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„Zeugen, Daten, Fakten“

Am dritten Tag des Untreueprozesses in der Causa BUWOG gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und andere hat Grasser-Anwalt Norbert Wess am Donnerstag versucht, die Anklage der Staatsanwaltschaft zu zerpflücken. Mit Verweis auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Wien von April 2017, das die Anklage als Instanz geprüft hatte, ortete er einzelne falsche Zitate und Quellenangaben in der 825 Seiten langen Anklageschrift.

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Zur Eröffnung des ganztägigen Plädoyers bezeichnete er die Ausführungen der Anklage, der Oberstaatsanwälte Gerald Denk und Alexander Marchart von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, als „politische Show“, wie er sie in seinen 15 Berufsjahren noch nicht erlebt habe. Er warf der Anklage vor, mit den Schlagwörtern „Geld, Gier, Geheimnisse“ zu agieren, und sagte im Gegenzug, die Verteidigung präsentiere „Zeugen, Daten, Fakten“.

Die Anwälte Manfred Ainedter und Norbert Wess

APA/Hans Klaus Techt

Grassers Anwälte Manfred Ainedter und Norbert Wess

„Mein Mandat ist beruflich ruiniert“

Er verteidigte die Vorgehensweise seiner Anwaltskollegen, Richterin Marion Hohenecker mit Befangenheitsanträgen einzudecken. Es sei die Berufspflicht eines Verteidigers, die Rechte der Angeklagten zu wahren. Hier würden schließlich die besten Anwälte für Strafrecht in Österreich im Verhandlungssaal sitzen. „Das sind keine Störgeräusche“, so Wess, nachdem die Anklagebehörde genau das am Mittwoch behauptet hatte.

Sein Mandant Grasser sei einer „medienrechtlichen Vorverurteilung ausgesetzt gewesen“, die ihresgleichen suche, so Wess Richtung Schöffensenat. Und er ergänzte: „Mein Mandant ist beruflich ruiniert, Operation gelungen, Patient tot.“ Wess erinnerte an die Hausdurchsuchung bei Grasser, bei der sich Anwalt Manfred Ainedter durch „grinsende“ Fotografen und Ermittler habe kämpfen müssen, da die Staatsanwaltschaft die Hausdurchsuchung „angekündigt“ habe.

Alte Verfahren gegen Grasser aufgelistet

Überraschenderweise nutzte Wess sein Plädoyer auch dazu, auf all die Verfahren hinzuweisen, die gegen Grasser geführt, aber eingestellt worden waren. Das reichte vom Börsengang der Österreichischen Post über Vorwürfe in Zusammenhang mit Novomatic und Telekom Austria bis zum Verkauf des Dorotheums. Breiten Raum widmete Wess der Beschäftigung von Lehman Brothers als Investmentbank bei der BUWOG-Privatisierung - was allerdings gar nicht angeklagt und daher kein Teil des Verfahrens ist. Das OLG Wien hatte diesen ursprünglichen Anklagevorwurf eingestellt.

„Hier unten im Schützengraben“

Kritik von Wess gab es einmal mehr an der Sitzordnung im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts. „Vielleicht sitzen Sie auch mal hier unten im Schützengraben“, sagte er zu den Schöffen mit Verweis auf die Angeklagten. Die Verteidiger monieren, dass die Angeklagten am tiefsten Punkt des Gerichtssaales sitzen müssten. Für alle Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung.

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