kontext verloren und sind, ohne mit der Wimper zu zucken, bereit, politische Demagogen zu billigen, die die Geschichte manipulieren und radikale Lösungen anbieten.“
Berlinale Kamera für Jiri Menzel
Am Ende des Films, der seine Weltpremiere am Freitagabend in Berlin feiert, steht nicht nur ein bitterer Erkenntnisgewinn für Graubner, sondern auch eine emotionale Annäherung der beiden alten Männer, die sich zuerst nichts zu sagen hatten.
Der oscarprämierte Prager Schauspieler und Regisseur Menzel bekommt heuer in Abwesenheit die Berlinale Kamera überreicht - eine Ehrung, mit der das Festival seine besondere Verbundenheit für eine Persönlichkeit ausdrücken will. Simonischek wird die Auszeichnung entgegennehmen und Menzel übergeben, der sich derzeit in einem Prager Spital von den Folgen einer schweren Operation erholt.
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Alexander Musik, für ORF.at