Iran: Chamenei macht „Feinde“ für Proteste verantwortlich

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Irans geistliches Oberhaupt Ajatollah Ali Chamenei hat die „Feinde“ des Landes beschuldigt, hinter den derzeitigen Protesten zu stehen. „Die Feinde haben sich vereint und nutzen all ihre Mittel, ihr Geld, ihre Waffen, Politik und Sicherheitsdienste, um dem islamischen Regime Probleme zu bereiten“, hieß es heute in einer im Staatsfernsehen veröffentlichten Erklärung.

Chamenei äußerte sich erstmals zu den Protesten, die am Donnerstag in der zweitgrößten iranischen Stadt Maschhad begonnen und sich dann auf das ganze Land ausgebreitet hatten. Sie richteten sich zunächst vor allem gegen die hohe Arbeitslosigkeit und Preissteigerungen. Inzwischen zielt die Kritik gegen die Führung des islamischen Staates. Bisher wurden 21 Menschen getötet, unter ihnen waren 16 Demonstranten.

450 Personen verhaftet

Unter Berufung auf Sicherheitskreise in Teheran meldete die Nachrichtenagentur ILNA, dass seit Samstag 450 Personen verhaftet wurden. In Sozialen Netzwerken wird zudem behauptet, dass die Polizei in Dutzenden Städten auf die Demonstranten schieße. Diese Berichte ließen sich jedoch nicht unabhängig überprüfen.

Zuvor hatte in der Hauptstadt Teheran eine Krisensitzung getagt, an der auch Präsident Hassan Rouhani teilgenommen hatte. Dort warb der Regierungschef auch um Verständnis für die Demonstranten. Die Proteste sollten nicht als Gefahr, sondern als Chance gesehen werden - wohl ein deutlicher Fingerzeig in Richtung der Hardliner im Land.

Iran sperrt Messenger-Dienst Telegram

Unterdessen blockierte die iranische Regierung die Handy-App des Messenger-Dienstes Telegram. Der Zugang wurde gesperrt, nachdem sich das Unternehmen geweigert habe, Kanäle abzustellen, in denen „friedlich protestiert“ worden sei, erklärte Telegram-Chef Pawel Durow. Auf Telegram können Nutzer ähnlich wie auf Facebook oder Instagram bestimmten Kanälen „folgen“, um Informationen zu erhalten.

Der Messenger-Dienst garantiert seinen Nutzern die vollständige Verschlüsselung: Nachrichten, Videos und Fotos können per Handy an einzelne Kontakte oder ganze Gruppen geschickt werden, ohne dass Behörden wie Geheimdienste einfach darauf zugreifen können. Gerade deshalb wird Telegram auch vorgeworfen, Dschihadisten als attraktives Kommunikationsmittel zu dienen.

Syrien sieht „Verschwörung der USA und Israels“

Syrien kritisierte die Proteste im Iran unterdessen als Verschwörung der USA und Israels. Die Haltung der beiden Länder zur Lage im Iran bestätige, dass sie bei der Destabilisierung der Region eine „zerstörerische Rolle“ spielten, hieß es am Dienstag aus dem Außenministerium in Damaskus, wie die staatliche Nachrichtenagentur SANA meldete.

Syrien erkläre sich mit dem Iran solidarisch und habe festes Vertrauen, dass Führung, Regierung und das Volk des Landes die Verschwörung zum Scheitern bringen würden. Vor einer Einmischung ausländischer Kräfte warnte auch die Türkei. Die Türkei lege großen Wert auf die Beibehaltung des gesellschaftlichen Friedens und der Stabilität im „brüderlichen Iran“, so das Außenministerium in Ankara.

„Stop the Bomb“ fordert Unterstützung der Protestierenden

Das irankritische Bündnis „Stop the Bomb“ kritisierte hingegen das „Schweigen der österreichischen Politik angesichts der mutigen Proteste im Iran“. Das Mindeste wäre es, so wie beispielsweise die kanadische Regierung den Demonstrierenden die Unterstützung auszusprechen und die Repression des Regimes deutlich zu verurteilen, heißt es in ihrer Aussendung.

„Es braucht eine grundlegende Wende in der österreichischen und europäischen Iran-Politik: Keine Unterstützung für das Regime – jede Unterstützung für seine säkularen Gegner“, wird Stephan Grigat, der wissenschaftliche Direktor von „Stop the Bomb“ zitiert.