Das Leben mit und nach Stronach
Sein politisches Abenteuer hat den austrokanadischen Selfmade-Milliardär Frank Stronach in den Augen vieler Österreicher wahlweise zu einer traurigen Gestalt oder Witzfigur gemacht. Doch das ist nicht überall so: vor allem dort, wo der Großindustrielle bis heute präsent ist, etwa in Ebreichsdorf und Oberwaltersdorf.
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Die beiden Gemeinden waren 2013 auch politische Hochburgen des Team Stronach. In Ebreichsdorf, wo die Pferderennbahn Magna Racino steht, stimmte bei der Landtagswahl jeder Fünfte für Stronach - mehr als doppelt so viele wie für die Freiheitlichen und nur 121 Stimmen weniger als für die zweitstärkste Partei, die SPÖ. Im benachbarten Oberwaltersdorf gab sogar jeder Vierte Stronach die Stimme, und die Partei landete auf Platz zwei. Nach dem 28. Jänner beginnt auch in Ebreichsdorf die Post-Stronach-Zeit - irgendwie aber auch nicht.
„Isst in den Wirtshäusern“
Denn im Gespräch mit Lokalpolitikern verschiedener Couleur zeigt sich: Politisch ist der lokale Ehrenbürger gescheitert, aber als Investor und Mensch bleibt er hoch geschätzt. „Stronach war jahrelang immer sehr präsent im Ort. Für die Ebreichsdorfer war er ein Politiker, den sie meist persönlich kannten. Er isst zu Mittag in den Wirtshäusern“, erklärt der Ebreichsdorfer SPÖ-Bürgermeister Wolfgang Kocevar gegenüber ORF.at die hohe Zustimmung, die Stronach 2013 bei der Landtagswahl erhielt. „Das Politische ist Geschichte, aber der Mensch Stronach genießt weiter großes Ansehen“, so Kocevar. Die generelle Meinung zu Stronach habe sich im Ort nicht geändert.
Die Hoffnungen, die die Menschen in den Politiker Stronach gesetzt hätten, seien meist enttäuscht worden, aber „dafür gibt es ja Wahlen“, so Kocevar.

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Gescheiterter Ausflug in die Politik hin oder her - in Ebreichsdorf ist Stronach noch wer
Allgemeinheit versus Meinung von Einzelnem
Auch der ÖVP-Gemeinderat Heinrich Humer erzählt, dass Stronach im Ort stets sehr präsent gewesen sei und er daher „das Vorschussvertrauen“ gehabt habe. Viele hätten hohe Erwartungen an den Milliardär gehabt, der sich selbst stets als Macher darstellt. Humer ist überzeugt, dass das Gros derjenigen, die beim letzten Mal Stronach wählten, nun zu den anderen Parteien zurückkehren werden - und er hofft natürlich, dass die ÖVP davon profitieren kann.
Die Stronach-Wähler seien keine klassischen Protestwähler gewesen, diese gaben laut dem ÖVP-Gemeinderat eher dem BZÖ oder der FPÖ ihre Stimmen. Motiviert habe die Stronach-Wähler vielmehr überwiegend das Positive: das Zutrauen, der Gestaltungswille und das Vertrauen in den Wirtschaftsguru. Aus Humers Sicht muss man diese Wähler nun genau dort abholen, wo sie mit dem gescheiterten TS-Experiment zu stehen kamen: mit dem Argument, dass Verlässlichkeit und der Schutz der Allgemeinheit wichtiger sind als die Meinung eines Einzelnen.

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Die von Stronach gebaute Pferderennbahn Magna Racino wurde nie zum erhofften Publikumsmagneten
„Müssen Angebote an Menschen bringen“
FPÖ-Gemeinderat Walter Mozelt wiederum glaubt, dass Stronach eher als unpolitisch wahrgenommmen worden sei, und „das ist für gewisse Leute einfacher, da haben sie weniger Hemmungen“. Auch Mozelt hofft - so wie Kocevar und Humer -, einen Teil der Stronach-Wähler für seine Partei gewinnen zu können.
Beim letzten Mal hätten sich viele gedacht: Mit der Partei, die ich bisher immer wählte, bin ich eh nicht zufrieden, daher gebe die die Stimme diesmal dem Stronach, erklärt sich SPÖ-Mann Kocevar die politische Welt der Ebreichsdorfer vor vier Jahren. Man habe gute Angebote, zeigt er sich zuversichtlich, „wir müssen sie aber an die Menschen bringen“.
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Guido Tiefenthaler, ORF.at