„Monsieur Paul war Frankreich“
Der legendäre französische Spitzenkoch Paul Bocuse ist am Samstag im Alter von 91 Jahren verstorben. Bocuse galt als Wegbereiter der Nouvelle Cuisine, geehrt mit Titeln wie „Papst der französischen Küche“ und „Koch des Jahrhunderts“. Er war allerdings auch ein geschickter Selbstvermarkter.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Frankreichs Innenminister Gerald Collomb, früher Bürgermeister der Stadt Lyon, in deren Nähe Bocuse sein Stammrestaurant betrieb, machte den Tod des Starkochs im Kurznachrichtendienst Twitter am Samstag publik.
„Paul Bocuse ist tot. Die Gastronomie trauert. Monsieur Paul war Frankreich. Einfachheit und Großzügigkeit. Vorzüglichkeit und die Kunst zu leben. Der Papst der Gastronomen hat uns verlassen.“ Bocuse stammt aus Collonges-au-Mont-d’Or in der Nähe von Lyon, dort befindet sich sein Stammhaus, die Auberge du Pont de Collonges.
Drei Sterne seit über 50 Jahren
Das Restaurant, manchmal auch einfach nur „Paul Bocuse“ genannte, hält seit dem Jahr 1965 ständig drei Michelin-Sterne als Auszeichnung und damit einen Rekord unter den vom Gastronomieführer Guide Michelin ausgezeichneten Spitzenrestaurants. 1975 wurde er vom damaligen Präsidenten Valery Giscard d’Estaing zum Ritter der Ehrenlegion ernannt.

APA/AP/Laurent Cipriani
Der Meisterkoch vor seinem Stammhaus nahe Lyon (2011)
Zu diesem Anlass kochte er mit anderen Spitzenköchen im Elysee-Palast auf. 1987 gründete er den Kochwettbewerb Bocuse d’Or. 1989 wurde Bocuse selbst mit dem Titel „Koch des Jahrhunderts“ geadelt. Er betrieb mehrere Restaurants in Frankreich, kochte in den letzten Jahren aber kaum noch selbst.
Wegbereiter der Nouvelle Cuisine
Der Spitzenkoch wurde weit über die Grenzen seines Heimatlandes hinaus zur Ikone der verfeinerten Lebensart mit exquisiten Speisen und Getränken. Bocuse gehörte zu den Vertretern der Nouvelle Cuisine, eine Bewegung seinerzeit junger Köche, die die französische Küche quasi entstauben wollten. Einfache Zubereitung, frische Ingredienzien und Regionalität waren die „Zutaten“.

APA/AFP
Bocuse hinter dem Herd seiner Auberge (1973)
Bocuse, geboren am 11. Februar 1926, soll schon als Kind in der Küche des Restaurants seines Vaters gestanden sein. Seine Ausbildung zum Koch absolvierte er später bei einem Drei-Sterne-Koch in Lyon. Einer von Bocuses bekannten Schülern ist der Österreicher Eckart Witzigmann, ebenfalls der Nouvelle Cuisine verpflichtet und einer der international renommiertesten Küchenchefs.
„Riesiger Verlust für die Gastronomie“
Er zeigte sich in einer Reaktion tief betroffen. „Es tut mir das Herz weh“, sagte der Gastronom am Samstag in Kitzbühel am Rande des Hahnenkammrennens. „Es ist ein riesiger Verlust für die Gastronomie.“ Bocuse habe vorgezeigt, wie man als Koch Gäste vorbildlich betreut, von der persönlichen Begrüßung bis zur Verabschiedung. „Paul war ein Gastgeber, wie er sein soll“, sagte der 76-jährige Witzigmann. „Das habe ich bei Paul gelernt.“
Bocuse galt aber nicht nur als Meister hinter dem Herd, er war auch ein geschickter Vermarkter. Unter der Marke seines Namens vertrieb er Wein, Champagner und edle Fertiggerichte - prinzipiell war er alles andere als ein Freund der Konservenküche. Das von ihm gegründete Institut Paul Bocuse beschäftigt sich auch mit ernährungswissenschaftlichen Aspekten der guten Küche.
Marke und „perfekte Show“
„Bocuse hat den Mut gehabt, aus seiner Küche zu kommen“, erzählte Jean-Francois Mesplede, früherer Chef des Michelin-Restaurantführers, dem Magazin „L’Express“. Er habe "sich eine weiße Jacke mit seinem gestickten Namen machen lassen, mit einer hohen Kochmütze und einem Trikolorekragen, um seinen Titel des „Besten Handwerkers Frankreichs" vorzuführen.“ Zum großen Restaurant gehört für Bocuse das Zelebrieren von Essen und Trinken, die perfekte Show.

APA/AFP/Jeff Pachoud
Gefragter Lehrmeister: Bocuse während eines Workshops (2012)
So wurde er auch international zur Marke. Kochbücher, Champagner und Marmeladen werden mit seiner schwungvollen Unterschrift auf dem Etikett verkauft. Zu seinem Imperium gehörten mehr als 20 Restaurants, eins davon sogar in Walt Disney World in Florida und mehrere in Japan, keineswegs nur Tempel der Haute Cuisine - zum Konzern gehören zahlreiche Brasserien.
„Inkarnation der französischen Küche“
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron würdigte Bocuse als „die Inkarnation der französischen Küche“. Sein Name „steht in der französischen Küche für Großzügigkeit, für Respekt der Traditionen und auch für seinen Einfallsreichtum“, sagte Macron. Die französische Gastronomie verliere „eine mythische Figur, die sie in großer Form geprägt hat“. Alle Köche trauerten um ihn, „im Elysee und in ganz Frankreich. Aber sie werden seine Arbeit fortsetzen“, so der französische Präsident.
Links: