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„Gelinde gesagt“ beunruhigend

Nach dem jüngsten Angriff von US-Präsident Donald Trump auf die Bundespolizei FBI im Zusammenhang mit den Russland-Ermittlungen hat sich FBI-Direktor Christopher Wray Anfang Februar hinter seine Mitarbeiter gestellt und sich mit Trump angelegt, ohne diesen beim Namen zu nennen.

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In einem Brief an die 35.000 Bundespolizisten schrieb Wray: „Worte sind Schall und Rauch - die Arbeit, die ihr leistet, ist das, was Bestand haben wird.“ Er wisse, was sie in den vergangenen neun Monaten durchgemacht hätten - und das sei, „gelinde gesagt“, beunruhigend gewesen. Die vergangenen Tage hätten nicht dazu beigetragen, die Wogen zu glätten. Wray pries die hohe Integrität der Behörde, ihr Arbeitsethos und ihre Professionalität, die in der Welt „unerreicht“ seien.

Christopher Wray

Reuters/Jonathan Ernst

FBI-Chef Christopher Wray stellte sich hinter seine Mitarbeiter

Trump veröffentlichte umstrittenes Memo

Trump hatte zuvor gegen den Widerstand von Justizministerium und FBI die Veröffentlichung eines Memos genehmigt, das beiden Behörden schwere Verfehlungen bei den Ermittlungen zur Russland-Affäre vorwirft. Im Kurzbotschaftendienst Twitter schrieb der US-Präsident, die Leitungen von FBI und Justizministerium hätten „den heiligen Ermittlungsprozess zugunsten der Demokraten und gegen die Republikaner politisiert“. Das wäre vor kurzer Zeit noch „undenkbar“ gewesen.

Steht Wray auf Abschussliste?

In dem wenig später veröffentlichten Memo wird die „Legitimität und Legalität“ des Vorgehens der Ermittler infrage gestellt. Das vom Repräsentantenhaus veröffentlichte Memo stammt vom Vorsitzenden des Geheimdienstausschusses, Devin Nunes, einem Trump-Vertrauten. In dem Memo heißt es, das Vorgehen der Ermittlungsbehörden stelle einen „besorgniserregenden Zusammenbruch der rechtlichen Prozeduren dar, die das amerikanische Volk vor Missbrauch“ des gerichtlichen Verfahrens zur Genehmigung von Spähangriffen schützen sollten.

Devin Nunes

APA/AP/Cliff Owen

Der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses, der Republikaner Devin Nunes

Für die oppositionellen Demokraten ist das Papier hingegen der Versuch, die Arbeit des Sonderermittlers Robert Mueller in Verruf zu bringen, der die Russland-Affäre untersucht. Laut den Demokraten soll das Memo von Nunes auch vor der Vorlage im Weißen Haus umgeschrieben worden sein.

Nach Meinung politischer Beobachter könnte Wray im Zuge von Trumps Konfrontationskurs gefeuert werden. Wrays Vorgänger James Comey hatte Trump erst im vergangenen Mai entlassen. Der seit August amtierende Wray erwähnte in seinem FBI-internen Schreiben weder Trump noch das Memo direkt und machte auch keine Angaben zu seinem möglichen Ausscheiden als FBI-Chef.

Überwachung von Wahlkampfberater als Thema

Im Kern geht es um die Überwachung von Carter Page, der im Wahlkampf als Berater für Trump tätig war und enge Kontakte nach Russland pflegte. In dem Papier wird argumentiert, das FBI habe wichtige Informationen zu einem ihrer Informanten weggelassen, als es die Überwachung von Page bei einem Geheimgericht beantragte.

US-Präsident Donald Trump

APA/AP/Evan Vucci

Trump geht in die Offensive

Bei dem Informanten handelt es sich um den ehemaligen britischen Geheimdienstagenten Christopher Steele. In dem Dokument heißt es nun, das FBI habe in dem Antrag an das Geheimgericht (FISC) nicht erwähnt, dass Steele von Demokraten dafür bezahlt worden sei, belastendes Material über Trump zusammenzutragen, obwohl die Behörde das zu diesem Zeitpunkt gewusst habe.

Allerdings war das Dossier zunächst während des Vorwahlkampfes von einem Republikaner finanziert worden. Später wurde Steele von Demokraten für seine Arbeit bezahlt. In dem Memo wird Steele zudem vorgeworfen, Informationen an Medien weitergegeben zu haben. Und er habe in einem Gespräch mit einem Vertreter des Justizministeriums gesagt, dass er sich „leidenschaftlich“ wünsche, dass Trump nicht Präsident werde.

Scharfe Kritik von Ex-FBI-Chef

Die Veröffentlichung könnte zudem die Beziehungen zwischen dem Kongress und dem FBI beschädigen, das seine Informationen unter dem Siegel der Vertraulichkeit an Abgeordnete weitergibt. Der von Trump entlassene Ex-FBI-Chef Comey bezeichnete die Veröffentlichung als „unehrlich und irreführend“. Das mit Zustimmung von Trump veröffentlichte Papier versuche, das Vertrauen in die Geheimdienstarbeit zu zerstören, schrieb Comey auf Twitter. „Wofür?“, fragte Comey. „Justizministerium und FBI müssen ihren Job machen.“

Erinnerung an Watergate-Folgen

Derartige Attacken des US-Präsidenten gegen die eigenen Ermittlungsbehörden stellen einen seltenen Tabubruch dar. Sie erinnern an die Konfrontation zwischen Präsident Richard Nixon und der Spitze des Justizministeriums während der Watergate-Abhöraffäre der Siebzigerjahre.

Das Memo zielt zudem offensichtlich auch auf den stellvertretenden Justizminister Rod Rosenstein ab, der den Sonderermittler zur Russland-Affäre im vergangenen Mai eingesetzt hatte und die Oberaufsicht über ihn ausübt. Es wird erwähnt, dass Rosenstein nach seiner Ernennung durch Trump bei Gericht die Verlängerung des Spähangriffs auf Page erwirkt hatte. Rosenstein hatte die Ermittlungen in der Russland-Affäre an sich gezogen, nachdem US-Justizminister Jeff Sessions diese wegen Befangenheit abgelehnt hatte. Trump hatte diesen Schritt von Rosenstein immer wieder kritisiert.

Trump selbst fühlt sich durch die Veröffentlichung entlastet. Es „rehabilitiert mich völlig“, twitterte der US-Präsident. Die „Hexenjagd“ gehe aber „weiter und weiter“. Es habe weder eine Zusammenarbeit mit Russland noch eine Rechtsbehinderung gegeben, fügte er hinzu.

Mueller nimmt Trump-Tower-Treffen unter die Lupe

Mueller konzentriert unterdessen seine Untersuchungen zur Russland-Affäre einem Bericht zufolge auf ein Treffen zwischen Donald Trump Junior und einer russischen Anwältin im Trump Tower 2016. Dabei geht es laut „New York Times“ („NYT“) vor allem um die Hintergründe einer Stellungnahme des Präsidentensohns. Das sei eines von zwölf Themen, die Mueller in einem direkten Gespräch mit Trump besprechen wolle. Mueller untersucht, ob es im US-Wahlkampf illegale Absprachen zwischen Trumps Team und der russischen Regierung gab und ob Trump später als US-Präsident versuchte, die Ermittlungen der Bundespolizei FBI zu den Russland-Kontakten zu behindern.

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